Die Medienhetze gegen die israelischen Sicherheitsmaßnahmen geht ins Leere  

Von Ulrich W. Sahm

„Mauern bringen keinen Frieden“. Unter diesem Titel ist im Bremer Weser Kurier ein Leitartikel von Hans-Ulrich Brandt erschienen. Bei der Begriffskombination „Mauern“ und „Frieden“ ist jedem erfahrenen Zeitungsleser sofort klar, dass es hier einmal mehr um Israel geht. Denn bekanntlich schreibt niemand über die geteilte zypriotische Hauptstadt Nikosia oder die Mauern rund um Europa. „Frieden“ ist, wie wir alle aus dem Religionsunterricht wissen, ebenfalls im „Heiligen Land“ zu Hause. Er wird dort von Israel exklusiv verwaltet. Weshalb ja auch nur Israel den „Weltfrieden gefährden“ kann.

„Das Land mauert sich ein, riegelt sich ab.“ Brandt fragt weiter, ob die Mauern entlang der Grenzen zu Libanon, dem Westjordanland und sogar die unterirdischen Mauern gegen Tunnel der Hamas „wirklich der richtige Weg“ seien. Und weiter: „Schürt er (dieser Weg) in diesem nicht enden wollenden Nahostkonflikt nicht nur noch stärker Hass und Gewalt?“

Diese Frage allein ist eine Umkehrung von Ursache und Wirkung. Denn Brandt setzt voraus, dass Israel sich bei Maßnahmen zum Schutz der eigenen Bevölkerung gegen Terror fragen sollte, ob die Aktionen „Hass oder Gewalt“ schüren könnten. Brandt erwähnt Terror nirgendwo in seinem kurzen Leitartikel, oder dass die „Palästinenser“ und die Hisbollah im Libanon selber längst „Hass und Gewalt“ verübt haben, wenn Israel reaktiv Abwehrsysteme entwickelt. Er erwähnt auch nicht, dass eben diese Sicherheitsmaßnahmen ein Exportschlager sind.

Das fing schon Anfang der 1970er Jahre an, als unter israelischer Führung immer mehr Sicherheitskontrollen auf internationalen Flugplätzen eingeführt wurden. Man bedenke nur, wieviel „Hass oder Gewalt“ die Warteschlangen und dann erst das erniedrigende Abtasten erzeugt. Nach der Logik, dass erhöhte Sicherheit Gewalt auslöst, gibt es also weder Attentäter mit politischer Agenda noch Islamisten mit Dschihad-Fantasien, sondern nur unbescholtene Bürger, die sich über Kontrollen ärgern und daraufhin spontan beschließen, ihr Flugzeug auf dem Weg in den Urlaub zu entführen.

Mit einer EL AL-Maschine wäre 9/11 nicht passiert
Hierzu ein wenig bekanntes Detail: Die EL AL durfte als einzige Fluggesellschaft der Welt ihre Pilotenkanzeln mit Panzertüren verriegeln. Alle anderen Fluggesellschaften gingen davon aus, dass auch Flugzeugentführer sicher landen wollen. Dieser Irrglaube wurde erst nach 9/11 korrigiert. Oder mit anderen Worten: mit einer EL AL Maschine wäre dieser schlimmste aller Terroranschläge nicht durchführbar gewesen.

Wer lange genug in Israel lebt, kann auf den Tag genau sagen, wann und wegen welchem Terroranschlag Abwehrmaßnahmen eingeführt worden sind. So wurden Bushaltestellen mit Metallbollern befestigt, Sicherheitsleute vor Restaurants oder Supermärkten aufgestellt und vieles mehr. In den 1980er Jahren gab es im ganzen Land weder Mauern noch Straßensperren. Alles war offen und „Palästinenser“ wie Israelis konnten mit ihren Autos fahren, wohin sie wollten. Wirtschaftlich profitierten davon vor allem die „Palästinenser“, weil sie den Israelis billigeres Obst und Gemüse in Gaza verkauften und die Autos preiswerter reparierten. Terror und Gewalt entstand jedoch genau in dieser friedlichen Zeit.

