Juli 7, 2016 – 1 Tammuz 5776
Das doppelte Spiel der Briten

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Ein britischer Offizier führte 1948 die Araber gegen die Juden in den Kampf  

Von Monty Aviel Ott

Wer gegen Israel agitiert, bezeichnet den Zionismus meist als neuen Kolonialismus oder Imperialismus. Dabei ist das zionistische ein antikolonialistisches Projekt – nicht umsonst bekämpften paramilitärische jüdische Gruppierungen im Mandatsgebiet die britische Kolonialmacht. Von der Seite britischer Politik reagierte man mit drastischen Mitteln, wie unter anderem dem Weißbuch. Es ist ein weitverbreiteter Gedanke, dass die letzten britischen Soldaten das Mandatsgebiet vor 1948 verließen, um die Juden ihrem Schicksal zu überlassen und sich ansonsten weitestgehend „neutral“ verhielten, doch dies ist ein Irrglaube.

Im Unabhängigkeitskrieg konnte sich der junge jüdische Staat gegen diverse angreifende Armeen verteidigen. Man stand immer wieder kurz vor der Vernichtung und nicht nur die Briten rechneten damit, dass die Juden in kürzester Zeit ins Meer getrieben würden. Doch das Gegenteil wurde Realität. Ganz getreu Ben-Gurions Ausspruch „Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist“, schafften die jüdischen Streitkräfte die Sensation. Aber ein Gros von dem, was heute das israelische Staatsgebiet bildet, wurde erst während des Sechstagekrieges befreit. Darunter auch das sogenannte „Westjordanland“, Judäa und Samaria, sowie die Altstadt mit dem Tempelberg. Diese Gebiete waren bis zu diesem Zeitpunkt von Jordanien annektiert.

Die Briten waren es, die maßgeblich zum Erfolg der jordanischen Truppen gegenüber Israel in dessen Unabhängigkeitskrieg beigetragen hatten. Einen, der besonders dabei hervorstach, nannte man Glubb Pascha, dessen bürgerlicher Name Sir John Gabot Glubb war. Dieser britische Offizier machte in einer Legion Karriere, die die zwiespältige Rolle der Briten in dieser Zeit wiederspiegelt. Einerseits versprach man eine „jüdische Heimstatt im Mandatsgebiet Palästina“, andererseits bekämpften britische Offiziere den jungen Judenstaates. Das taten sie beispielsweise als Angehöriger der „Arabischen Legion“, die dem jordanischen König unterstand. Das haschemitische Königreich war der dritte Souverän, der die Kontrolle über diese Region im 20. Jahrhundert innehatte. Die Briten hatten das Mandatsgebiet im Ersten Weltkrieg erobert und damit das Osmanisch-Türkische Reich verdrängt. Infolgedessen machten sich Politiker des Empires und der Grande Nation im sogenannten Sykes-Picot-Abkommen an eine Neuordnung des Nahen Ostens. Dieser künstlichen Grenzziehung entspringen heute noch diverse Konflikte. Etliche jordanische Stämme hatten sich zwischen 1916 und 1918 am Araberaufstand gegen die Osmanen (=Türken) beteiligt. Während sie sich dem in Damaskus durch Emir Faisal begründeten Königreich Syrien anschließen wollten, setzte das Empire seinen Kolonialanspruch durch. Auf der Konferenz von San Remo erreichten sie im Jahr 1920 die Angliederung Jordaniens an das Mandatsgebiet Palästina. Im Zuge der kolonialen Bestrebungen Großbritanniens, wurde ein unter britischem Protektorat stehendes Emirat Transjordanien mit Abdallah ibn Husain I., einem haschemitischen Herrscher, als Oberhaupt begründet. Im Zweiten Weltkrieg kämpften arabische Kontingente, innerhalb der bereits erwähnten Arabischen Legion, an der Seite der Briten gegen die Deutschen. Auch dieser Einsatz begünstigte das Erlöschen des britischen Mandates am 25. Mai 1946, womit Transjordanien seine volle Unabhängigkeit erhielt – Abdallah I. wurde König. Diese Arabische Legion, die im Arabischen als „Al-dschaisch al-’arabī“ (arabische Armee) bezeichnet wird, war ein gänzlich britisches Projekt. Sie wurde 1921 unter Lieutenant Colonel Frederick Gerard Peake als eine Polizeieinheit ins Leben gerufen und sollte der Durchsetzung der zentralisierten staatlichen Ordnung dienen. Die Arabische Bezeichnung bezieht sich auf den arabischen Aufstand und verdeutlicht damit die Rolle, die diese Einheit im Konflikt um das Mandatsgebiet Palästina gespielt hat. Viele Legionäre hatten auch vor ihrem Eintritt in die Legion in diesem Aufstand gegen Juden und Briten gekämpft.

Die Legion hatte die Aufgabe in den dünn besiedelten und ökonomisch unterentwickelten Landstrichen Transjordanien die tribalen Rechtsstrukturen zu durchbrechen. Aus der Perspektive des Empires suchte man einen günstigeren Weg, als ein eigenes Bataillon zu entsenden. So wurde Einheimische rekrutiert, um die Kosten für die Besetzung zu senken. Als Transjordanien formell in seine Unabhängigkeit entlassen wird, stellt Abdullah ein Hilfeersuchen bei der Kolonialmacht, welche daraufhin diesen Verband ausbaut. In den folgenden Jahren bekämpfen die Truppen hauptsächlich die saudischen Ichwan, welche den Versuch unternommen hatten Amman zu erobern. Im Jahr 1924 folgt dann der erste Eklat, als eine unbestimmte Anzahl an Offizieren entlassen wird, weil sie sich angeblich gegen die Kolonialmacht und die jordanische Monarchie verschworen. (…)

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