November 4, 2015 – 22 Heshvan 5776
Eine Kippa reicht aus

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Ein Bonner Jude über Bedrohungssituationen im Rheinland  

Ein Jude wird in der Bahn von Jugendlichen, die auf dem Weg zu einer Solidaritäts-Demo für die 3. Intifada waren, bedroht. Der Grund: Seine Kippa.

Oliver Geffers aus Bonn ist freier Journalist und er ist jüdisch. Auf dem Weg zum Gottesdienst in Köln wird er von Jugendlichen im Zug bedroht. Für Juden wird die Lage in Deutschland bedrohlicher. Ähnlich wie vergangenen Sommer gibt es Demonstranten, die Juden bedrohen und attackieren. Wir haben mit ihm gesprochen.

Jüdische Rundschau: Du warst auf dem Weg nach Köln, als es passierte...

Oliver Geffers: Ich glaube, es ist am besten wenn ich etwas früher anfange. Ich trage seit ungefähr 2 Jahren meine Kippa. Freunde von mir warnten mich schon immer, dass ich das sein lassen solle. Dass ich mich in Deutschland dadurch und vor allem in NRW zur Zielscheibe machen würde. Ich bin ein sehr idealistischer Mensch und lehnte dies stets ab. Ich verfolge ein Weltbild, in der jede und jeder sein kann wie er oder sie ist, und sich nicht verstecken muss. Egal welcher Religion, Hautfarbe oder Sexualität. Das sind Sachen, in die wird mensch reingeboren, diese zu verstecken ist Barbarei und zeichnet doch eine Welt aus, in der keine und keiner von uns leben möchte.
Ich wurde schon etliche Male von Antisemiten angegriffen, doch habe ich mich nie unterkriegen lassen.

JR: Was hat sich denn aktuell verändert?
Oliver Geffers: Die Stimmung ist sehr aggressiv. Das war sie schon vorher, aber ich bin einer der wenigen, die öffentlich erkennbar in Erscheinung treten und das bei einer nicht so großen Stadt...das macht einen halt schnell bekannt... vor allem bei den Menschen, die einem Böses wollen.
Am vergangenem Mittwoch war ich auf einer Gegenkundgebung der Demonstration, die sich solidarisch mit der 3. Intifada zeigte. Ich hielt dort auch eine Rede.

JR: Wie siehst du denn die 3. Intifada?
Oliver Geffers: Man muss sich nur einmal genauer anschauen, wer hinter der 3. Intifada steht. Das sind Menschen, die alles hinter sich lassen einzig mit dem Gefühl, Menschen töten zu wollen. Wer so handelt und unschuldige Zivilisten umbringt, entzieht sich jeder menschlichen Vernunft.

JR: Was ist da passiert?
Oliver Geffers: Naja, wie sich viele Menschen denken können, macht einen das nicht wirklich beliebt. Im Laufe der Gegenkundgebung kam eine Gruppe von ungefähr fünf Menschen, die mir entgegenschrien, dass sie mich nach der Demonstration „messern“ wollen und riefen „Schlachtet den Yehudit!“

JR: Hat dir das Sorgen bereitet?
Oliver Geffers: Mir wurde schon vor gut 2 Monaten am Bahnhof mein Fahrrad verbogen, dabei die Reifen zerstochen und dazu ein Hakenkreuz in den Sattel eingeritzt. Sachen wie: „Scheiß Judenkind“ gehören zum Alltag. Man lernt mit solchen Sachen irgendwie umzugehen.

JR: Und wie ging es dann weiter?
Oliver Geffers: Nun gut, locker nimmt man sowas halt doch nicht auf. Deswegen habe ich natürlich ziemlich viel darüber gegrübelt. Am Freitag war ich dann auf dem Weg zum Schabbat-Gottesdienst nach Köln. Freunde aus der Gemeinde meinten schon im voraus, dass ich wegen der stattfindenden Demo (auch eine Solidaritätskundgebung mit der 3. Intifada) meine Kippa ausziehen solle. Ich war etwas zu naiv und meinte, ich würde sie dann kurz vor Köln schon abziehen können. (…)

Das Gespräch führte Richard Diesig

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