April 6, 2018 – 21 Nisan 5778
Rohani ist kein iranischer Gorbatschow

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Der iranische Präsident ist kein Reformer, sondern überzeugter Vertreter des Mullah-Regimes 

Von Anastasia Iosseliani

Wer im iranischen „Präsidenten“ Hassan Rohani einen Reformer à la Gorbatschow erkennen will, hat mindestens einen Knick in der Optik. Die Macht ist immer noch in den Händen einer faschistischen Clique und Rohani hat unschuldiges Blut an seinen Präsidentenfingern.

Kürzlich publizierte der Politologe Ali Fatollah-Nejad, der unter meinen persischen Diaspora-Freunden als Regime-Apologet gilt, einen Beitrag für das „Iran-Journal“. In diesem Artikel spricht er dem Regime der Islamischen Republik zu Teheran praktisch jeglichen Willen und die Fähigkeit zur Reform ab. Das heißt, der gute Herr Fatollah-Nejad ist halbwegs aufgewacht. Dies gilt allerdings nicht für alle Regime-Apologeten. Und um genau diese Personengruppe soll es hier gehen.

Denn unter den Regime-Apologeten gibt es ein Grüppchen, das die Situation der Islamischen Republik Iran heute mit der untergehenden Sowjetunion in den 80ern vergleicht und somit im Schlächter Hassan Rohani eine Art iranischen Gorbatschow sieht und ihn deshalb unterstützen möchte. Dies ist aus mehreren Gründen falsch.

Zwar sind sowohl die Islamische Republik wie auch die Sowjetunion ökonomisch gescheitert, aber da ist es auch schon aus mit den Gemeinsamkeiten.

Die Situation, in welcher sich der Schlächter Rohani befindet, lässt sich nicht mit der Situation vergleichen, in welcher sich Gorbatschow befand, als er der Generalsekretär der kommunistischen Partei wurde. Rohani hätte – selbst wenn er echte Reformen wollen würde – effektiv keine Macht für diese Reformen, weil die wahre Macht in den Händen des obersten Religionsführers, Ayatollah Chamenei, konzentriert ist. Des Weiteren will Rohani gar keine Reformen, auch nicht um das Regime am Leben zu erhalten, sondern primär, um das Fortleben des Regimes zu sichern – wenn es sein muss, auch mit noch mehr Repression als jetzt.

AMIA-Attentat in Argentinien
Gorbatschow wollte zwar ebenfalls die Sowjetunion erhalten, er wollte aber auch Reformen durchsetzen, hat dies am Ende auch getan und sich, zu guter Letzt, dem demokratischen Willen gebeugt und ist von dannen gezogen. Hinzu kommt: Im Gegensatz zu Rohani war Gorbatschow – und dies muss man ihm zugutehalten – nicht am größten Massaker an jüdischen Zivilisten nach dem Zweiten Weltkrieg beteiligt. Es wird viel zu oft unter den (Perser-)Teppich gekehrt, dass Hassan Rohani am AMIA-Attentat beteiligt war, welches vor knapp 24 Jahren in Buenos Aires geschah, und dieses Attentat gar religiös legitimiert hat. Wer hier Rohani wider besseren Wissens mit Menachem Begin vergleichen möchte, dem möchte ich entgegnen, dass das „King David Hotel“ in Jerusalem der Sitz der britischen Besatzungsmacht im Mandatsgebiet war, während das AMIA-Gebäude ein jüdisches Gemeinde- und Wohlfahrtszentrum beherbergt hat und die Opfer des AMIA-Attentats somit allesamt unbeteiligte Zivilisten waren. Summa summarum: Wie man es auch drehen und wenden würde, Hassan Rohani ist kein iranischer Gorbatschow.

