Mai 4, 2018 – 19 Iyyar 5778
Wie „jüdisch“ war Karl Marx?

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Ein Essay zum 200. Geburtstag des weltbekannten Wirtschaftsphilosophen 

Von Dr. Ludger Joseph Heid

Marx und die „Judenfrage“ – da ist man unweigerlich geneigt, dies vom Standpunkt der alles in den Schatten stellenden Gipfelung des Antisemitismus früherer Jahrhunderte, vom Wissen um den Judenmord, vom Wissen über Auschwitz her zu beurteilen. Marx unter dem Aspekt jüdischer Identität zu betrachten ist ein gewagtes Unternehmen. Er selbst hätte sich gewiss gegen eine derartige Vereinnahmung gewehrt.

Dennoch erscheint es legitim, das Erbe seiner rabbinischen Herkunft in Anschlag zu bringen, ein Erbe, dessen Größe ihm selber wohl nie ins Bewusstsein getreten ist. Seine eigene starke und stets betonte Abneigung gegen „jüdischen Handelsgeist“, vermögen die „Tradition aller toten Geschlechter“, die auch in ihm fortwirkte, nicht aufzuwiegen.

In Marx’ Privatleben gab es vor allem zwei Identitäten, die eine Rolle spielten. Eine lag auf der Hand: Marx war Deutscher, wenngleich er bis zu seinem Tod dreieinhalb Jahrzehnte seines Lebens im Exil verbrachte. Die andere war weniger offenkundig: Marx’ Judentum. Bisweilen wahrgenommen, und das auf sehr unterschiedliche Art und Weise, blieb diese Identität für Marx wie für seine Zeitgenossen gleichermaßen schwer zu fassen.

Vieles von dem, was Marx gesagt und geschrieben hat, lässt sich unter dem Begriff Antisemitismus rubrizieren – heute. Ob es damals Antisemitismus gewesen ist, sei dahingestellt. All unsere Wahrnehmungen von Geschichte erhalten ihre Bedeutung erst auf dem Hintergrund der Geschehnisse von 1933 bis 1945. Es ist also wichtig, vermeintlich antisemitische Aussagen in ihren historischen Kontext zu stellen, um sich selbst und der Geschichte Gerechtigkeit angedeihen zu lassen. Wir werden dann entdecken, dass der Antisemitismus oder das, was wir dafür halten oder heute als solchen zu bezeichnen geneigt sind, ein Phänomen gewesen ist, das nicht nur bei Nichtjuden verbreitet war. Marx hat zweifelsfrei dahin tendiert, einen aggressiven, an den Zeitgeist angepassten Agitationsstil zu pflegen, auch durch antijüdische Auslassungen.

Marx‘ judenfeindliche Bemerkungen
Im Austausch mit Engels hat Marx sich Juden gegenüber in den geschmacklosesten Wendungen und obszönen Bemerkungen geäußert, wenn es sich um „Moische“ (Moses) Heß oder Ferdinand Lassalle handelte, den „Baron Itzig“, den „Ephraim Gescheit“, den „kraushaarigen Nigger“ – dies ausgerechnet von dem strubbelköpfigen Marx, der im eigenen Familienkreis und von seinem engsten Freund Friedrich Engels – den Spitznahmen „Mohr“ führte. Wenn es gegen jüdische Konkurrenten ging, konnte Marx einen besonders phantasievollen Wortschatz an den Tag bringen. Vor allem auf Lassalle hatten es Marx/Engels abgesehen: Abgesehen von solch nicht unbedingt antisemitischen Bezeichnungen wie „der Hund“ und „das Vieh“, wimmelt es bei ihnen von „Jüdel“, „Itzig“ oder, vornehmer, „jüdischer Baron“ oder „baronisierter Jude“ sowie, besonders krass, „jüdischer Nigger“ – und eben auch „Jüdchen“.

