Oktober 6, 2017 – 16 Tishri 5778
Netanjahus Reise in die Neue Welt

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Zum ersten Mal bereist ein israelischer Regierungschef Lateinamerika 

Von Tobias Käufer

Israel und Lateinamerika, das war bislang diplomatisches Neuland. Es wurde Zeit, dass Israels Premierminister Benjamin Netanjahu diese Lücke schloss.

Der Schreck stand Mexikos Präsident Enrique Peña Nieto noch ins Gesicht geschrieben. Ein schweres Erdbeben im Süden des Landes hatte für schwere Verwüstungen gesorgt. Der Gast hatte prompt schnelle Hilfe im Gepäck: Benjamin Netanjahu ließ über die israelische Botschaft 15 Tonnen Lebensmittel an die Betroffenen verteilen. Eine Geste des Premierministers, die gut ankam in Mexiko. Es war das erste Mal, dass ein israelischer Regierungschef Mexiko besuchte, protokollarisches Neuland waren auch die von Netanjahu zuvor besuchten einflussreichen Länder Argentinien und Kolumbien. Mit dem Besuch in Lateinamerika trug Netanjahu den jüngsten politischen Entwicklungen, aber auch Herausforderungen, die Israel in der Region erwarten, Rechnung.

Netanjahus Reise fiel in eine Zeit großer Umbrüche in der Region. Zwischen Mexiko und dem übermächtigen Nachbarn im Norden ist es nach den Vorwürfen von Präsident Donald Trump gegen mexikanische Einwanderer sowie im Konflikt um die Neugestaltung der NAFTA-Freihandelszone zum politischen Bruch gekommen. Darunter soll und will der US-Verbündete Israel nicht leiden. Statt wie in der Vergangenheit auf Washingtons Vermittlerdienste zu setzen, will Israel die Dinge lieber selbst in die Hand nehmen. Eine große Wirtschaftsdelegation begleitete Netanjahu während seiner Lateinamerika-Reise – auch das war eine Geste der Wertschätzung des Gastes gegenüber der Region. Gleichzeitig war es ein Signal der Bereitschaft des jüdischen Staates sich emanzipatorisch gegenüber den USA in der Region selbst besser zu verankern.

Anti-israelische sozialistische Staaten
Lateinamerika hat turbulente Jahre hinter sich. Der Aufstieg der Linksregierungen um Venezuelas Oberstleutnant Hugo Chavez vor rund 18 Jahren hatte für Jerusalem unangenehme Konsequenzen: Die sozialistischen Länder um Argentiniens damals regierenden Familienclan Nestor und Cristina Kirchner, Boliviens indianischen Präsidenten Evo Morales und das von Chavez dominierte Venezuela wendeten sich vor allem dem Iran und der PLO zu, und von Israel ab. Gegen Venezuelas aktuellen Vize-Präsidenten Tareck El Aissami stehen nicht nur Vorwürfe des Drogenschmuggels, sondern auch der aktiven Terror-Unterstützung im Raum. Er soll noch in seiner Funktion als Innenminister unter Hugo Chavez Mitgliedern der Hamas und der Hisbollah zu falschen Pässen verholfen haben. Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise in Syrien versprach Chavez-Nachfolger Nicolas Maduro vollmundig die Aufnahme von mindestens 20.000 Flüchtlingen. Es blieb wie so oft bei dem umstrittenen venezolanischen Präsidenten bei der bloßen Ankündigung.

All das spielte beim Besuch Netanjahus in der „Neuen Welt“ eine Rolle. Vor allem in Argentinien kocht die Iran-Affäre von Kirchner in diesen Tagen wieder hoch. Der vor gut zwei Jahren tot aufgefundene Sonderermittler Alberto Nisman soll nun doch ermordet worden sein, vermeldete die argentinische Justiz. Nisman hatte gegen Cristina Kirchner ermittelt, der vorgeworfen wird, wegen geschäftlicher Interessen mit dem Iran die Ermittlungen zu dem Attentat auf das Gebäude des jüdischen Wohlfahrtsverbands AMIA behindert zu haben. Bei dem Anschlag im Juli 1994 waren 85 Menschen ums Leben gekommen und zahlreiche verletzt worden. Kirchner, die es bei den Parlamentswahlen im Oktober zurück auf die politische Bühne zieht, spricht von einer politischen Kampagne gegen sie. (…)

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