Die offiziell bestellten Funktionäre gegen Antisemitismus sind vor allem ein Rechtfertigungs-Alibi für das Versagen der Politik  

Von Tina Adcock

Seit dem 1. Mai 2018 hat die Bundesregierung einen Beauftragten für „jüdisches
Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus“, Herrn Dr. Felix Klein. Dieser soll
sich dem Antisemitismus entgegenstellen und Präventionsstrategien entwickeln. Mit
einem teils jüdischen und teils nicht-jüdischen Expertengremium ausgestattet, soll er außerdem Anlaufstelle für die jeweiligen Gemeinden und gesellschaftlichen Organisationen sein.

Doch warum wurde überhaupt solch eine Stelle geschaffen, und wie effektiv kann dieses Gremium arbeiten und wirklich etwas bewegen? Bevor es möglich ist, diese Fragen zu beantworten, bedarf es einer grundsätzlichen Erläuterung mit welchen Spielarten des Antisemitismus es Deutschland derzeit zu tun hat, und warum schon die genaue Definition des genannten Sachverhaltes große Probleme bereitet.

(…)
Danke für…?
Von den Vertretern werden Reden auf Gedenkveranstaltungen gehalten, mit dem Hinweis, dass ein jeder helfen könne den Antisemitismus zu bekämpfen. Forderungen nach einem nationalen Gedenkfeiertag am 9. November werden laut. Danke! Möchte man fast schon schreien, danke, dass der Opfer der Schoah gedacht wird und gleichzeitig neben Appellen an die Bevölkerung doch nichts aktiv gegen den heutigen Antisemitismus getan wird. 

Reden, so schön und löblich sie auch sein mögen, schützen keine jüdischen Kinder vor Mobbing-Attacken auf dem Schulhof, stoppen keine Menschen, die Juden wegen des Tragens der Kippa mit einem Gürtel schlagen und verhindern auch nicht die Verleumdungen der Juden im Internet. Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS), welche sich mit antisemitischen Taten jeglicher Art in Berlin (und G‘tt sei Dank bald auch bundesweit) beschäftigt, stellte 527 Vorfälle allein im ersten Halbjahr 2018 fest. Wer hier nach Gegenmaßnahmen, die von den Antisemitismusbeauftragten ausgehen, sucht, wird nicht fündig werden.

Es scheint, dass in Deutschland wieder auf Lippenbekenntnisse gesetzt wird, so wie es sich bei dem sogenannten Schutz Israels um eine „Staatsräson“ handele. Doch von einem Lippenbekenntnis zum aktiven Schutz von Juden in Deutschland ist es ein weiter Weg. Vom Vorspielen einer neuen Ära der Sicherheit, vom „Sich-kümmern“ um jüdisches Leben wird der Antisemitismus nicht weniger.

Ob derzeit ein Antisemitismusbeauftragter im Amt ist, oder ob er wieder von der politischen Bühne verschwindet – das dürfte leider kaum jemand merken.

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