Dezember 7, 2018 – 29 Kislev 5779
Orthodoxe jüdische Soldaten in der IDF

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Von den Problemen und Chancen gläubiger Soldaten, die immer häufiger Mitglied der Zahal werden 

Von Tina Adcock

Religion und Armee sind zwei Institutionen, die Menschen meist auf den ersten Blick nicht miteinander verbunden sehen. Jedoch ist der Einfluss von Religion auf den Dienst des einzelnen Soldaten und die Armee als Körperschaft an sich nicht zu unterschätzen. Religion kann zu Krieg und Frieden führen und selbst das Verhalten von Soldaten in bestimmten Situationen und Gegebenheiten verändern.

Die israelische Armee „Israel Defence Force“ (IDF) ist vor allem in diesem Fall ein interessantes Forschungsgebiet, da sie nicht nur eine spezielle Rolle in der israelischen Gesellschaft einnimmt, sondern schon seit ihrer Gründung eine multireligiöse Armee darstellt. Unter anderem dienen Christen, Drusen und Muslime in der IDF. Sie bilden zwar die Minderheit neben den jüdischen Soldaten, aber dennoch sind sie ein wichtiger integraler Teil der Armee. Besonders während ihrer Gründungsjahre übernahm die IDF nicht nur eine Schutzfunktion, sondern wirkte auch als eine Art „Integrationsbecken“ für neue Immigranten aus Europa, Afrika und dem Nahen Osten. Somit formte die IDF die israelische Gesellschaft und den physischen sowie sozialen Charakter des gesamten Staates. Solch eine Rolle ist nahezu einzigartig in der Geschichte. In meiner Bachelorarbeit untersuchte ich deshalb folgende Fragen und konzentrierte mich ob des Umfangs des Themas im Speziellen auf jüdische religiöse Soldaten:

a) Was sind die religiösen Überzeugungen, die für den Armeedienst sprechen, und was geschieht, wenn die Bedürfnisse des jeweiligen Soldaten unmöglich gemacht werden durch spezielle Situationen wie die Zusammenarbeit mit Frauen und säkularen Soldaten während besonderer Einsätze?
b) Gibt es spezielle Programme und Einheiten für religiöse Soldaten – und wenn ja, was beinhalten sie?
c) Welche Entwicklungen ergeben sich für die IDF aus dem Einfluss, der Dynamik und den Problemen, die jüdische religiöse Soldaten eventuell mit sich bringen?

Die Vorgänger der IDF
Die IDF entstand mit der politischen Idee des Zionismus, jedoch durchlief sie einige Stadien verschiedener physischer Veränderungen und Namen in der Zeit vor der Staatsgründung Israels. Zwei der herausragendsten Organisationen bildeten die „Bar Giora“ (nach Shim’on Bar Giora, dem Kopf der Revolution gegen die Römer im Jahr 66-73 n.d.Z.) und die „Hashomer“ (Die Wächter) die das Bild des „Neuen Juden“ verkörperten und fördern wollten, welcher stark und furchtlos sein und die nationalen Interessen nicht nur durch das Wort, sondern auch mit dem Schwert verteidigen sollte. Aus beiden Vorläufern entstand schließlich die Hagana (Die Verteidigung), welche der direkte Vorläufer der IDF (1948) werden sollte.

Die Aufgaben des Militärrabbinats
Neben den traditionell gemischten Einheiten existieren verschiedene Programme, die religiöse Soldaten durchlaufen können. Diese Programme sollen den Militärdienst in Kombination mit dem Einhalten von religiösen Ge- und Verboten sowie ein paralleles Thora-Studium ermöglichen. Während des gesamten Armeedienstes gibt es die ständige Möglichkeit die eigens von der IDF geschaffene Einheit, das Militär-Rabbinat, zu konsultieren. Sie nimmt die höchste religiöse Position innerhalb der israelischen Armee ein und hat zahlreiche Aufgabengebiete. Sie berät die IDF in allen religiösen Fragen und hat in jeder Einheit einen Vertreter. Ebenfalls stellt sie sicher, dass die Teilnahme an religiösen Veranstaltungen wie dem Besuch der Synagogen an bestimmte Tagen und Feiertagen möglich ist, dass am Schabbat keine Arbeit verrichtet wird, und die Küchen koscher sind.

Das „National Service Law“ (1949) schuf zum ersten Mal einen Gesetzeskatalog bezüglich der Regelung von Einberufung und dem Reservedienst. Juden, welche keine gravierenden körperlichen Gebrechen aufweisen, müssen in der Armee ab dem Alter von 18 Jahren dienen. Männer für 3, und Frauen für 2 Jahre insgesamt. Die Wehrpflicht gilt hierbei nur für Juden, welche 97 Prozent der IDF ausmachen, und nicht für Drusen, Christen, Beduinen, Muslime etc. Die einzige Ausnahme gilt für ultra-orthodoxe Jeschiwa-Studenten (Haredi), welche ihren Dienst für die Zeit ihres Studiums verschieben können. In die Unabhängigkeitserklärung Israels von 1948 wurde unter anderem die Freiheit von Religion und Gleichheit vor dem Gesetz als Fundament des Jüdischen Staates mit aufgenommen. Trotzdem gab es seit Beginn der Staatsgründung Spannungen zwischen Zionisten und den religiösen Parteien. Während des Unabhängigkeitskrieges verlangten die Rabbiner eine separate Einheit für religiöse Soldaten. Ben-Gurion jedoch lehnte diese Forderung strikt ab, da er keinen Grund dafür sah und vielmehr fürchtete, dass solch eine Trennung die Idee der „Volksarmee“ zerstören könnte, in der Juden – egal welcher Herkunft oder welchen Hintergrundes – eine Einheit werden sollten.

National-religiös und ultra-orthodox
Schaut man auf die religiösen Begründungen für die Notwendigkeit eines Militärdienstes, so muss man vorerst einen Unterschied zwischen religiösen und ultra-orthodoxen Juden machen. Letztgenannte machen einen Bevölkerungsanteil von insgesamt 8-10 % aus, und die große Mehrheit sieht ihre Bestimmung im Thora-Studium, welche durch nichts gestört werden darf. Wie bereits erwähnt, können sie eine Befreiung vom Militärdienst bekommen. Eine andere Gruppe bilden die religiösen Zionisten mit einem Bevölkerungsanteil von 12-15 %. Trotz ihrer Verbundenheit mit dem traditionellen Judentum sehen sie den Militärdienst, anders als ihre ultra-orthodoxen Glaubensbrüder, als Mitzvah. Die Geburt des modernen jüdischen Staates ist ihrer Ansicht nach ein göttliches Zeichen und bedeutete daher, dass die Verteidigung Israels Gottes Wille ist, da es die Verteidigung seines Werkes darstellt. Trotzdem ist es für sie unabdingbar, dass die IDF jegliche religiösen Bedürfnisse befriedigen muss. (…)

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