„Absoluter Hardliner“ „kompromisslose Politik“ – wie sehen die Fakten aus?
Erst nach der Unterzeichnung der Osloer Verträge, der Rückkehr von Jassir Arafat und der Ankunft der bewaffneten PLO-Kämpfer aus dem Exil in Tunis nach Gaza begann eine bis dahin unbekannte Welle von Terroranschlägen. Das „vergessen“ jene linksgerichteten Israelis und Kommentatoren gerne, wenn sie prüfen, warum die Osloer Verträge 1994 „gescheitert“ sind.

Brandt bezeichnet den amtierenden Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu als „absoluten Hardliner“ und unterstellt ihm, den Rückgang der Selbstmordanschläge als Erfolg seiner „kompromisslosen Politik“ zu verbuchen.

Die Tatsache, dass ausgerechnet Netanjahu wesentlich kompromissbereiter war als seine linksgerichteten Vorgänger, unterschlägt Brandt. Die Unterzeichner der Osloer Verträge, Jitzhak Rabin und Schimon Peres, weigerten sich strikt, die Gründung eines „palästinensischen“ Staates zuzulassen. Der erste israelische Premierminister, der von einem „palästinensischen“ Staat sprach, war ausgerechnet Netanjahu, 2009 in einer Rede in der Bar Ilan-Universität. Zuvor war er es, der einer Übergabe von Hebron an die „Palästinensische Autonomiebehörde“ zugestimmt hatte. Ebenso war nur Netanjahu zu einem zehnmonatigen Baustopp in den Siedlungen bereit, um einem Wunsch des Präsidenten Abbas zu entsprechen und eine Wiederaufnahme der Friedensverhandlungen zu ermöglichen. Kein anderer Premierminister vor ihm, auch nicht die vermeintlich so kompromissbereiten „gemäßigten“ Regierungschefs Israels, haben jemals dem Einfrieren der Siedlungspolitik zugestimmt.

Seit wann ist Sicherheit das Gegenteil von Frieden?
Und nun zu den von Brandt kritisierten Mauern und Sperranlagen, die aus seiner Sicht keinen Frieden bringen würden. Zunächst muss hier festgestellt werden, dass niemand jemals behauptet hat, dass die Schutzmaßnahmen Israels dazu dienten, Frieden zu bringen. Sie hatten immer nur einen einzigen Zweck: das Leben der Einwohner Israels zu schützen. Das gilt für das militärische Aufrüsten mit modernsten Kampfflugzeugen, Panzern und Elektronik genauso wie für den Bau der Mauern. Besonders deutlich wird das bei der sündhaft teuren Entwicklung der sogenannten „Eisenkappe“. Sie ist Israels Antwort auf Beschuss mit Tausenden primitiven Raketen aus dem Gazastreifen oder Libanon.

Heute ist Israel das erste und einzige Land der Welt, das ein Abwehrsystem gegen Kurzstreckenraketen und sogar gegen Mörserbeschuss besitzt. Die sogenannte „Mauer“ wurde 2002 von Premierminister Ariel Scharon in Auftrag gegeben, gegen den ausdrücklichen Willen der israelischen Regierung. Die Kabinettsminister wollten unter keinen Umständen die alte, längst verwischte „Grenze“ wieder auferstehen lassen, die 1949 zwischen Jordanien und Israel als Waffenstillstandslinie auf Landkarten festgelegt worden war. Umgekehrt hatten die Palästinenser schon während der ersten Intifada ab 1984 immer wieder Israel aufgefordert, diese Grenzlinie neu zu markieren, um klarzustellen, wo Israel endet und das Gebiet des künftigen Staates Palästina beginnt.