Die Sowjetunion ist – wie die Islamische Republik zu Teheran – ökonomisch gescheitert. Allerdings ist der Vielvölkerstaat Sowjetunion auch deswegen zusammengebrochen, weil die Sowjetunion weder willens noch fähig war allen Bürgern der Sowjetunion die gleiche Menge an Würde und Menschen- und Bürgerrechten zu geben. Ob der persische Chauvinismus im Iran so schlimm ist wie der russische Chauvinismus in der Sowjetunion und in den Post-Sowjetstaaten, wird die Zukunft zeigen. Das heißt, es hängt alles vom Charakter der persischen Mehrheit ab, ob der Iran in seiner jetzigen Form, in seinem jetzigen Territorium, überlebt. Ist die persische Mehrheit willens und fähig Minderheiten wie den Balochen, Kurden und Aseris Luft zum Atmen und Raum zur Entfaltung zu geben? Kann diese Frage mit ja beantwortet werden, dann hat der Iran in seiner jetzigen Form eine Zukunft, und wird, nach einem Regimewechsel, nicht wie die Sowjetunion enden.

Die Kriege der Islamischen Republik Iran
Im Gegensatz zu Gorbatschows Sowjetunion, welche sich Ende der 80er aus Afghanistan zurückzog, muss man der Tatsache ins Auge blicken, dass iranischen Revolutionsgarden im Jemen, dem Libanon, Irak, Syrien und sogar in Südamerika aktiv sind. Dies ist besorgniserregend und kein Zeichen für eine Entspannung der Lage. Ganz im Gegenteil: Durch Aktivitäten im Drogenhandel, primär in Südamerika, und die Unterstützung der Hisbollah, haben die Revolutionsgarden erschreckende Möglichkeiten, um Attentate, wie das obengenannte AMIA-Attentat, auf jüdische, israelische und sogenannte „westliche“ Einrichtungen zu begehen. Diese Fakten zeigen auch, dass der sogenannte „Wandel durch Annäherung“, oder wie ich es nenne „eines Dialoges, nur um des Dialoges Willen“, nur eine Wunsch- oder Wahnvorstellung deutschsprachiger Regime-Apologeten ist, welche dazu geführt hat, das deutsche, österreichische und schweizerische Diplomaten in der sogenannten Islamischen Republik nicht mehr ernstgenommen werden.

Was unterscheidet den Iran von den arabischen Staaten?
Zu guter Letzt: Die Proteste zum Jahreswechsel im Iran zeigen, dass Reformen innerhalb des bestehenden Systems bei einer solch leidenden Bevölkerung nicht fruchten würden und deshalb nur ein Regimewechsel der einzig gangbare Weg ist. Alle Pessimisten, welche fürchten, dass der Iran nach einem solchen Regimewechsel wie Libyen oder Syrien enden könnte, möchte ich beruhigen:
Der Iran ist zwar ein multi-ethnischer und multi-religiöser Staat, allerdings hat der Iran, im Gegensatz zu Syrien und Libyen eine persische Mehrheit, welche ungleich der arabischen Bevölkerung Libyens und Syriens, nicht tribalistisch geprägt ist. D.h. der Iran hatte, bevor es den Islam überhaupt gab, das „Nation Building“ bereits hinter sich.

Die Machthaber der sogenannten Islamischen Republik Iran brauchen den Iran und seine Bevölkerung, um zu überleben. Das Gegenteil ist nicht der Fall: Der Iran und seine Bevölkerung kann und wird auch ohne von islamischem Klerus regiert zu werden, überleben. Und Regime-Apologeten sollten sich daran machen zu überlegen, ob sie historisch gesehen auf der richtigen Seite stehen und aufhören tausendundeine Entschuldigung für ein menschenverachtendes Regime zu suchen. In der jetzigen Situation, nach den Protesten zum Jahreswechsel, ist ein solches Verhalten nämlich nur zu gleichen Teilen widerlich und dämlich, weil es die leidende Bevölkerung des Iran im Stich lässt und Werte der Aufklärung auf dem Altar des Relativismus opfert.

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