Marx’ Briefe sind voller herablassender Bemerkungen über Juden. Nicht selten bedient er das Stereotyp des unkultivierten und habgierigen Juden. Einzelne trifft der Vorwurf, geizig und gierig zu sein, doch darüber hinaus findet sich in spöttischen Kommentaren ein breites Spektrum antisemitischer Äußerungen. Jüdische Zeitgenossen werden als penetrant und aufdringlich beschrieben, ihnen wurde vorgeworfen, sie entsprächen nicht dem klassischen Schönheitsideal, oder es hieß, ihre Stimme habe einen „gutturalen Klang, mit dessen Fluch das auserwählte Volk bis zu einem bestimmten Grade beladen“ sei.

Antisemit in dem Sinn, den das Wort in unserer Zeit dann erhielt, das war Marx wohl nicht; doch besser wird sein antijüdisches Verhalten damit noch lange nicht und zu entschuldigen ist damit auch nichts.

Marx sogar ein Rassist?
Wie die meisten Europäer Mitte des 19. Jahrhunderts schien Marx gemeinhin Juden in religiösen oder kulturellen Kategorien wahrzunehmen: Viele sarkastischer Bemerkungen in seinen Briefen gehen in diese Richtung. Die eine Gelegenheit, bei der Marx einen Juden mit rassistischen Beleidigungen beschimpfte, war in einem 1862 verfassten Brief an Engels, gegen Ende des sehr unglücklich verlaufenen Besuchs von Lassalle im Hause Marx in London, bei der jener den für die gesamte Tischgesellschaft vorbereiteten Braten alleine verspeiste. Marx, der bei Lassalle mit allerhand antisemitischen Äußerungen schnell zur Hand war – Äußerungen, die gewöhnlich negative soziale Stereotype gegen Juden artikulierte –, schrieb über den Besucher in rassistischer Konnotation:

„Es ist mir jetzt völlig klar, dass er, wie auch seine Kopfbildung und sein Haarwuchs beweist, - von den Negern abstammt, die sich dem Zug des Moses aus Ägypten anschlossen (wenn nicht seine Mutter oder Großmutter von väterlicher Seite sich mit einem Nigger kreuzten). Nun, diese Verbindung von Judentum und Germanentum mit der negerhaften Grundsubstanz müssen ein sonderbares Produkt hervorbringen. Die Zudringlichkeit des Burschen ist auch niggerhaft“.

Das Herausstellen phänotypischer Merkmale ist zweifellos ein übler Ausbruch, selbst nach Maßstäben des 19. Jahrhunderts, zeigt er doch, dass sich Marx Juden auch in rassischen Kategorien dachte.

Unter Antisemitismus hatte Marx wohl kaum zu leiden
Es wäre ebenso falsch wie oberflächlich, Marx’ antijüdische Attitüden vom Phänomen des jüdischen Selbsthasses abzuleiten. Marx hat an Selbsthass, ob jüdischem oder sonstigem, weniger gelitten als irgendein anderer bedeutender Mensch. Man kann ihm allenfalls eine übertriebene Selbstgefälligkeit zuschreiben; er hat nie an sich auch nur im Geringsten gezweifelt, noch stand er im Ruf, selbstkritisch zu sein oder Kritik widerspruchslos hinzunehmen und nie hat er seine Abstammung von langen Rabbinerreihen bis weit hinein ins 16. Jahrhundert als Belastung empfunden – er hat es einfach nicht erwähnt und das war nicht einmal eine Verdrängung. Marx hat weniger als andere getaufte Juden zu Beginn des 19. Jahrhunderts unter Judenfeindschaft zu leiden gehabt. Zum mindesten hat er selber sich solchem Leiden ganz entschieden verschlossen. Weder verschwendete Marx auch nur einen Gedanken an das Problem der Abkehr seiner rabbinischen Großväter, noch hat er überhaupt jüdisch-religiöse Fragen sonderlich ernst genommen.

Es ist nicht bekannt, dass Marx auf Schule oder Universität in irgend nennenswerter Weise etwas davon zu spüren bekommen hätte, als getaufter Jude geschmäht oder abschätzig beurteilt worden zu sein. Auf der Universität in Bonn wurde er ohne Schwierigkeiten Mitglied der Trierer Landsmannschaft, trank und randalierte mit anderen Kommilitonen. Überhaupt ging er, auch später, keinem Streit aus dem Weg, bot Duelle an ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, dass er als geborener Jude in der bürgerlichen Gesellschaft eigentlich nicht satisfaktionsfähig war.
Es konnte auch vorkommen, dass ihn seine politischen Kontrahenten – Proudhon, Ruge oder Bakunin z. B. – als „semitische“ Natur und seine jüdische Abstammung in wenig schmeichelhaftem Licht erscheinen ließen. In einem Steckbrief der preußischen Polizei hieß es über Marx in der Rubrik „besondere Kennzeichen“: „Erinnert in Sprache und Äußerem etwas an seine jüdische Abkunft“.

