Dezember 7, 2018 – 29 Kislev 5779
Das Flugzeug als Kriegsschauplatz

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Vor 50 Jahren begann der arabische Terror gegen die israelische Luftfahrt 

Von Efraim Ganor

Arabisch-islamistischer Terror in Israel und auch außerhalb des Landes ist seit vielen Jahrzehnten im israelischen Alltag präsent. Entstanden nach dem Sechstagekrieg 1967, spielte er zu dieser Zeit eine besonders große Rolle: Dieser Krieg gab den arabischen Staaten wie auch den „Palästinensern“ deutlich zu verstehen, dass Israel in einem Feldzug nicht zu besiegen wäre, sodass als einziger Weg der Terror blieb – sei es direkt mörderisch oder für den Geist der Israelis und für die israelische Wirtschaft zermürbend, diskriminierend, erniedrigend.

Die israelischen Passagierflugzeuge wurden für arabische Terroristen zum Objekt der Begierde. Die erste Terrorattacke solcher Art führte am 22. Juli 1968, ein Jahr nach dem Sechstagekrieg, die „Volksfront zur Befreiung Palästinas“ (PFLP) durch.
„Palästinensische“ Terroristen brachten das Flugzeug der Fluglinie EL Al auf dem Weg von Rom nach Tel Aviv in ihre Gewalt und zwangen die Piloten zu einer Landung in Algerien.

Flughafen Athen
26. Dezember 1968: Am Athener Flughafen konnte eine Terrorgruppe auf den Flugplatz gelangen und beschoss mit Maschinenpistolen einen EL AL-Linienflug. Glücklicherweise befanden sich dort zu der Zeit weder Besatzung noch Passagiere. Ein israelischer Techniker, der die Wartung der Maschine vor dem Abflug vornahm, wurde jedoch dabei getötet.

Das war ein Alarmzeichen für die israelischen Sicherheitsdienste: Es wurde deutlich, das arabischer Terror über die Grenzen Israels hinausgeht und seine empfindlichsten Stellen trifft – genau dort nämlich, wo die besagten Dienste die Situation nicht völlig unter Kontrolle halten können. So wurde beim israelischen Inlandsgeheimdienst Schin Bet und dem Mossad (Auslandsgeheimdienst) eine Sonderabteilung gegründet, deren Aufgabe es war, dafür zu sorgen, dass sich der Athener Vorfall nicht wiederholt.

Die einzige erfolgreiche EL AL-Entführung
Dabei hatte die Terror-Serie schon begonnen: Am 22. Juli 1968 stiegen drei Mitglieder der „Volksfront zur Befreiung Palästinas“ (PFLP) in Rom zusammen mit anderen Passagieren in einen EL AL-Linienflug ein. Auf dem Weg nach Tel Aviv konnten sie ins Cockpit gelangen und eine Landung in Algerien erzwingen. Nach fünf Tagen zermürbender Verhandlungen wurden Frauen, Kinder und ausländische Staatsbürger aus dem Flugzeug freigelassen. Im Gegenzug haben die Terroristen die Freilassung der 15 in israelischen Gefängnissen inhaftierten Kameraden erpresst. Weitere 39 Tage verblieben alle männlichen Passagiere sowie die Besatzung als Geisel an Bord, bis Israel einverstanden war, noch eine Gruppe Terroristen aus der Haft zu entlassen.

Israelische Sicherheitsdienste mussten mit großer Sorge feststellen, dass diese Flugzeugentführung – die erste in der Luftfahrtgeschichte des Landes – für die Terroristen nicht nur erfolgreich war, sondern auch minutiös durchorganisiert war. Der Schock war umso größer, als dass man sich der Wahrscheinlichkeit einer solchen Terrorattacke bewusst war; irgendwelche nennenswerten Sicherheitsvorkehrungen wurden jedoch nicht unternommen.

