August 7, 2014 – 11 Av 5774
«Um elf geht die Bombe hoch!»

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Der NSU-Prozess gegen Beate Zschäpe offenbart neben lange unterschätztem Rechtsterrorismus auch einen perfiden Antisemitismus des Nazi-Trios 

Im Sitzungssaal A 101 des Münchner Oberlandesgerichts verhandelt der 6. Strafsenat seit dem 6. Mai 2013 gegen die 39-jährige Beate Zschäpe wegen Mordes, versuchten Mordes, Mittäterschaft bei bewaffneten Raubüberfällen, schwerer Brandstiftung und einem weiteren versuchten Mord an einer Nachbarin. Zschäpe ist nach Ansicht der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe Gründungsmitglied des «Nationalsozialistischen Untergrunds» (NSU) und deshalb auch wegen Bildung und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung (129a StGB) angeklagt. Der Prozess gegen Zschäpe und vier Helfer der Terrorgruppe ist der teuerste Prozess in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Der Mammutprozess kostet pro Verhandlungstag etwa 150.000 Euro. Hinzu kommen 1,2 Millionen Euro für den Ausbau und die technische Aufrüstung des Gerichtssaals. Viel Steuergeld, das wegen der vermeintlichen Fehler der Verfassungsschützer ausgegeben werden muss. Bedingt durch das multiple Versagen der Sicherheitsbehörden und die jahrzehntelange strategische Relativierung und Verharmlosung der extremen Rechten durch den Verfassungsschutz konnte der NSU ungehindert in den Jahren 2000 bis 2007 mordend durch die Bundesrepublik ziehen. Am 16. November 2011, wenige Tage nach dem Auffliegen des NSU, musste der damalige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) eingestehen: «Man konnte sich bis vor wenigen Tagen nicht vorstellen, dass es tatsächlich terroristische Organisationen geben könn- te oder Zellen geben könnte, die mordend durchs Land laufen.»

Rechte Gefahr fatal unterschätzt
Mindestens zehn Menschen wurden in München, Nürnberg, Kassel, Hamburg, Dortmund, Kassel und Heilbronn vom NSU erschossen. Ca. 25 weitere Personen wurden bei drei Bombenattentaten in Köln und Nürnberg zum Teil schwer verletzt. Bis auf die ermordete Polizistin Michele Kiesewetter und ihren schwer verletzten Kollegen Martin Arnold hatten alle Opfer einen Migrationshintergrund. Keiner der Morde und keiner der Anschläge ist bislang schlüssig erklärt. Die rassistische Mordserie war das größte rechtsextreme Verbrechen in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Es ist kaum nachzuvollziehen, dass niemand in der bundesdeutschen Sicherheitsarchitektur eine Verbindung zwischen der Neonazi-Szene und den Migrantenmorden herstellte. Einem institutionellen Rassismus allein kann dies nicht geschuldet sein. Tatsache ist, dass die Ge- fahr durch rechtsextremen Terror nicht wirklich zur Kenntnis genommen wurde.

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Von Anton MAEGERLE

 

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