Marx strotzte vor Selbstbewusstsein
Marx war von sich überzeugt bis zur Selbstvergottung und zum Messianismus, der bei ihm nicht auf das jüdische Volk bezogen war, sondern auf das Proletariat übertragen wurde, das ihm als das von der Geschichte auserwählte Volk galt. Von einem jüdischen Proletariat, von jüdischen Handwerkern wusste er indes nichts, und dies ist umso erstaunlicher, als sich unweit seiner Wohnung im Londoner East End tausende Ostjuden, „klejne Leit“, angesiedelt hatten.

Mit dem Judentum hat Marx sich, mit der Ausnahme seines Essays zur „Judenfrage“ aus dem Jahre 1844, nicht tief befasst – es interessierte ihn nicht sonderlich. Gleichwohl beschäftigte er sich mit der ökonomischen Rolle der jüdischen Bourgeoisie. Die erschien ihm als ein Musterbeispiel der Situation des Kapitalismus. Das Judentum seiner Zeit reduzierte Marx schlicht auf Rothschild, auf den „Besitzjuden“, den „Geldjuden“. Von der Idee einer jüdisch-nationalen Bindung, wie sie sich bei Moses Heß andeutete, wollte er überhaupt nichts wissen, das lag außerhalb seiner Ideenwelt. Eine „Sonderlösung“ für Juden erschien Marx schon im Ansatz unnötig und irreführend: Den jüdischen Ritus, soweit er ihn überhaupt kannte, fand er einfach nur „widerwärtig“. Jüdischer Glaube war für ihn ebenso hinfällig und überholt wie der christliche oder irgendein anderer. Die bürgerliche Stellung der Juden gehörte in das Kapitel allgemeiner Emanzipation und Erringung von Rechten, die nicht nur für minderberechtigte Juden zu gelten hätten und im Übrigen durch die Aufhebung aller Klassenunterschiede gegenstandslos werden würden.

Kapitalisten oder Religionen waren abzulehnen – ganz gleich, ob jüdisch oder nicht
Marx unterschied zwischen dem Einzeljuden und dem Kollektiv, indem er dem Einzeljuden die gleiche Stellung zugestand wie jedem einzelnen Kapitalisten. Dagegen war für ihn das jüdische Kollektiv dem Untergang durch Auflösung geweiht und konnte diesem Schicksal so wenig entgehen wie jede andere kapitalistische Formation. Für Marx waren die Juden eine besonders „hässliche kapitalistische Formation“, wie es Shlomo Na’aman einmal formuliert hat, die vom Status des kleinen Geldgeschäftes zum Bankwesen aufstiegen waren. Er interessierte sich nicht für die Juden und ihr Schicksal um ihrer selbst willen, sondern weil sie ihm ermöglichten, an ihnen seine Analyse der Zukunft des Kapitalismus aufzuzeigen, beziehungsweise die „Erlösung der Menschheit vom Schacher in jeder Form“, und allgemein, um nachzuweisen, dass scheinbar religiöse und andere spekulative Fragen sich in gesellschaftlichen Fragen auflösen, die Fragen der menschlichen Emanzipation sind.

Marx war arm
Marx war sein Leben lang knapp bei Kasse und dadurch sogar existenziell bedroht. Interpretationen, wonach Schulden ihn kalt gelassen und finanzielle Schwierigkeiten ihm wenig Sorgen bereitet hätten – bisweilen noch dargestellt als Verweigerung gegenüber der bürgerlichen Haltung zum Geld oder auch als Absage an das unterstellte jüdische Interesse daran –, verkennen die tatsächlichen Schuld- und Schamgefühle angesichts der chronischen Geldknappheit und der Schwierigkeiten, ein regelmäßiges Einkommen zu erzielen.

