Mai 11, 2016 – 3 Iyyar 5776
Papst Roncallis Judenrettung

image

Der spätere Papst Johannes XXIII. tat sein Bestes, um Juden zu retten  

Von Karl Pfeifer

Unabhängig von der politischen oder religiösen Orientierung beschäftigen sich bis heute viele Menschen mit der Frage, wie es kommen konnte, dass sechs Millionen Juden, darunter 1,5 Millionen Kinder, ermordet werden konnten. Einige Menschen wollen die Antwort nicht am richtigen Ort suchen. Der Vorwurf gewisser Historiker an die zionistische Bewegung, nicht in der Lage gewesen zu sein, die Juden Europas zu retten, ist ein Musterbeispiel tendenziöser Geschichtsschreibung. Denn er unterstellt der zionistischen Bewegung, sie hätte Einfluss auf die Alliierten gehabt und diesen nicht genutzt.

Doch gerade in der größten Not, im Mai 1939, schränkte die britische Regierung die jüdische Einwanderung in das Mandatsgebiet (Palestine) Erez Israel ein. Anstatt jährlich 50.000 Einwanderungsgenehmigungen sollten für die nächsten fünf Jahre lediglich 75.000 insgesamt ausgestellt werden. Aber auch die Einreise in die USA war nach dem Ersten Weltkrieg durch die Einführung der Länderquoten radikal eingeschränkt worden, und dies wurde während der Wirtschaftskrise der 20er und 30er Jahre nicht besser. So waren ihnen die Länder, in denen die verfolgten Juden Zuflucht hätten suchen können, versperrt.

Chaim Weizmann, der Vorsitzende der zionistischen Bewegung und erste Präsident Israels, sagte damals, die Welt bestehe aus zweierlei Nationen, denjenigen, die keine Juden in ihren Ländern haben wollen, und den anderen, die nicht bereit sind, Juden aufzunehmen.
Nach Ausbruch des Krieges konzentrierten die Alliierten all ihre Anstrengungen darauf, der Herrschaft Hitlers ein Ende zu bereiten. Die Zionisten wollten Aktionen initiieren, um die Juden zu retten, doch die Alliierten argumentierten, dass es eine Menge Völker unter der Herrschaft der Nazis gäbe – Polen, Tschechen usw. –, und man könne die Juden nicht bevorzugt behandeln, wenn das Hauptziel der Sieg sei. Zudem wollten die Alliierten nicht den Eindruck erwecken, der Krieg werde geführt, um Juden zu retten, wie die Nazis ihnen unterstellten.

Die Alliierten gestatteten auch keinen Geldtransfer in den von Deutschen besetzten Teil Europas. Doch ohne finanzielle Mittel war keine Rettung möglich. Juden aus Europa zu retten, war logistisch eine schwere Aufgabe. Eine Kette ist so stark wie ihr schwächstes Glied. Manchmal gelingt solch eine Aktion, doch wenn ein Glied fast am Ende der Kette bricht, war die ganze Anstrengung vergebens.
Trotz aller Schwierigkeiten waren mehr als ein Dutzend Emissäre des Jischuw (die damalige jüdische Bevölkerung in Erez Israel) allein in Istanbul tätig, um Juden zu retten.
Sie mussten mit der Wehrmacht rechnen, die in weniger als einem Jahr die meisten Armeen Europas bezwungen hatte. Sie mussten außerdem die Abwehr, eine Organisation mit langer Geschichte, und die Gestapo bekämpfen. Die Delegierten waren sehr jung, etwas naiv und sehr tatkräftig, sie hatten keinerlei Erfahrung, keine militärische oder nachrichtendienstliche Ausbildung.

Der Jischuw war freilich kein Staat. Die Führung musste die Religiösen und die Nicht-Religiösen, die Aschkenasim und die Sefardim, die Linke und die Rechte überzeugen, freiwillig zusammenzuarbeiten. Auf der einen Seite war der organisierte Jischuw, der politisch links von der Mitte war, und auf der anderen Seite waren die rechten Revisionisten. Alle bemühten sich separat Juden zu retten.