Piloten mit Kampfausbildung
Dafür zog man aus diesem Vorfall nun endlich Konsequenzen: Eine besondere Abteilung, aus Mitarbeitern des Schin Bet und der EL AL, wurde ins Leben gerufen. Die neuen Kräfte wurden von Schin Bet instruiert und ausgebildet, sie erhielten Waffen und spezielle Technik, die man an Bord effektiv nutzen konnte. Unmittelbar nach dem ersten Lehrgang begleiteten die Wachleute (seinerzeit Elitesoldaten der IDF) zu zweit jeden EL AL-Flug. Kein Fluggast an Bord wusste, dass sich im Handgepäck dieser „Passagiere“ nicht Geschenke oder Hygieneartikel befanden, sondern Uzi-Maschinenpistolen.
Bald verkündeten die Medien in aller Welt, dass die israelische nationale Fluglinie ab sofort von jeder Terrorattacke vollkommen sicher sei. Die logische Folge dessen war, dass viele es vorzogen, mit EL AL zu fliegen, wodurch das Unternehmen viel Gewinn machte.

Der Terror ging allerdings weiter. Die Islamisten begriffen, dass die Entführung einer bereits fliegenden Maschine nahezu unmöglich geworden war; die neue Taktik hieß: Man muss den Flieger direkt am Flughafen unter seine Kontrolle bringen oder ihn während der Landung beziehungsweise beim Abheben attackieren.

Zürich
Im Februar 1970 beschossen vier Terroristen am Züricher Flughafen Kloten eine EL AL-Maschine, die sich vor dem Abflug in Bewegung setzte. Sofort reagierte ein Sicherheitsmann, der Israeli Mordechai Rachamim: Er zerbrach das Flugzeugfenster und erwiderte das Feuer. Daraufhin rannten die Terroristen weg, Rachamim sprang aus dem Flugzeug und verfolgte sie. Es gelang ihm, einen von ihnen zu erschießen, zu den anderen Dreien eilten auch schon Schweizer Polizisten und überwältigten sie. Leider wurde beim Beschuss einer der Piloten, Yoram Peres, schwer verletzt; sein Leben konnte man nicht mehr retten. Mordechai Rachamim wurde zum Nationalhelden – zurecht, denn er riskierte sein Leben und konnte eine größere Tragödie abwenden. Er wurde jedoch von der Schweizer Polizei verhaftet – dafür, dass er die Gesetze des Landes missachtete: Waffen einsetzte und einen Menschen erschoss.

Während der Ermittlungen gab Rachamim zu, den israelischen Sicherheitsdiensten anzugehören. Bei der Gerichtsverhandlung zitierte er eine Strophe aus dem Tanach, die frei übersetzt heißt: „Töte zuerst denjenigen, der kommt, um dich zu töten.“ Davon nicht sonderlich beeindruckt, beschuldigten ihn die Richter der „Tötung unter mildernden Umständen“. Rachamim verbrachte 10 Monate im Gefängnis, bevor er nur dank der Bemühungen Israels freikam und in die Heimat zurückkehren konnte. Später wurde er Personenschützer Golda Me‘irs.
Die drei von der Schweizer Polizei verhafteten Terroristen – palästinensische Araber aus Judäa und Samaria, Mitglieder der „Volksfront zur Befreiung Palästinas“ – bekamen je 12 Jahre Haft.

Diese misslungene Aktion zwang „palästinensische“ Terrororganisationen erneut ihre Taktik zu ändern. Sie sahen, dass es sich als äußert schwierig erwies, israelische Flugzeuge zu attackieren; so wurde die Aufmerksamkeit auf ausländische Fluglinien gerichtet, mit denen Israelis flogen.

Sabena-Maschine 1972 in Tel Aviv
Am 8. Mai 1972 brachte eine Gruppe von Fatah-Mitgliedern eine Boeing-707 der belgischen Fluglinie Sabena auf dem Weg von Brüssel nach Tel Aviv in ihre Gewalt. Als am Abend die Maschine mit den Terroristen an Bord am Ben-Gurion-Flughafen landete, wurde sie sofort von Elitesoldaten der Spezialeinheit umstellt. Sie ließen die Luft aus den Reifen und der Treibstoff wurde abgelassen, damit ein Weiterflug unmöglich wurde.
Israelische Unterhändler begannen den Dialog mit den Terroristen; diese Verhandlungen leitete der damalige Verteidigungsminister Mosche Dajan.

Die Forderungen der Araber blieben gleich: Sofortige Freilassung der inhaftierten 317 arabischen Terroristen aus israelischen Gefängnissen ; die Namen, zusammengefasst in einer Liste, gingen an die Unterhändler. Sollten diese Forderungen nicht erfüllt werden, würde die Maschine samt aller Insassen in die Luft gesprengt.

