Von Denis MacEoin (Redaktion Audiatur)
Großbritanniens Labour-Partei, die weiterhin der wichtigste Rivale der derzeitigen konservativen Regierung im Kampf um die Macht ist, tut sich schwer, das Image abzuschütteln, eine Organisation zu sein, die Antisemitismus billigt und in ihren Reihen eine große Zahl von Antisemiten beherbergt.
Immer neue Enthüllungen über antijüdische, antizionistische und antiisraelische Äußerungen, Resolutionen und interne Ermittlungen darüber haben die Partei ernsthaft in Misskredit gebracht und den Medien und politischen Gegnern endlos Gründe geliefert, der Partei zurecht Rassismus vorzuwerfen. Antirassismus ist ein Wert, der wohl, mit einigem Recht, von den meisten Menschen hochgehalten wird. In einem Artikel in „British Future“, der im April erschien, schrieb Sunder Katwala [ein linker Aktivist und Journalist in Großbritannien; d. Übers.], er habe für seine örtliche Labour-Gruppe auf einer Antirassismus-Demo gesprochen:
„Ich sagte den Zuhörern, dass Labour ein Vorreiter beim Thema Rassismus gewesen sei. Dass, wenn man sich in der Welt umgucke, man kaum eine politische Partei finde, die so stolz darauf ist, ein Pionier im Kampf gegen Rassismus gewesen zu sein.“
So weit, so gut. Katwala fuhr jedoch sogleich fort:
„Doch ich sprach auch darüber, wie traurig ich bin, dass eine Partei mit dieser Tradition und Geschichte heutzutage immer noch so viel Arbeit vor sich hat, wenn es darum geht, den Antisemitismus in der Labour-Partei selbst anzugehen.“
Nun, das ist wirklich merkwürdig: die am stärksten antirassistische Partei wird von ihren eigenen Mitgliedern und Abgeordneten beschuldigt, antisemitisch zu sein. Wie ist es dazu gekommen, und wie wurde es in jüngster Zeit, durch eine Entscheidung des Exekutivkomitees der Partei vom Juli dieses Jahres, verstärkt?
Bevor wir uns diesen Fragen zuwenden, ist es vielleicht nützlich, aus einer Rede zu zitieren, die Ruth Smeeth, eine jüdische Labour-Abgeordnete, am 16. April im Unterhaus gehalten hat. Sie sprach im Rahmen einer langen Parlamentssitzung, die dem Antisemitismus gewidmet war. Viele gute Reden waren gehalten worden, und am Ende erhielt sie stehenden Applaus. Ihre Worte schockierten jeden in der Kammer:
„Im Lauf der letzten beiden Jahre jedoch habe ich etwas zutiefst Schmerzhaftes erlebt: Angriffe auf meine Identität vonseiten meiner eigenen Labour-Familie. Ich war das Ziel einer Kampagne von Beleidigungen, versuchtem Mobbing und Einschüchterungen, von Leuten, die es wagten zu sagen, dass Leute wie ich keinen Platz in der Partei hätten, in der ich seit über 20 Jahren Mitglied bin und die auf diesen Bänken zu vertreten ich stolz bin. Meine Mutter war eine hochrangige Gewerkschaftsfunktionärin; mein Großvater war als Stahlarbeiter auf eine schwarze Liste gesetzt worden und dann Bergarbeiter geworden.
Ich wurde in unsere Bewegung hineingeboren, ebenso sicher, wie ich in meinen Glauben hineingeboren wurde. Es ist eine Bewegung, für die ich während meines gesamten Erwachsenenlebens gearbeitet, Kampagnen geführt und gekämpft habe, darum brach es mir wahrhaft das Herz, mich vor drei Wochen auf dem Parlamentsplatz wiederzufinden, Schulter an Schulter mit der jüdischen Gemeinde gegen das Gift des Antisemitismus, das Teile meiner eigenen Partei und den größeren politischen Diskurs verschlingt.
Wenn es mir das Haus nachsieht, möchte ich eine kleine Auswahl dessen vorlesen, was ich über die sozialen Medien erhalten habe…
‚Häng dich auf, du abscheulicher verräterischer Tory-Dreck. Du bist ein Krebs der Menschheit.‘
‚Ruth Smeeth ist eine Zionistin – sie hat keine Scham und hausiert mit der Ermordung von Juden durch Hitler –, die von den Zionisten betrogen wurde.‘
‚Ruth Smeeth reist bestimmt 1. Klasse mit allem Kitsch nach Tel Aviv. Schließlich ist sie Komplizin bei dem Versuch, Corbyn zu stürzen.‘
‚Was Jeremy Corbyn morgen als Erstes zu tun hat – die zionistische BICOM-Verleumdungs-Hexen-Schlampe Ruth Smeeth aus der Partei ausschließen.‘
‚Diese Schlampe Ruth Smeeth ist britenfeindlich, wir müssen unsere Nation von diesen Typen säubern.‘
‚#JC4PM entferne Ruth Smeeth so schnell wie möglich.‘
‚Weg mit dem Schwein – schafft all den zionistischen Kindermörder-Abschaum raus aus Labour.‘
‚Du bist ein Spion! Du bist böse, satanisch! Hau ab! #Labour #Corbyn.‘
‚Ruth du bist ein zionistisches Gewächs, ich schäme mich, dass du in der Labour-Partei bist. Besser gemacht für die mörderische Knesset! #I Support Ken.‘
‚Dein Mitverräter Tony Blair hat das Hängen wegen Hochverrats abgeschafft. Leute wie du sollten abhauen, bevor wir es wiedereinführen #Smeeth Is Filth.‘“
In nur drei Jahren seit September 2015 ist ein langjähriger, aber früher wenig bekannter Labour-Abgeordneter, Jeremy Corbyn, unerwartet in die Wahl um die Parteiführung eingestiegen und ist daraus zu jedermanns Überraschung als Labourvorsitzender hervorgegangen. In kurzer Zeit ist Labour weit nach links getaumelt. Innerhalb von einem Monat nach Corbyns Wahl wurde „Momentum“, eine weit linksstehende Gruppierung gegründet, um den neuen Führer zu unterstützen. Deren Gründer und Vorsitzender, Jon Lansman, ist ein wohlhabender, vom Kommunismus inspirierter Aktivist aus einer jüdisch-orthodoxen Familie, der entschieden pro-„palästinensisch“ ist. Er hat Labour dazu aufgerufen, aufzuhören, die Wörter „Zionist“ oder „Zionismus“ zu benutzen und empfohlen, dass sie stattdessen Begriffe wie „israelische Fundamentalisten“ oder besser noch „Netanjahus Regime“ verwenden. (…)
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