August 4, 2017 – 12 Av 5777
Das Land wurde nicht geschenkt

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Mühevoll sammelten die Juden Geld für den Landkauf in Palästina  

Von Tom Brenner

Es taucht immer wieder das Gerücht auf, dass das jüdische Volk 1948 das Gebiet des heutigen Israels geschenkt bekam. Doch das geht an der Wirklichkeit vorbei. Denn der erste Plan eines jüdischen Nationalfonds wurde bereits 1884 auf der Kattowitzer Konferenz von dem Mathematikprofessor Herrmann Schapira aus Heidelberg vorgelegt. Er wurde aber erst auf dem 1. Zionistenkongress 1897 in Basel der Öffentlichkeit präsentiert.

Inhaltlich beinhaltete er folgende Teile: Alle Juden der Welt sollten periodisch Beiträge zahlen, 2/3 des Etats sollte zum Bodenerwerb und 1/3 zur Erhaltung und Kultivierung verwendet werden und das Land darf vom Fonds nicht verkauft, sondern nur auf maximal 49 Jahre verpachtet werden, um Mietwucher vorzubeugen.

Der Brief an Wilhelm II.
Kurz darauf 1898 schrieb Theodor Herzl in einem Brief an den deutschen Kaiser, um von ihm Unterstützung zu erhalten: „Da ist das Land unserer Väter, das sich für eine Kolonisierung und Kultivierung eignet. Ew. Majestät haben das Land gesehen. Es schreit nach Menschen, die es bebauen sollen. Und wir haben unter unseren Brüdern ein schreckliches Proletariat. Diese Menschen schreien nach einem Lande, das sie bebauen wollen. Nun möchten wir aus den zwei Notständen – des Landes und des Volkes – durch die planvolle Verbindung beider eine neue Wohlfahrt schaffen. Für so gut halten wir diese Sache, für so wert, einer Teilnahme der Großmütigsten, daß wir Ew. Kaiserliche Majestät um Ihre hohe Hilfe zu dem Werke bitten.“ Und „Wir planen die Errichtung einer Jüdischen Landgesellschaft für Syrien und Palästina, welche große Werke in Angriff nehmen soll.“

Jedoch wurde diese Bitte vom Kaiser nicht für relevant erachtet und er schloss sich eher der Position des Osmanischen Reiches an. Somit wurde dann der Vorschlag eines jüdischen Nationalfonds endgültig auf dem 5. Zionistenkongress 1901 in Basel angenommen, mit folgendem Gründungsbeschluss von Theodor Herzl: „Der JNF ist ein für ewige Zeiten unantastbares Vermögen des jüdischen Volkes, dazu bestimmt, Land in Palästina und den Nachbarländern zu erwerben und dauernd als Volkseigentum zu bewahren.“ Und „Die Verwendung des Fonds ist in der Weise gedacht, dass die Hälfte der genannten Summe zum Landkauf verwendet werden kann, während die andere Hälfte verzinst werden muss. Weiterhin kann (muss aber nicht) immer nur die Hälfte der jeweiligen, jährlich gesammelten Nationalfondsgelder zum Landkauf verwendet werden, während die andere Hälfte und die gesamten Zinsen in solange unantastbar bleiben müssen, bis eine Kolonisation im Großen möglich ist.“

Von Wien, nach Köln, nach Den Haag, nach Jerusalem
Im Anschluss an die Annahme des Vorschlags leitete Johann Kremenetzky von Wien aus den KKL und konnte in fünf Jahren ein Guthaben von 70.000 Pfund ansammeln. 1907 wurde der KKL von Wien nach Köln verlagert, weil dort auch das zionistische Zentralbüro unter der Leitung von David Wolfsohn residierte, dem Nachfolger Theodor Herzls. In diesem Jahr wurde der KKL auch in England als Genossenschaft registriert und ihm stand ein siebengliedriges Direktorium vor. Bis 1914 war der, auf einer Generalversammlung gewählte, Vorsitzende Dr. Max Bodenheimer. Nun verbreitete sich der KKL weltweit und das Büro wurde mit Kriegsbeginn 1914 von Köln nach Haag in Holland verlegt. Dieses provisorische Komitee blieb bis 1920 erhalten, bis dann das Hauptbüro unter Menachem Ussischkin nach Jerusalem verlegt, wo es bis heute steht.

