Von Ramiro Fulano

Alles in allem ist der Bauernaufstand in ihrem Vorgarten (a.k.a. Landtagswahlen Mecklenburg-Vorpommern) für die deutsche Kanzlerin doch sehr glimpflich verlaufen: die deutsche Sozialdemokratie freut sich im Glanz der Fernsehscheinwerfer über eine Drei als erste Ziffer und sieht sich in ihrer Funktion als Mehrheitsbeschaffer des Kanzlerwahlvereins bestätigt. Die AfD freut sich, von null auf über 20% gekommen zu sein und zweitstärkste Fraktion im Schweriner Landtag zu werden. Nur bei der CDU ist mal wieder Trübsal blasen angesagt: 19% - ein Wahlergebnis mit Discounter-Anmutung. Dass NPD, FDP und Grüne an der 5%-Schwelle scheitern, machen das Wahlergebnis recht erfreulich.

Kurz nach dem Touch-Down auf einem funktionierenden Hauptstadtflughafen werden Frau Dr. Merkel lange Gesichter im Konrad-Adenauer-Haus begrüßen. Horst Seehofer wird etwas rumpoltern und sich in seinen politischen Ansichten und Forderungen bestätigt sehen (wahrscheinlich zu recht). Julia Klöckner und Ursel aus dem Ei werden versuchen, ihrer Mutti Mut zu machen („85% für unsere Politik“ etc., oder eben 80%). Und die Merkel-Männchen werden den Schwanz einklemmen und sich fügen – was bleibt ihnen anderes übrig? Reine Zeitverschwendung, diese Sitzung, wird Frau Dr. Merkel sich denken. „Ich kann doch trotz ein paar renitent gewordener Eingeborener in Mac Pomm ab 2017 wieder Kanzlerin werden, oder etwa nicht?“ Und Herr Caffier bekommt einen Blumenstrauß, weil er seinen Job nicht verliert – scheitern muss sich wieder lohnen, nicht wahr?

Als sich das Desaster für die CDU gestern Abend in seiner ganzen Pracht entfaltete, sprang bereits in einer ersten Stellungnahme jemand in Schwerin vor die laufenden Kameras und versuchte, die richtigen Geräusche zu machen: bla bla Angst-Kampagne, bla bla Sorgen zerstreuen, bla bla Mut machen. Lieber Herr Dingsbums von der CDU (Ihren Namen konnte ich mir nicht merken): von therapeutischen Dienstleistungen lebt eine ganze Branche und das ist nicht die Politik. Wenn Sie „Sorgen zerstreuen“ und „Mut machen“ möchten, sollten Sie eine Fortbildungsmaßnahme vom Arbeitsamt beantragen. Danach könnten Sie in die Bachblüten-Therapie gehen oder eine Wellness-Oase eröffnen. Dort können sie „Sorgen zerstreuen“ und „Mut machen“. Politik hingegen ist die Kunst des Möglichen (oder auch Machbaren) und mein Anspruch an eine politische Partei ist, dass sie konkrete Lösungen für Probleme erarbeiten und umsetzen kann. Therapeutische Eingriffe in politische Wahrnehmungen hingegen sollten das Aufgabengebiet des deutschen Staatsfunks und der „Qualitätsmedien“ bleiben.

Während die CDU ihre Zukunft also dank freiwillig-unfreiwilliger Handlungsunfähigkeit im Brainwashing sieht, wird bei der SPD bereits mit der Spendenbüchse geklappert. Vize-Kanzler Siggi führte sich im Willy-Brand-Gehäuse wie der Mops im Paletot auf (und sah auch aus, braungebrutzelt nach sechs Wochen Sommerurlaub). Das dicke Gabi freute sich über seine Drei vorm Komma (wie beim Abi von der IGS) und direkt neben dem sozialdemokratischen Rollbraten präsentierte sich jener Teller realsozialistischer Rohkost, der in Berlin demnächst zum Regierenden Bürgermeister gewählt werden möchte (aber das tut jetzt nichts zur Sache). Sigmar Gabriel reduzierte die Wahlanalyse schnell auf die einzige und wichtigste politische Vokabel, die der deutschen Sozialdemokratie seit Jahr und Tag zu jeder sich bietenden Gelegenheit einfällt: „Sozial-Pakt!“.

