Juli 6, 2019 – 3 Tammuz 5779
Ein Märchenbuch für Emigrantenkinder

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Die jüdische Familie Leib flüchtete vor den Nationalsozialisten nach Brasilien. Marga Leib hat für ihre Kinder ein Märchenbuch geschrieben, um sie auf Abschied und Neuanfang vorzubereiten. 

Von Tina Adcock

Das erst dieses Jahr erschienene „Märchenbuch“ von Marga Leib verkörpert gleich zwei Dinge. Zum einen ist es ein wichtiges historisches Dokument, das die Erinnerung einer Familie, die vor den Nationalsozialisten in Deutschland geflohen ist, konserviert und somit seinen Teil zu der wichtigen Erinnerungskultur beiträgt. Zum anderen zeugt es von einer menschlichen Tragödie, Hoffnung und Liebe, die in den dunkelsten Zeiten Menschen zusammenhalten kann und von Mutterliebe, die nahezu unerschütterlich zu sein scheint.

Das Buch beginnt mit eben jener Märchenerzählung und fährt mit Kommentaren und biographischen Ergänzungen der Tochter der eigentlichen Autorin, Monica Leib, fort. Abschließend nimmt die Pädagogin, Kerstin Dauvermann, die unter anderem Bücher wie „We, the six million – Didaktische Grundlagen für Lehrer: Die Entschädigungsakten der Opfer der Shoah im Schulunterricht“ mit herausgab, eine fantastische und ausführliche Interpretation und Analyse des vorliegenden Werkes vor.

Worum geht es eigentlich in diesem Märchenbuch?

Bei der Erzählung handelt es sich um eine kindgerechte Tatsachenschilderung der Geschichte der Familie Leib. Die Mutter, Marga Leib, schrieb ihre Lebenssituation und die Flucht aus Nazi-Deutschland auf und formte sie, mittels Allegorien, in eine Märchenerzählung um. Sowohl das Buch an sich, als auch die mit Schreibmaschine geschriebenen Worte sind selbstentworfen und werden durch selbstgemalte Bilder der Kinder ergänzt.

Wie in jedem Märchenbuch beginnt die Geschichte mit einer positiv konjugierten Ausgangssituation und deren Protagonisten, sowie den Worten: „Es war einmal…“ eine glückliche Familie, bestehend aus Vater, Mutter und zwei Kindern, die in einer Idylle aus grünen Wiesen, Gesang und Liebe lebt. Doch bald schon zieht ein Gewitter auf, mit Blitz, Donner und Regengüssen, die nicht mehr aufhören wollen und die einst so schöne und friedliche Umwelt verdunkeln, die Wiese in Morast verwandeln und statt Blumen und Schmetterlingen tauchen plötzlich Frösche und giftige Insekten auf. Das heraufziehende Gewitter steht symbolisch für den aufziehenden Nationalsozialismus, der die Menschen und die Umwelt um sich herum beeinflusst.

Mit den Worten: „Nun, die Leutchen in dem kleinen Haus waren gar nicht bang, denn sie hatten schon viele Stürme erlebt und wussten, dass nach einiger Zeit schon alles wieder in Ordnung kommen würde“, wird ausgedrückt, dass Antisemitismus schon vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten existierte, er jedoch wieder abebbte. Dies scheint nun aber nicht mehr der Fall zu sein, dauert das Gewitter doch weiter an. Es wird weiter berichtet, dass der Vater zwar weiterhin seiner Arbeit nachgehen kann, er jedoch große Holzschuhe tragen muss, die beim Gehen den Schmutz in alle Richtungen hochspritzen lässt. Frau Dauvermann interpretiert dies als eine Art von sich ausbreitender Gefahr und die Schuhe, als Schuhwerk eines einfachen Mannes, die der Vater nun tragen muss. Ich persönlich würde noch weitergehen und die Schuhe als Allegorie für das von den Nazis aufgezwungene Tragen des sogenannten „Judensterns“ ansehen, das den Menschen sofort ermöglichte, eine Person als Juden zu identifizieren. Der Schlamm könnte in diesem Fall den Hass repräsentieren, dem sich der Vater, Walter Leib, von Seiten der Mitmenschen ausgesetzt sieht. (…)

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