Von Jaklin Chatschadorian
Sprache ist eines der hohen Kulturgüter einer Gemeinschaft. Über Jahrtausende gewachsen dient sie der zwischenmenschlichen Verständigung, entwickelt sich weiter und ist in der Lage, mit den Veränderungen der Zeit Schritt zu halten. Amtsdeutsch und regionale Dialekte, Anglizismen, Fremdwörter aus den Sprachen der Antike oder dem Hebräischen und Jiddischen – all das bereichert die deutsche Sprache.
Neben linguistischen Einflüssen sind es politische Aspekte, die Sprache verändern. Das neue Verständnis von Feminismus etwa gebietet es, das generische Maskulinum im Deutschen als diskriminierend zu qualifizieren. So kommt es, dass wir die Sprache, um vermeintliche Geschlechtergerechtigkeit herzustellen, mit einem Binnen-i in die Unlesbarkeit weiterentwickeln oder aber Politiker*innen von Kinderinnen und der Planetin sprechen.
Dass sich mit dieser Sprachregelung die Rechtslage einer tatsächlich ihres Geschlechtes wegen diskriminierten Frau mitnichten verbessert, ist modernerweise nicht von Belang. Mehr noch: Derjenige, der sich weigert, diese Sprachsexualisierung mitzutragen, ist nicht selten der politischen Vorverurteilung ausgesetzt.
Dass diese Bewegung nicht zu unterschätzen ist, es also mitnichten nur um einen Zwist innerhalb der Sprachwissenschaft geht, zeigen uns die Universitäten. Es gibt inzwischen rund 250 Genderlehrstühle mit einem beeindruckenden Etat. Selbst die Eigenbezeichnung, der Begriff „Geschlechterforschung“, führt in die Irre. Es geht hier schließlich nicht um die ergebnisoffene Forschung, sondern um die Umsetzung einer politischen Vorgabe, zunächst durch Sprache. Das biologische Geschlecht eines Menschen wird zur sozialen Konstruktion, die dazu genutzt werden soll, Machtverhältnisse neu, vermeintlich „fair“, zu ordnen. Besonders deutlich wird das in der Diskussion um Frauenquoten in der Führung von Parteien. Qualifikation ist allenfalls ein Thema innerhalb des eigenen Geschlechts. Der Wettbewerb mit dem anderen Geschlecht wird per Quotenregelung ausgeschaltet. Genau wie im Iran entscheidet vorrangig das Geschlecht eines Kandidaten über sein Fortkommen.
Die Steigerung dieser Entwicklung, der Sexualisierung von Sprache, und infolgedessen von Entscheidung und Handlung, ist die Umdeutung vorhandener Begriffe, um bestimmte politische Inhalte und Überzeugungen über das Mittel der Sprache in den Alltag des Bürgers und damit in seine Gedankenwelt fest zu installieren. Bei der Bezeichnung und Beschreibung eines Umstandes oder einer Tatsache ist es inzwischen von der aktuellen politischen Mode abhängig, ob und was wir darunter zu verstehen haben. Auffällig oft wird im Kontext der Migration und des Islam auf Umdeutung zwecks Lenkung gesetzt.
Mitleid statt Verachtung für Opfer
Die Gruppe „Neue deutsche Medienmacher“ etwa gibt ein eigenes Glossar heraus, um Journalisten in ihrer Sprachanwendung anzuleiten. So empfiehlt das Werk, den Begriff des „Betroffenen“ in der Kriminalitätsberichterstattung gegenüber dem Begriff des Opfers alternativ zu nutzen, da letzteres Hilflosigkeit und Versagen signalisiere. Laut Duden aber bezeichnet das Wort „Opfer“ nur den, der durch einen anderen bzw. durch etwas einen Schaden erleidet. Die abwertende Haltung gegenüber dem Opfer, auf die der Glossar schielt, ist auf die Umdeutung zum Schimpfwort durch Jugendliche in der Integrationsverweigerung zurückzuführen. Wenn nun diese sinnverfälschende, politisch intendierte, Umdeutung (westlich sozialisierte Menschen empfinden für Opfer in der Regel Empathie und nicht Verachtung) nicht ignoriert wird, sondern über solch ein Pamphlet in die Welt des geschriebenen Wortes integriert wird, so verändert dies in einem letzten Schritt auch die Einstellung zum Opfer in der deutschen Sprache.
Ein weiteres Beispiel für politische Umdeutung von Sprache ist die Formel „Islam bedeutet Frieden“. Sprachlich bedeutet سلام („salam“) Frieden, während الإسلام („al´islam“) mit „der Islam“ zu übersetzen ist. Ungeachtet dieser linguistischen Übertragung der Begriffe in die deutsche Sprache, gar ungeachtet der Tatsache, dass der Islam systemimmanent sich in stetem Konflikt befindet und die Freiheit der Menschen, ihre körperliche Unversehrtheit und nicht selten ihr Leben kostet, will man im politischen Dialog diese Parole nicht bestreiten. (…)
Komplett zu lesen in der Druck- oder Onlineausgabe der Zeitung. Sie können die Zeitung „Jüdische Rundschau“ hier für 39 Euro im Papierform abonnieren oder hier ein Onlinezugang zu den 12 Ausgaben für 33 Euro kaufen.
Sie können auch diesen Artikel komplett lesen, wenn Sie die aktuelle Ausgabe der "Jüdischen Rundschau" hier online mit der Lieferung direkt an Sie per Post bestellen oder jetzt online für 3 Euro statt 3,70 Euro am Kiosk kaufen.