Während der Verhandlungen wurde eine Befreiungsaktion akribisch vorbereitet. Ehud Baraks Stabseinheit trat, alle in weißen Overalls – wie technisches Flughafenpersonal – gekleidet, an das Flugzeug heran. Gemäß dem Plan handelten die Sicherheitsmänner schnell und präzise: Sie öffneten die Türen der Maschine und neutralisierten die Terroristen in wenigen Augenblicken und befreiten die erschöpften Geiseln, die noch nicht einmal verstanden hatten, was da eigentlich geschah. Während des kurzen Kampfes wurden zwei Terroristen erschossen und zwei weitere festgenommen. Drei Passagiere wurden verletzt, leider erlag einer von ihnen später seinen Verletzungen. Und dennoch: Diese Operation kann als hohe Leistung bezeichnet werden, wenn man den engen Raum des Flugzeug-Inneren berücksichtigt.
Ein interessantes Detail: An dieser Operation nahm damals der noch ganz junge Soldat der Spezialeinheit Benjamin Netanjahu teil.
Noch interessanter war die Reaktion der Medien in aller Welt: Diese Operation wurde unisono als die „dreisteste von allen, welche jemals auf diesem Planeten durchgeführt wurde“, bezeichnet.

30. Mai 1972: Japaner erschießen Israelis
Es war dennoch zu erwarten, dass auch dieses Unglück die militanten „Palästinenser“ nicht stoppen würde. Drei Wochen später unternahmen sie erneut eine, für Israel sehr schmerzhafte Aktion, in die auch Mitglieder der Terrororganisation „Japanische Rote Armee“ einbezogen wurden: Gelandet in Paris mit einer Air France-Maschine, gingen drei Terroristen durch die Passkontrolle und dann zur Gepäckausgabe. Sie holten ihre Koffer vom Band, nahmen die Kalaschnikows heraus und eröffneten auf dutzende Passagiere im Saal das Feuer. Bevor es den Sicherheitskräften gelang, zwei von ihnen zu erschießen und den Dritten festzunehmen, richteten sie ein Blutbad an: 26 Menschen wurden ermordet und über 70 verletzt. Einer der Ermordeten war der weltberühmte israelische Wissenschaftler Prof. Aaron Katzir, Bruder des zukünftigen israelischen Präsidenten Ephraim Katzir.

Entebbe
Vier Jahre später ereignete sich erneut eine Flugzeugentführung, durchgeführt von zwei Terroristen der „Volksfront zur Befreiung Palästinas“ (27. Juni 1976, diesmal in Kooperation mit zwei deutschen „linken“ Terroristen – Wilfried Böse und Brigitte Kuhlmann, - Anm. d. Übers.); es war ein Air France-Flug, der von Tel Aviv über Athen nach Paris fliegen sollte. Die Terroristen stiegen während des Zwischenstopps in Athen ein, mit Waffen und Sprengstoff im Handgepäck, besetzten das Cockpit und zwangen die Piloten, das Flugzeug nach Libyen umzuleiten. Seitens des libyschen Staates wurde die Landung jedoch offiziell abgelehnt, um Probleme mit Israel zu vermeiden. Nach mehrstündigem Warten und weiterer Flugzeit landete die Maschine in Ugandas Hauptstadt Entebbe. (Diese Flugzeugentführung und ihre Auswirkungen insbesondere auf die Politik der Bundesrepublik Deutschland wurden in der deutschen wie internationalen Presse oft thematisiert; dem Leser sind sicherlich auch mehrere Spiel- wie Dokumentarfilme über dieses Ereignis bekannt, - Anm. d. Übers.).

Zur Erinnerung:
Im Zuge der in jeder Hinsicht beispiellosen Aktion der israelischen Eliteeinheit, unterstützt von Mossad-Mitarbeitern, wurden die Geiseln befreit und nach Israel ausgeflogen. Das einzige Todesopfer der Einsatztruppe war Oberstleutnant Joni Netanjahu, der Bruder des jetzigen Ministerpräsidenten.

Übersetzung aus dem Russischen von Irina Korotkina

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