Doch infolge der mörderischen Selbstmordattentate in Haifa und Tel Aviv in Bussen, Restaurants, Kindergärten und bei Hochzeitsgesellschaften, sah sich Scharon einem erheblichen Druck aus der Bevölkerung ausgesetzt, diesem Spuk ein Ende zu setzen. Es gab keinen politischen Weg, dem blinden Hass der „Palästinenser“ auf alle Juden ein Ende zu setzen und die blutige Gewalt zu beenden. So entstand der Wille, potentielle Attentäter physisch daran zu hindern, unkontrolliert nach Israel einzudringen. Das hatte für die „Palästinenser“ verheerende Folgen, denn Israel stoppte die tägliche Einreise von mehr als 100.000 „palästinensischen“ Bauarbeitern und Tagelöhnern. Den Israelis war das Überleben wichtiger als das wirtschaftliche Wohlergehen der „Palästinenser“ in den besetzten Gebieten.

Pro-„palästinensische“ Menschenrechtsaktivisten sollten an diesem Punkt innehalten, wenn sie stets nur Israel schuldig sprechen für das „Leiden“ der „Palästinenser“, während jüdisches Menschenleben ihnen offenbar gleichgültig ist. Selbstverständlich muss man sich für das Wohlergehen der unbeteiligten „Palästinenser“ einsetzen. Aber die „palästinensische“ Führung trägt allein die Verantwortung für ihre eliminatorische Ideologie gegen Israel, für die Entlöhnung der überlebenden Terroristen mit üppigen Gehältern und den Missbrauch der eigenen Bevölkerung als menschliche Schutzschilde. Besonders übel und fragwürdig ist das aktuelle Vorschicken von Kindern und Jugendlichen an die Grenze des Gazastreifens, um Israel im Rahmen des „Marsches der Rückkehr“ zu stürmen. Problematisch und im Widerspruch zu allen Menschenrechten ist nicht nur der Einsatz der „palästinensischen“ Jugendlichen als propagandistisch wirksames „Kanonenfutter“, sondern auch die erzieherische Wirkung der Grenz-Attacken auf die arabische Jugend.

Der Mord an Ari Fuld, begangen durch einen 17jährigen Attentäter, ist dieser Propaganda geschuldet. Der vierfache jüdische Familienvater ist tot. Sein Mörder wird in einem israelischen Krankenhaus behandelt. Doch schon heute ist klar, dass auch das keinen Frieden bringen wird, denn bekanntlich liegen die Terror-Renten der PA an Judenmörder und deren Familien weit über dem, was ein „Palästinenser“ verdient. Anstatt aber sich zusammen mit den USA dafür einzusetzen, dass Hilfsgelder nicht mehr ohne strikte Auflagen vergeben werden, will ausgerechnet Deutschland die Zahlungen erhöhen, ohne dass die Bundesregierung von der PA und der Hamas einen sofortigen Stopp des Terrors fordert. Wer hier, wie Brandt, den Begriff des diplomatischen Rohrkrepierers benutzt, sollte wenigstens erwähnen, wer sich in diesem Fall als Friedensbremse betätigt. Israel ist weltweit das Land mit den höchsten Militärausgaben pro Kopf der Bevölkerung. Deutschland liegt beim globalen Militarisierungsindex auf Platz 104, die Schweiz auf Platz 51. Aber Griechenland hat den 9. Rang. Wenn der Wille zum Frieden eine direkte Beziehung zur Verteidigungsbereitschaft hätte, müssten auch die Griechen einen Hang zum Hardliner haben und die Deutschen sehr viel friedlichere Menschen sein, als die Schweizer.

