Die neueste Barbie kommt mit Kopftuch auf den Markt, während die Kippa aus dem Straßenbild verschwindet.  

Von Thomas Eppinger

„Jede dieser jungen Frauen, mochte sie noch so hübsch sein, wäre glücklich und stolz, von mir auserwählt zu werden, und würde sich geehrt fühlen, mein Bett mit mir zu teilen. Sie wären es wert, geliebt zu werden. Und auch mir würde es gelingen, sie zu lieben.
Ähnlich wie es mein Vater einige Jahre zuvor erlebt hatte, würde sich mir eine neue Chance bieten; es wäre die Chance auf ein zweites Leben, das nicht besonders viel mit dem vorherigen gemein hätte.
Ich hätte nichts zu bereuen.“

Der Literaturwissenschaftler François hat seine besten Tage längst hinter sich. Zum Trinker geworden und von der Universität pensioniert, leuchtet die Zukunft verheißungsvoll, die er sich am Ende von Michel Houellebecqs Roman „Unterwerfung“ ausmalt. Alles was er tun muss, ist zum Islam zu konvertieren und sich dem neuen französischen Präsidenten anzuschließen, dem charismatischen Ben Abbes, der Frankreichs laizistische Verfassung abgeschafft und im nunmehr theokratischen Staat die Scharia, das Patriarchat und die Polygamie eingeführt hat. Dann winken akademische Anerkennung und junge Ehefrauen. Drei Frauen könnte er wohl ohne Probleme haben, als Hochschulprofessor, sorgsam für ihn ausgewählt von einer Heiratsvermittlerin.

Was zählen Liberté, Égalité und Fraternité, wie schwer wiegen Laizismus und Rechtsstaatlichkeit, moralische Integrität und intellektuelle Redlichkeit im Vergleich zur Aussicht auf Sex, Macht und Geld? Die – männliche – akademische Klasse, die Houellebecq beschreibt, beantwortet diese Frage, indem sie sich den neuen Machthabern eilfertig unterwirft und die Früchte ihres Verrats erwartungsfroh erntet. Houellebecqs Roman spielt im Frankreich des Jahres 2022. Und je näher wir diesem Datum kommen, desto realistischer erscheint sein Plot.

Die Flagge des Islamismus
Seit 9/11 haben islamische Terroristen mit jedem Attentat die Latte für den Begriff „Islamischer Fundamentalist“ ein kleines Stück höher gelegt. In der öffentlichen Wahrnehmung gelten Muslime nur mehr als radikal, wenn sie im Namen ihres Glaubens töten. Doch unterhalb dieser Wahrnehmungsschwelle verbreitet sich im Windschatten seiner terroristischen Avantgarde in atemberaubender Geschwindigkeit ein Islam, der mit der westlichen Demokratie nicht vereinbar ist.

Während wir den einen oder anderen Hassprediger vor Gericht stellen, lehren radikale Moscheen und Imam-Hatip-Schulen weiter ihre Ideologie. Während wir halbherzig Niqab und Burka verbieten, gewöhnen wir uns an den Hijab. Dabei ist das islamische Kopftuch nichts Anderes als die „Flagge des Islamismus“, wie Alice Schwarzer es unlängst ausdrückte. Auch die Schweizerin Saïda Keller-Messahli geißelt den Hijab als „politisches Gebot der Islamisten“ und erinnert an dessen Ursprung im 7. Jahrhundert, als das Kopftuch dazu diente, „den sozialen Rang der muslimischen Frau als freie Frau – im Gegensatz zur Sklavin – zu markieren und die freie Frau so vor sexueller Belästigung zu schützen“. Der Hijab ist kein modisches Accessoire, sondern grenzt „anständige“ Frauen von „ungläubigen“ ab, die als sexuell verfügbar stigmatisiert werden. Die populären Vergleiche mit Kopftüchern von Grace Kelly, der Queen oder Bäuerinnen verraten uns nicht das Geringste über das Wesen des Hijabs, aber alles über die Oberflächlichkeit derjenigen, die solche Vergleiche in die Debatte werfen.

Im Westen wächst die Zahl der Musliminnen, die das Kopftuch freiwillig tragen. Sie halten es für ihre religiöse Pflicht, tun es aus „Ehre und Stolz“ oder tragen es als identitäres Zeichen ihres Bekenntnisses zum Islam. Doch dieser Islam ist mit den Werten der Aufklärung und unserer Vorstellung von einer modernen, demokratischen Gesellschaft nicht vereinbar. Der Islam der Kopftuchträgerinnen verkörpert die Vormoderne, das Patriarchat und die Unterdrückung der Frau. Dieser Islam steht für ein Recht, das direkt von Gott abgeleitet wird. Und wo das Recht von Gott gesetzt wird, hat der Mensch sein Recht verloren. Freiwilligkeit ist außerdem ein dehnbarer Begriff. Jenseits der Jugendkultur sind es meistens Väter, Brüder, Cousins und nicht zuletzt Mütter, die junge Musliminnen kontrollieren und deren „sittsames Verhalten“ möglichst lückenlos überwachen.