Dem KKL standen verschiedene Sammelmittel zur Verfügung, die in allen Gesellschaftsschichten und Ländern Anklang fanden. Eine bis heute erhaltene Möglichkeit waren die Sammelbüchsen. 1937 waren sie in 900.000 jüdischen Haushalten vorhanden und brachten in 30 Jahren 750.000 Pfund unter der Parole der freiwilligen Volkssteuer „Täglich 5 Pfennige“, ein. Die erste Sammlung mit diesen Büchsen fand am 29. Dezember 1901 von Theodor Herzl kurz nach der Abstimmung über den KKL statt. Es wurden auch solche Büchsen im Warschauer Ghetto gefunden. Was zeigt, dass selbst in einer solchen Lage die Hoffnung auf einen eigenen Staat nicht ausstarb.

Die nachhaltigste Spendenaktion ist die, von Prof. Otto Warburg initiierte, Schaffung des Herzl-Waldes. Diese Baumspende wurde noch im Todesjahr Herzls 1904 ins Leben gerufen. Es soll ein Denkmal für Theodor Herzl und seine Idee eines jüdischen Staates sein, an dem sich jeder mit einem Baum, zu dem eine Urkunde erstellt wurde, für sechs Mark beteiligen kann (Urkunde wird dann an Tu Bischwat ausgehändigt). Gerade Bäume sind in dieser Region wichtig für das Aufrechterhalten eines gesunden Wasserhaushaltes. Die Bepflanzung des Herzl-Waldes begann 1908 in Ben Schemen und Hulda. Am Anfang wurden nur Ölbäume gepflanzt, da sie keine Bewässerung brauchen und gut mit heißen und kalten Temperaturen zurechtkommen. Weiterhin ist die Lebenserwartung von ihnen gute drei- bis vierhundert Jahre und Oliven bzw. Olivenöl lässt sich gut weltweit verkaufen. Jedoch ist mit dem ersten Ertrag erst nach 15 Jahren zu rechnen. Also wurde ab 1912 die Bepflanzung auch auf Mandel-, Aprikosen- und Feigenbäume ausgeweitet.

Die Juden führen neue Bäume ein
Ebenso führten die Juden den Eukalyptusbaum, welcher viel Feuchtigkeit benötigt und damit Sümpfe austrocknet, nach Palästina ein, warum die Araber ihn seitdem „Judenbaum“ nennen. Diese neuen Frucht-, Nutz- und Zierhölzer schufen auch neue Arbeitsbereiche in der Verarbeitung, Verpackung und dem Versand. Anders als das Getreide war die Baumwirtschaft, bis auf das Bauholz, vollständig für den Export vorgesehen. Deshalb sollten die Arbeiter nicht einseitig vom Herzl-Wald abhängig sein. Um Armut in Zeiten eines Exportstopps vorzubeugen, errichtete der KKL 1912 den „Arbeiter-Heimstätten-Fonds“. Dieser baute Familienhäuser mit eigenem Garten zur Selbstversorgung. Auch dieses Grundstück wurden für 49 Jahre verpachtet, konnten aber als Erbpacht immer wieder verlängert werden. Die Kosten von 1.000 bis 2.000 Francs konnten innerhalb von 20 Jahren an den Fonds zurückerstattet werden. Dies war eine perfekte Grundlage, um sich niederzulassen und eine Familie zu gründen. Der Herzl-Wald schaffte auch den Übergang von den stark urbanisierten Einwanderern zur Landwirtschaft. Im Jahr 1916 konnten schon 115.000 Bäume gepflanzt werden und der Reinertrag aus dem Verkauf floss in Schulen, Museen und Bibliotheken ein. (…)

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