Mauern und Zäune schützen jüdisches Leben in Israel und Deutschland
Die „Mauer“ war zunächst ein Maschendrahtzaun mit Stacheldrahtrollen, Sensoren und Kameraüberwachung. Später kam an bestimmten Stellen eine Betonmauer hinzu. Ihr „Architekt“, ein Israeli namens Nezach Maschiach, was ins Deutsche übersetzt „Ewiger Messias“ bedeutet, erklärte in einem Telefoninterview, wie die Höhe dieser Mauer zustande kam. Bei Kalkilja wurde damals die Maut-Autobahn Nr. 6 gebaut. Im Rahmen des „Befreiungskampfes“ schossen PLO-Kämpfer aus den Fenstern ihrer Häuser auf die arabischen Bauarbeiter und töteten mehrere von ihnen. Als die Autobahn eröffnet war, wurden tödliche Schüsse auf die Autofahrer abgegeben. Daraufhin habe man berechnet, wie hoch entlang der Schnellstraße die Mauer sein müsse, damit von den Häusern der „palästinensischen“ Stadt aus nicht das obere Stockwerk eines doppelstöckigen Reisebusses getroffen werden könne. So sei man auf 8 Meter gekommen. Mit diesem Standard wurden die Mauersegmente mit einem breiten Sockel und einem kleinen Loch am oberen Ende für den Transport in Auftrag gegeben. Zu den Kuriosa der Geschichte zählt, dass „palästinensische“ Betonfirmen im Besitz des damaligen Premierministers Ahmed Qureia den Zuschlag erhielten, die Betonsegmente herzustellen. Der verdiente sich mit jener Mauer, mit der die „Palästinenser“ „eingesperrt“ werden sollten, eine „goldene Nase“, wie man so sagt.

Bei einer Pressetour haben israelische Militärs sehr anschaulich das ganze „System“ der Mauer erklärt. Wo es auf der israelischen Seite freies Gelände gibt, reichen Zaun, Stacheldraht und eine Patrouillenstraße. Dank hochauflösender Spezialkameras und elektronischer Sensoren am Zaun sehen die Militärs sofort, wo jemand eindringen will, anstatt über die Kontrollpunkte einzureisen. Da Israel nicht das Personal hat, alle paar Meter einen Wachtposten aufzustellen, kann nun ein Patrouillenfahrzeug losgeschickt werden, um den Eindringling zu verhaften. Nur dort, wo Wohnhäuser beiderseits der Linie stehen, wurde eine Mauer als physisches Hindernis errichtet. Denn wenn ein potentieller Terrorist erstmal in ein israelisches Haus eingedrungen ist, wäre es unmöglich, ihn abzufangen.

Es geht hier ausschließlich darum, Menschenleben zu retten. Genauso, wie die Mauer um die Synagoge in Bremen dem Schutz der Gemeinde dient. Besucher sind immer herzlich willkommen- allerdings erst nach den Sicherheitskontrollen. Jüdische Menschen können sich auch frei in der Stadt bewegen – allerdings nur, wenn sie Kippa und Davidstern verstecken. Das gilt für alle jüdischen Menschen, bis hin zu der jungen Mutter, die morgens mit ihrem Kleinkind zum Kindergarten fährt. Je verwundbarer ein Mensch ist, desto mehr bedarf er des Schutzes. Deshalb ist der Kindergarten der jüdischen Gemeinde in Bremen nicht nur mit meterhohen Mauern, sondern sogar mit NATO-Draht gesichert. Das hat auch hier nichts mit „absoluten Hardlinern“ zu tun oder gar damit, dass jüdische Menschen in Bremen nicht fähig wären, friedlich mit ihren Nachbarn zu leben, sondern mit vergangenen Anschlägen auf jüdisches Leben in Deutschland.

Offenbar ist auch das friedliche Deutschland, trotz seines Pazifismus und seiner vergleichsweise niedrigen Sicherheitsausgaben, nicht fähig, jüdische Kinder und ihre christlichen und muslimischen Freunde anders zu schützen, als durch hohe Mauern und bewaffnete Polizei.

Alle Versuche, dieses Problem anders als mit scharfen Sicherheitsmaßnahmen zu lösen, haben sich, um Herrn Brandt zu zitieren, „bisher als Rohrkrepierer erwiesen“. Solange es Judenhass gibt, egal in welcher Form, ob als Antijudaismus, Antisemitismus, oder als Antizionismus, wird das auch so bleiben.

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