Zuerst versuchte man, die Kinder vom Balkan zu holen, denn die waren in der Nähe, und da sah man größere Chancen. Die Kinder waren am stärksten gefährdet durch Hunger und Kälte zugrunde zu gehen und die Zionisten gingen von der Annahme aus, dass die Deutschen sie vielleicht gehen lassen, da sie doch nur essen und nicht arbeiten würden. Man dachte auch, dass der Jerusalemer Mufti, der mit den Deutschen kollaborierte, dies nicht bemerken würde.
Das war ein Irrtum – er verfasste Briefe an die Regierungen Ungarns, Rumäniens und Bulgariens und forderte, jüdische Kinder weder aus- noch durchreisen zu lassen, und wandte sich auch an seine Nazifreunde, dies unbedingt zu verhindern.

Die Jewish Agency beschloss, zuerst die Kinder zu retten, weil sie dachte, die Briten würden sich da liberaler verhalten. Doch die Antwort der britischen Regierung war eindeutig. Von den genehmigten 75.000 Zertifikaten standen 1942 noch 29.000 aus, die nicht verwendet worden waren, und mit diesen wollte man Kinder ins Land bringen.

Die zionistische Führung stand wie so oft zuvor vor einem Dilemma: Wenn sie das akzeptiert, dann akzeptiert sie die britische Logik, dass doch die Lage vollkommen normal sei. Sicher konnten die Briten, als sie das white paper 1939 beschlossen, nicht wissen, was in ein paar Jahren geschehen würde: dass es zu einem Völkermord kommt. Doch im November 1942 wussten sie sehr wohl, dass jedes jüdische Kind, das in Europa blieb, ermordet werden würde, doch das änderte ihre Haltung nicht. Das also war die Haltung der freien Welt. In dieser nicht zu gewinnenden Situation hat die zionistische Führung das britische Angebot angenommen. Zur gleichen Zeit wurden 80.000 Juden aus Transnistrien gegen Lösegeld angeboten. Die Zionisten wussten, dass die Briten dies nicht akzeptieren würden, denn es gab nur 29.000 Zertifikate, die für Kinder vorgesehen waren.

Am 30. November 1942, gab es in Jerusalem eine wichtige Sitzung der Asefat Hanivharim, die höchste gewählte Vertretung des Jischuw, die der Rettung gewidmet war. Der Hauptredner war David Ben-Gurion, seine Rede war „an das menschliche Gewissen“ gerichtet. Er bat darum, die jüdischen Kinder aus Europa holen zu dürfen.

Viele von denen, die heute Urteile fällen, wissen nicht, dass Himmler 1944 anbot eine Million Juden gegen 10 000 Lastautos, Tee, Kaffee etc. freizugeben. Sie versprachen, diese Lastautos nicht gegen die freie Welt einzusetzen, nur gegen die Rote Armee. Die Nazis sagten, sie würden die Juden nicht nach Palästina lassen, sondern nur auf die pyrenäische Halbinsel. Die Zionisten hatten also wieder über ein Angebot zu beraten, das die geretteten Juden nicht nach Palästina bringen würde. Das Gleiche geschah auch mit den überlebenden Juden in Transnistrien. Weil die Briten ihnen nicht die Einreise nach Palästina gestatteten, sagten die Zionisten, lasst doch diese Juden zuerst zurück in das alte Rumänien. (…)

Komplett zu lesen in der Druck- oder Onlineausgabe der Zeitung. Sie können die Zeitung „Jüdische Rundschau“ hier für 39 Euro im Papierform abonnieren oder hier ein Onlinezugang zu den 12 Ausgaben für 33 Euro kaufen.


Sie können auch diesen Artikel komplett lesen, wenn Sie die aktuelle Ausgabe der "Jüdischen Rundschau" hier online mit der Lieferung direkt an Sie per Post bestellen oder jetzt online für 3 Euro statt 3,70 Euro am Kiosk kaufen.

Brief an die Redaktion schreiben

Soziale Netzwerke