Wenn Marx in seinem Hauptwerk, im Kapital, von den Juden als einem Handelsvolk spricht, das „in den Poren der polnischen Gesellschaft“ existiere, benutzt er ein biologistisch-rassistische Bild vom Juden als Parasiten, das in der frühsozialistischen Literatur immer wieder gezeichnet wird. Und weiter heißt es in Marxens Schrift:

„Der Kapitalist weiß, dass alle Waren, wie lumpig sie immer aussehen oder schlecht sie immer riechen, im Glauben und in der Wahrheit Geld, innerlich beschnittene Juden sind, und zudem wundertätige Mittel, um aus Geld mehr Geld zu machen“.

In dieser Aussage finden sich nicht nur eine ganze Reihe zeitgemäßer antijüdischer Stereotypen, hier antizipiert Marx antisemitische Klischees, die sich zählebig bis in die Gegenwart erhalten haben. Wer, wie Marx, das Judentum nicht mehr religiös, sondern synonym mit Geld und „Schacher“ definiert oder mit dem weltbeherrschenden bösen Prinzip „Kapital“, der muss irgendwann seine eigenen Ressentiments in eine gute Ideologie umpolen. Durch den Antisemitismus hindurch zum Klassenbewusstsein – das war ein wichtiges Element im Selbstverständnis der Arbeiterbewegung.
Keine Regel ohne Ausnahme. Marx konnte durchaus offen und auch mit einem gewissen Stolz zu seiner jüdischen Abstammung stehen. In seinen Briefen an seinen stinkreichen Onkel Lion Philips (dem holländischen Elektrokonzern), schlug er positive Töne über das Judentum an, wobei offen bleiben muss, ob dies nicht dem Umstand geschuldet war, das Familienerbe nicht zu gefährden. Philips war Marx’ einziger Briefpartner vor dem er sich nicht genierte, auf seine Herkunft hinzuweisen. Ihm gegenüber sprach er des Öfteren von „unserer gemeinschaftlichen Abkunft“ oder „unserem Ahnenstolz“, dann mit Bezug auf Benjamin Disraeli als „unser Stammesgenosse“. Hier war gewiss eine ironische Identifizierung nicht von der Hand zu weisen.

Marx war der Prophet einer revolutionären und kommunistischen Zukunft, eine Persönlichkeit, die gerade durch die Begründung einer ganz neuen Ideologie, des nach ihm benannten Marxismus, die Welt auf den Kopf gestellt und ihr dabei den Schlaf geraubt hat. Als Privatmann darf man ihn alles in allem für seine Zeit als ziemlich konventionell charakterisieren. Er war patriarchal, sittenstreng, bürgerlich, fleißig, kultiviert, seriös, deutsch und hatte einen von einer gewissen Patina überzogenen jüdischen Hintergrund. Und keine dieser Eigenschaften war Mitte des 19. Jahrhunderts auf irgendeine Weise ungewöhnlich.

In einem Spitzelbericht aus dem Jahre 1852/53, aus dem Gareth Stedman Jones zitiert, heißt es:

„Marx […] führt ein wahres Zigeunerleben. Waschen, Kämmen, Wäschewechseln gehört bei ihm zu den Seltenheiten; er berauscht sich gern. Oft faulenzt er tagelang, hat er aber viel Arbeit, dann arbeitet er Tag und Nacht mit unermüdlicher Ausdauer fort; […] dann legt er sich wieder mittags, ganz angekleidet, aufs Kanapee und schläft bis abends, unbekümmert um die ganze Welt, die bei ihm frei aus- und eingeht“.

Woher der Verfasser seine Informationen genommen hat, erscheint ganz schleierhaft und ob sie wahr sind, darf gewiss bezweifelt werden.

