Zum 250. Geburtstag des Wohltäters und Onkels von Heinrich Heine  

Von Heike Linde-Lembke

„Menschenliebe ist die Krone aller Tugenden“ – das war das Lebensmotto des Hamburger Bankiers Salomon Heine. Dieses Motto steht auch auf der Medaille, die Salomon Heine von der Deutsch-Israelitischen Gemeinde in Hamburg am 10. Juni 1841 zur Grundsteinlegung des Israelitischen Krankenhauses gewidmet wurde.

So ein Grundsatz verpflichtet, an ihn hat sich das Personal des Israelitischen Krankenhauses gehalten, besonders in der dunklen Zeit der NS-Regierung, als die jüdischen Ärzte und Krankenschwestern des Krankenhauses immer mehr drangsaliert wurden bis hin zum Berufsverbot. Die Ärzte wurden zu „Jüdischen Krankenbehandlern“ degradiert und durften nur jüdische Patienten behandeln. Viele flüchteten, einige tauchten unter.

Salomon Heine wurde am 19. Oktober 1767 in Hannover geboren, und exakt 250 Jahre später feiert das heutige Israelitische Krankenhaus diesen Geburtstag seines großen Gründers. 1784 zog Salomon Heine in die Hansestadt und stieg dort zu einem der wohlhabendsten Bankiers auf. Doch er wusste um „den Zehnten“ und unterstützte die jüdischen Gemeinden in Hamburg und Altona, half jüdischen und nichtjüdischen Unternehmen und Institutionen. Er wollte auch seinen Neffen Heinrich Heine ein Auskommen in seiner Bank bieten. Doch der Dichter und Zeitkritiker zog die Dachkammer in Paris vor.

Als sich die Krankenversorgung während der französischen Besatzung zuspitzte, weil durch die Teilung der Stadt vielen Juden der Zugang zu den Arztpraxen in Altona und Wandsbek verwehrt blieb, beschloss Salomon Heine 1839 den Bau eines Krankenhauses aus eigenen Mitteln.

Bei der jetzigen Feier zu Ehren Salomon Heines enthüllten Professor Dr. Peter Layer, ärztlicher Direktor des Krankenhauses, und Nicholas Teller, stellvertretender Vorsitzender des Kuratoriums des Israelitischen Krankenhauses, eine Erinnerungstafel mit Namen, um den von den NS-Schergen entrechteten, in KZs deportierten und ermordeten Ärzten und Krankenschwestern ihre Namen zurückzugeben, die der pensionierte Internist und Gastrologe Dr. Harro Jenss erforscht hat. Die Lebenslinien der Opfer hat er in seinem Buch „Erinnerung – Biographische Skizzen“ herausgegeben, das ebenso wie das Buch „Israelitisches Krankenhaus in Hamburg – 175 Jahre“ im Verlag Hentrich & Hentrich erschienen ist. „Die Geschichte des Krankenhauses ist bewegend, und es ist ein Wunder, dass es die NS-Zeit überlebt hat und nach 1945 wieder aufgebaut wurde“, sagt Jenss.

Ein Krankenhaus für die Armen von St. Pauli
Für 80.000 Mark ließ Bankier Salomon Heine 1841 das Israelitische Krankenhaus in Hamburgs Proletarierer- und Prostituierten-Viertel St. Pauli bauen. Es stand ausdrücklich allen Patienten offen, egal, welcher Religion oder Herkunft. Es stand besonders jenen offen, die sich eine Behandlung überhaupt nicht leisten konnten, die Armen und Zurückgebliebenen, die Huren und Seemänner, die Mittellosen und Vergessenen auf St. Pauli. Die Film-Regisseure Rudolf Simon und Bertram Rotermund fanden Zeitzeugen, die sich an das Israelitische Krankenhaus erinnerten, als es noch auf St. Pauli in der damaligen Eckernförder Straße, heute Simon-von-Utrecht-Straße, stand und drehten den beeindruckenden Film „Den Nazis ein Dorn im Auge“, der ebenfalls auf der Feier gezeigt wurde. In dem Film erzählen alte St. Paulianer eindrucksvoll, dass sie als Kinder im „Juden-Krankenhaus“, wie die Klinik im Viertel umgangssprachlich hieß, stets liebevoll und kostenlos behandelt wurden, und sei es auch nur, um eine Fischgräte aus dem Hals zu ziehen.

Zu seinen Lebzeiten wurde Salomon Heine, der das Krankenhaus zu Ehren seiner verstorbenen Ehefrau Betty Heine errichten ließ, eine Anerkennung für sein Mäzenatentum durch den Hamburger Senat versagt. Das Hamburger Bürgerrecht wurde ihm nie zuerkannt – nur, weil er Jude war. Auch in die „Versammlung eines ehrbaren Kaufmanns“ wurde er nicht aufgenommen. Doch sein Geld nahmen die Hamburger gern. Salomon Heine hielt die Hansestadt beispielsweise nach dem Großen Brand 1842 mit großen Geldsummen handlungs- und zahlungsfähig. Doch bis heute ist Salomon Heine in Hamburgs öffentlichem Gedächtnis kaum präsent.

Arm, krank, jüdisch
„Salomon Heine baute ein Hospital für Menschen, die dreimal geschlagen waren: Sie waren arm, sie waren krank, sie waren Juden. Salomon Heine baute ein Obdach für die Leidenden“, sagte Dr. med. Hanno Scherf, Facharzt für Innere Medizin und Heinrich-Heine-Experte, der seine Laudatio, die er auch beim Senatsempfang zu Ehren Salomon Heines hielt, im Duktus des Dichters aufbaute und Auszüge aus Heinrich Heines autobiografischem Gedicht „Deutschland. Ein Wintermärchen“ einfügte. Scherf schloss seine Laudation mit dem Satz: „Wir wollen uns vor ihm verneigen.“

Das von Heine gestiftete Krankenhaus erwarb sich einen hervorragenden Ruf in der Stadt, vor allem im Bereich der Chirurgie. 1902 gründeten die Initiatoren ein jüdisches Schwesternheim und den Jüdischen Krankenpflegerinnen-Verein. Sie bildeten Nachwuchs aus und finanzierten sich über die Stiftung Israelitisches Schwesterheim mit Spenden. Und sie gründeten ein Pensionsfonds für die Schwestern. Doch ab 1933 demoralisierte die NS-Regierung das jüdische Krankenhaus und enteignete es 1939. In kleiner Form konnte es aber bis 1945 weiterbestehen. Die NS-Schergen zwangen die jüdischen Ärzte sogar, die „Deportationsfähigkeit“ der Hamburger Juden zu untersuchen.

Komplett zu lesen in der Druck- oder Onlineausgabe der Zeitung. Sie können die Zeitung „Jüdische Rundschau“ hier für 39 Euro im Papierform abonnieren oder hier ein Onlinezugang zu den 12 Ausgaben für 33 Euro kaufen.


Sie können auch diesen Artikel komplett lesen, wenn Sie die aktuelle Ausgabe der "Jüdischen Rundschau" hier online mit der Lieferung direkt an Sie per Post bestellen oder jetzt online für 3 Euro statt 3,70 Euro am Kiosk kaufen.

Brief an die Redaktion schreiben

Soziale Netzwerke