Januar 4, 2016 – 23 Tevet 5776
Journalisten als Terror-Versteher

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Am Anfang des Messer-Terrors stand die Al-Aksa-Lüge  

Von Jerome Lombard

(...) Die Mehrheit der Attentäter wurde noch am jeweiligen Tatort von Sicherheitskräften erschossen. Andere konnten verhaftet werden. Das Täterprofil: jung, ab 11 Jahren (!) aufwärts, männlich, palästinensisch-muslimisch, „Einsame Wölfe“, organisationsunabhängige, spontane Gewalttäter. Das Opferprofil: israelisch, Jude. Die Sach-und Straflage: Mord, versuchter Mord in Tateinheit mit schwerer Körperverletzung aus einem niederen Beweggrund, nämlich Hass auf Juden und den Staat Israel. Klarer Fall. Oder etwa doch nicht so klar?

Journalisten als Terror-Versteher
Wie immer, wenn es um Angelegenheiten des jüdischen Staates geht, schaut die öffentliche sowie die veröffentlichte Meinung in der westlichen Welt ganz genau hin. Und wenn die israelische Regierung die jüngste Attackenserie als direktes Resultat einer Propagandakampagne islamistischer und terroristischer Organisationen analysiert, die palästinensische Jugendliche gezielt zum Mord an Israelis und Juden aufzuhetzen versucht, sieht sich nicht zuletzt das links-liberale Establishment wie selbstverständlich zur Gegenmeinung verpflichtet. Wie man hier über die Geschehnisse denkt, veranschaulicht ein Kommentartext aus der „Frankfurter Rundschau“ vom 29. November 2015, der also zu einem Zeitpunkt erschien, als fast täglich Attentate aus Israel gemeldet wurden. Der Titel: „Attacken sind Akte der Verzweiflung“. Die Autorin: Inge Günther, langjährige Israel-Korrespondentin der FR und bekannt als Vertreterin des „besonders kritischen Arms des deutschen kritischen Nahost-Journalismus“, wie das Online-Nachrichtenportal „Haolam“ Günther einmal treffend charakterisierte.

Aus dem linken Spektrum der ohnehin weit links stehenden Nahost-Berichterstattung in Deutschland – wer jetzt nichts Gutes erwartet, soll recht behalten. Wie der Artikeltitel bereits andeutet, ist Günthers Kernargument, dass die Attackenserie nicht als Terrorismus bezeichnet werden dürfe. Vielmehr handle es sich um pure Verzweiflungstaten einer perspektivlosen Generation. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte insbesondere nach den dschihadistischen Anschlägen Mitte November in Paris betont, dass hier wie dort der radikale politische Islam am Werk ist und sich der Terror in Israel und Europa gegen die gleichen Werte richtet. „Eine Attacke auf einen von uns, sollte als Attacke auf uns alle verstanden werden. Man kann nicht sagen, hier sind die guten Terroristen und da die schlechten. Alle Terroristen sind schlecht“, sagte der Premier.

Nein. Das ist nicht vergleichbar. Alles politisches Kalkül. Arroganz der Macht, schreibt Günther: „Der IS-Terror entspringt einem totalitären Denken, das alle Andersgläubigen unterwerfen will. Die palästinensischen Attacken sind eher Akte einer verzweifelten Auflehnung gegen die israelische Besatzung, eine Intifada ohne Führung.“ Und weiter: „(…) islamistisch motiviert waren bislang die Wenigsten, die für sich beschlossen, sich mit einer Stichwaffe in den Händen auf Israelis zu stürzen, wohl wissend, dass sie den eigenen Tod in Kauf nehmen.“ Ist nicht gerade die Inkaufnahme des eigenen Tods ein Spezifikum des Dschihadismus?

Aber alles der Reihe nach. Für die Recherche kann man der Kollegin nur eine glatte Sechs geben. Es stimmt, dass die wenigsten Attentäter im direkten Auftrag einer Terrororganisation gehandelt haben und auch keine Bekennerschreiben mit islamistischem Inhalt zurückließen. Dennoch handelten alle Attentäter aus einer religiös-islamischen Motivation heraus. Der eine vielleicht bewusster als der andere. Am Anfang der Attackenserie stand der wiederaufgeflammte Streit um den Tempelberg im Spätsommer des letzten Jahres. Die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) und die im Gaza-Streifen regierende Hamas hatten wie so häufig in der Vergangenheit behauptet, Israel wolle die Al-Aksa-Moschee zerstören und an ihrer Stelle einen dritten Tempel errichten. Eine glatte Lüge und Falschmeldung, die aber nichtsdestotrotz in den Ohren der palästinensischen Bevölkerung verfing.

Die wirtschaftliche Situation in Gaza und im Westjordanland ist schlecht. Die politischen Vertreter der Palästinenser wollen sich die eigene Unfähigkeit nicht eingestehen. (Statt ausländische Geldgeschenke in Wiederaufbau und Wohlfahrt zu investieren, kaufen sie neue Waffen.) In Jerusalem blockieren die dort ansässigen Araber durch die Boykottierung der Lokalpolitik zudem ihre eigene wirtschaftliche Gesundung. Was liegt da näher, als die Unzufriedenheit der Menschen mal wieder auf den ewigen Feind von außen zu projizieren?

Das ewige Feindbild Israel
Die Juden als Feinde nicht nur der Palästinenser, sondern aller Muslime, die die drittheiligste Stätte des Islam vernichten wollen. Die Al-Aksa-Moschee ist in Gefahr! Dieser Slogan ist das sicherste Rezept für antisemitische Gewalt. Die Täter können sich dabei nicht nur selber als islamische Märtyrer sehen, sondern werden in großen Teilen der palästinensischen Bevölkerung als solche glorifiziert. PA-Präsident Machmud Abbas erklärte nach den Ausschreitungen auf dem Tempelberg unmittelbar vor der ersten Messerattacke im September, Israel „schände“ die heilige Stätte „mit dreckigen Füßen“ und pries sogleich „jeden Tropfen Blut, den Märtyrer für die Al-Aksa-Moschee vergießen.“ Hamas-Sprecher Sami Abu Zuhri lobte die Messerattacken als „natürliche Antwort auf Besatzung und Siedler-Verbrechen gegen die Al-Aksa-Moschee und das palästinensische Volk“. (...)

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