Gleich mehrere Biografien erscheinen zum 200. Geburtstag
Rechtzeitig zum 150-jährigen Jubiläum seines Hauptwerkes, „Das Kapital“ und zu seinem 200. Geburtstag 2018 erlebt der Apostrophierte mit seinen Erkenntnissen eine regelrechte Renaissance. Zwei Marx-Biografien aus aktuellem Anlass ergänzen die bereits unüberschaubare Marx-Historiografie, zwei Biografien, die unterschiedlicher nicht sein können. Hubert Kiesewetter bringt gleich schweres Geschütz in Stellung, wenn er auf die sprachlichen Gewaltorgien von Marx (und Engels) verweist, die die „brutale Politik“ in kommunistischen Herrschaftssystemen „vorweggenommen“ hätten. Kiesewetter lässt kein gutes Haar an Marx, wenn er ihn einen „Alleszerstörer“ nennt und so verortet er dessen Bedeutung allein in der vielseitigen Propaganda für die endgültige Vernichtung der kapitalistischen Staaten. Und mit dieser Weltanschauung habe Marx jeden menschenwürdigen Kredit verspielt.

Anders Jürgen Neffe, der Marx vom Status eines Dämonen auf die Erde zurückführt, der menschliche Gebrauchs-Marx. Neffe verweist auf die Marxsche Botschaft, dass Revolutionen als „Lokomotiven der Geschichte“ sich nicht gegen deren Lauf, sondern nur mit ihm in Bewegung setzen. Einer Rückkehr zum vorbehaltlosen Umgang mit Marx und seinem Werk stand und steht immer der „-ismus“ im Wege. Indes hat Marx den nach ihm benannten Marxismus nie begründet. Dagegen steht auch sein Satz:

„Ich weiß nur dies, daß ich kein ‚Marxist’ bin“.

Man kann es drehen und wenden wie man will: Auch 135 Jahre nach seinem Tod ist Marx quicklebendig, ob man Leben und Werk verteufelt oder bewundert und die rhetorische Frage steht im Raum: Welcher Philosoph hat je so tief in die Ökonomie geblickt, welcher Ökonom so philosophisch gedacht und so literarisch geschrieben wie er?

Als Karl Marx am 14. März 1883 in London starb, hatte für die Juden insgesamt ein neues Zeitalter begonnen, freilich ein negatives: Der „moderne“, rassisch motivierte Antisemitismus hatte sich soeben formiert, und das Wort „Antisemitismus“ selbst war durch Wilhelm Marr gerade vier Jahre zuvor in die Welt gesetzt worden. Nicht zuletzt Marx’ Haltung zur „Judenfrage“ hat dazu beigetragen, judenfeindliche Vorurteile innerhalb der deutschen Arbeiterbewegung zu bewahren.

Die „jüdische Lehre des Marxismus“
Praktisch sein ganzes Leben lang hatte Marx sich um seinen jüdischen Hintergrund kaum gekümmert. Das Bild änderte sich mit dem Aufstieg sozialdarwinistischer Vorstellungen. Irgendwann glaubten einige Zeitgenossen, jüdische Züge bei ihm zu entdecken und erinnerten an seine „israelitische“ Abstammung. In den Jahrzehnten nach Marx’ Tod verstärkten sich derartige Einstellungen nicht nur spürbar, sondern wurden darüber hinaus in zunehmendem Maße politisch aufgeladen. Den Kulminationspunkt einer ideologischen Zuspitzung waren Adolf Hitler und die unmissverständlich artikulierte Todfeindschaft gegen die „jüdische Lehre des Marxismus“.

In manchen (jüdischen) Kreisen dagegen stand Marx als eine Art jüdischer Volksheld. Zur Zeit der Russischen Revolution von 1905 hieß es einmal: „Jede Klasse hat ihr eigenes politisches Programm. … Das jüdische Proletariat hat bereits eine politische Tojre (Thora) von Karl Marx bekommen“.

In den Nachrufen auf Marx kamen vor allem drei Aspekte zum Ausdruck – Marx als Wissenschaftler, als Jude und als unbeugsamer Revolutionär, Aspekte, die im Laufe der darauffolgenden Jahrzehnte immer weiter ausgearbeitet werden sollten und das Bild von ihm zunehmend erstarren ließen.
Auf den Marxismus beriefen sich Repräsentanten der Regime im sogenannten Ostblock, aber auch in China. Bei dem Versuch, unterentwickelte Länder zu industrialisieren wurden drastische Mittel und brachiale Maßnahmen angewandt, die Millionen Opfer gekostet haben.

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