Vom „Sozial-Pakt!“ – ein anderes Wort für Steuererhöhungen – verspricht Herr Gabriel sich mehr Erfolg im Kampf gegen „Rechtspopulismus!“. Denn siehe: Den Menschen geht es trotz hoher Steuern und Sozialabgaben noch immer viel zu gut in diesem, unserem Land. Bei den Berufstätigen bleibt immer noch viel zu viel zum Leben übrig und diese Leute kommen auf dumme Gedanken! Dafür müssen sie bestraft werden, nicht wahr, Herr Gabriel? Also: „Sozialpakt!“ – zack-zack! Mehrwertsteuer 22%, Spitzensteuersatz 50%, Soli 10%. Das ist Sozialdemokratie auf Höhe des Zeitgeists. Und erst wenn der dümmste deutsche Sozialdemokrat kapiert, dass Vater Staat ihm nichts geben kann, was er ihm nicht vorher weggenommen hat, wird sich daran etwas ändern. Solange bleibt es beim „Sozialpakt!“, der Dummheit und Faulheit belohnt und Fleiß und Intelligenz bestraft – mir freundlicher Empfehlung der deutschen Sozis.

Bei den „Alternativen“ war die Stimmung super (natürlich nicht bei den Grünen, die zusammen mit NPD und FDP da landeten, wo sie hingehören: in der politischen Wüste). Aber was nützt es, solange die sozialistische Einheitsmeinung die Hofberichterstattung bestimmt. Die Gleichschaltung der Medienlandschaft ist inzwischen so absolut und unausweichlich, dass nur noch in Nischen jener intellektuelle Wildwuchs grassiert, der die Freiheit des Gedankens einmal definierte. Der Rest ist politischer Safe-Space: ein Schonraum, den Vater Staat für Leute organisiert, die auch im mittleren Alter noch wie Kinder behandelt werden möchten. Dass aber Gesellschaften, in denen eine autoritär durchgesetzte Einheitsmeinung regiert, nicht gerade zu den sozialen und ökonomischen Erfolgsmodellen zählen, ist eine Einsicht, die es in Germany noch immer recht schwer hat. Schließlich ist das individuelle Denken in Germany keine Grundbedingung der Menschheit (wie etwa im common-law) sondern nur ein Recht, dass der Staat seinen Untertanen gönnerhaft einräumen und jederzeit entziehen kann. Für letzteres sorgen Leute wie Annetta Kahane und Möchtegern-Diktator Maas.

In einer funktionierenden Demokratie ist die Stärke der Opposition immer auch die Schwäche der Regierung. Doch mit dieser aufgeklärten und liberalen Haltung tat sich die herrschende Kaste in Deutschland immer schon schwer. Gerade die uffjeklärten und linksalternativen Milieus versprechen sich am meisten von autoritären Auftritten auf dem freien Markt der Ansichten und Meinungen. Kein Wunder, denn selbstverständlich haben diese selbsternannten „politischen“ (sprich: wahnhaften) Eliten am meisten zu verlieren. Denn wenn die Fakten sich ändern, ändern vernünftige Leute in der Regel auch ihre Meinung. Was nun den Erfolg der AfD garantiert hat, war sicherlich die Ansicht, dass wir unsere Welt nicht „nur von den ‚Refugees‘ geliehen“ haben, sondern dass das Leben immer noch jedem selbst gehört.

Wenn auch Ihre Existenz davon abhinge, die einzige verbleibende Oppositions-Partei zu verteufeln, lächerlich zu machen und durch den Kakao zu ziehen, dann würden Sie das doch tun, liebe Leserinnen und Leser - oder etwa nicht? Ich denke, man muss Rücksicht nehmen auf die Watte, die die meisten linksalternativen Riesenbabys und autoritären Staats-Drohnen im Kopf haben. In den tätlichen Angriffen der geradezu orwellianisch benannten „Anti“-Faschisten (z.B. auf Professor Meuthen während des niedersächsischen Kommunalwahlkampfes in Hittfeld) offenbart sich der herrschende Zeitgeist in seiner ganzen Brisanz: Wenn man den Umgang mit politisch Andersdenkenden betrachtet, den gerade die deutsche Linke pflegt, muss man sich schon fragen, ob nationaler und internationaler Sozialismus nicht doch zwei Backen vom selben Arsch sind.

PS: Die Links-Partei war auch angetreten, spielt aber irgendwie keine Rolle mehr.

(Mit freundlicher Genehmigung von „Haolam“)

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