Barbies, Emojis und ein Präsident
Vor kurzem berichteten österreichische Medien stolz, dass es eine Österreicherin auf die „Times“-Liste der 30 einflussreichsten Teenager geschafft habe. Die 16-jährige Wienerin Rayouf Alhumedhi hatte Apple ein Kopftuch-Emoji vorgeschlagen, das der Konzern in sein jüngstes Software-Update integrierte. Alhumedhi sagte dazu, dass „dies ein Schritt vorwärts ist, um Diversity zu feiern und den Islam in der Gesellschaft zu akzeptieren.“ Außerdem ist sie sich sicher, dass „dieses Emoji die Welt indirekt positiv beeinflussen wird, sobald Menschen, die gegen das Kopftuch oder den Islam als Glaubensform sind, das Emoji auf ihrer Tastatur entdecken.“ Ob all die unzähligen Musliminnen, die von Algerien bis Iran gegen die Verschleierung kämpfen, oft genug unter Lebensgefahr, das auch so sehen, ist nicht überliefert.

Der Spielzeug-Konzern Mattel stellte dieser Tage eine Hijab-tragende Barbie vor. Die Puppe ist von Kopf bis Fuß mit blickdichtem Stoff bekleidet, nur Gesicht und Hände sind sichtbar. Sie ist der Säbelfechterin Ibtihaj Muhammad nachempfunden, der ersten muslimischen Amerikanerin, die bei Olympischen Spielen einen Hijab trug. Abseits von Olympia fiel Muhammad als notorische Israel-Hasserin auf, die auf Twitter Israel unter anderem der „Apartheid“ und der „ethnischen Säuberung“ beschuldigte. Mattels Hijab-Barbie gehört zur „Shero“-Linie, mit welcher der Konzern weibliche Helden feiert. Pläne des Konzerns für einen „Hero“-Ken in Springer-Stiefeln sind nicht bekannt.

Das Eindringen des Islams in unseren Alltag
Die Hijab-Barbie und das Hijab-Emoji sind nur zwei Beispiele für das Eindringen von reaktionären frauenfeindlichen Schulen des Islams in unseren Alltag. Ende März sagte der österreichische Bundespräsident in einer (nicht nur wegen dieses Satzes unfassbaren) Stellungnahme: „Bei dieser tatsächlich um sich greifenden Islamophobie wird noch der Tag kommen, wo wir alle Frauen bitten müssen, ein Kopftuch zu tragen. – Alle! – Als Solidarität gegenüber jenen, die es aus religiösen Gründen tun.“

Noch 2016 hielt der als links-liberal geltende Van der Bellen unter dem Hashtag #IchbinFeminist ein Schild in die Kamera, auf dem stand: „Ich bin Feminist, weil Frauenrechte sind Menschenrechte.“ Ein Jahr später solidarisiert er sich nicht mit den Millionen muslimischer Frauen, die unter den Schleier gezwungen werden, sondern propagiert das Kopftuch als probates Mittel im Kampf gegen den Popanz der Islamophobie – jenen politischen Kampfbegriff, mit dem der Politische Islam seinen Kritikern eine zwanghafte Angststörung unterstellt, um sich gegen Kritik zu immunisieren. Es gibt Geschichten, die kann kein Autor erfinden.

Hingegen stellt sich Europas links-liberale Elite gegenüber realen Bedrohungen durch Muslime lieber taub und blind. Antisemitismus ist auch in Österreich (nicht nur) bei muslimischen Jugendlichen weit verbreitet. Die Mitglieder der jüdischen Gemeinde in Bochum tragen öffentlich keine Kippa mehr. In Nordrhein-Westfalen verzichten sie schon lange auf das Tragen der Kopfbedeckung in „Problemvierteln“, als solche gelten Stadtviertel mit hohem muslimischen Anteil. Und schon seit Jahren wandern französische Juden nach Israel aus, weil sie in Frankreich nicht mehr sicher sind.

Bei Houellebecq eint 2022 ein charismatischer islamischer Führer Sozialisten und Konservative hinter sich, um Marine Le Pen zu verhindern. Die willfährige intellektuelle Klasse arrangiert sich daraufhin mit der neuen Macht, sei es um des eigenen Vorteils willen oder aus schierer Ignoranz. Manchmal vergehen fünf Jahre schneller als man glaubt.

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