Mai 4, 2018 – 19 Iyyar 5778
Land für keinen Frieden

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Israels freiwillige Landgaben seit 1982: Sinai, Gaza, Süd-Libanon, Judäa und Samaria 

Von Dr. Nikoline Hansen

Israel ist ein Phänomen: es misst an der längsten Stelle 470 Kilometer, an der breitesten 135 Kilometer und entspricht mit einer Fläche von gerade einmal 22.145 Quadratkilometern in der Größe etwa dem deutschen Bundesstaat Hessen. Bemerkenswert ist, dass es an seiner schmalsten Stelle heute nur 50 Kilometer breit ist – woran sich bereits die Problematik zeigt, die Israel von Anbeginn immer wieder zu schaffen gemacht hat: die militärische Verteidigung der Landesgrenze. Auf der Höhe von Tel Aviv war das Land ursprünglich sogar nur 15 Kilometer breit. Das war die Ausgangssituation vor 1967, als das Land mit der Verabschiedung der Resolution 181 durch die UNO-Vollversammlung geteilt und die Grundlage zur Gründung eines jüdischen Staates geschaffen wurde.

Am 14. Mai 1948 wurde er ausgerufen, am 15. Mai erklärten die arabischen Nachbarstaaten den Krieg. Auch wenn sie ihn nicht gewinnen haben: Die Verteidigungssituation Israels blieb mit der „Wespentaille“ von 15 Kilometern und Anhöhen, die einen feindlichen Beschuss weit ins israelische Kernland hinein ermöglichten, prekär.

Diese Situation änderte sich erst nach dem 6-Tage-Krieg von 1967, als es der israelischen Armee gelang, sich gegen die erneuten Aggressionen der Nachbarstaaten mit einem Präventivschlag erfolgreich zur Wehr zu setzen: Zwischen dem 5. und 11. Juni 1967 eroberten die israelischen Streitkräfte den restlichen Teil des ehemals britischen Mandatsgebiets Palästina: Judäa und Samaria (auch „Westjordanland“ genannt), Gaza, die Golanhöhen und sogar die Sinai-Halbinsel, die größer als Israel selbst ist!

Erst die israelische Kontrolle gewährleistet den Zugang aller zu ihren heiligen Stätten
Was in vielen deutschen Schulbüchern nicht steht: Vor 1967 hatten die Israelis keinen Zugang zu Ostjerusalem, und damit auch nicht zur sogenannten Klagemauer, den Resten des 70 n.d.Z. von den Römern zerstörten Tempels. Heute ist es ein gewohntes Bild, dass Juden aus aller Welt wieder an der Westmauer beten und feiern.

Nach der erfolgreichen Landnahme im Juni 1967 wurde insbesondere der Umgang mit Gebieten im Westjordanland sehr kontrovers diskutiert, zumal die UN in ihrer Resolution 242 vom 22. November 1967 einerseits zwar betonte, dass jeder Staat das Recht habe „innerhalb sicherer und anerkannter Grenzen frei von Drohungen und Akten der Gewalt in Frieden zu leben“, andererseits aber Israel zum Rückzug „aus besetzten Gebieten“ aufforderte. Das Problem des israelischen Staates war es, dass es vorrangig seine Grenzen sichern und die Zivilbevölkerung vor Angriffen schützen musste, weshalb ein kompromissloser Rückzug aus den eroberten Gebieten nicht in Betracht kam. So entstand das, was wir heute als „Siedlungspolitik“ kennen – ein Zustand, der von vielen vehement bekämpft und politisch instrumentalisiert wird.

1982 zog sich Israel aus Ägypten zurück
Dass Israel durchaus bereit war Frieden zu schließen, zeigt die Rückgabe der Sinai-Halbinsel an Ägypten: es handelte sich um eine wenig besiedelte geographische Pufferzone mit einer Fläche von 61.000 Quadratkilometern – also fast dreimal so groß wie Israel selbst –, die die Ägypter zurückerobern wollten. Dazu führte es vorerst weiter erfolglos gegen Israel Krieg (der sogenannte „Abnutzungskrieg“). Am 26. März 1979 wurde schließlich der israelisch-ägyptische Friedensvertrag unterzeichnet – der erste zwischen Israel und einem arabischen Staat. Es folgte ein schrittweiser Rückzug der Israelis, der 1982 mit der vollständigen Rückgabe der Halbinsel Sinai an Ägypten abgeschlossen wurde. Dass derartige Friedensabkommen in der arabischen Welt nicht nur wohlwollend aufgenommen wurden, zeigte die Ermordung von Anwar as-Sadat am 6. Oktober 1981 in Kairo. Das Bündnis hält trotzdem.

Komplizierter war die Lage in Gaza, dem sogenannten Westjordanland und nicht zuletzt dem Golan. Die nach 1967 entstandenen Siedlungen sind an Orten errichtet, die in der Regel zuvor unbewohnt waren und für die strategische Verteidigung des Landes bedeutsam sind. So kann man von den Hügeln Samarias, etwa in Orten wie Qedumim, mit dem Fernglas bis nach Tel Aviv und zum Mittelmeer sehen – was im Umkehrschluss zeigt, dass mit entsprechenden Waffen auch mühelos der Beschuss möglich wäre. Infrarotkameras in der Sicherheitszentrale, die rund um die Uhr besetzt ist, registrieren jede verdächtige Bewegung in der Umgebung. Sowohl Samaria als auch Judäa sind heute Teile des „Westjordanlands“ – und die dort entstandenen jüdischen Ortschaften sind strategischer Teil des Sicherheitskonzepts Israels zur Verteidigung des Landes.

2005 zog sich Israel aus Gaza zurück
Das galt auch für die israelischen Ansiedlungen in Gaza: Sie dienten dem Zweck, präsent zu bleiben und eine Interaktion mit den arabischen Nachbarn zu ermöglichen. Trotzdem wurden die israelischen Siedlungen in Gaza immer wieder als Friedenshindernis angeführt, sodass Ariel Scharon nach langen innenpolitischen Auseinandersetzungen 2005 eine Mehrheit für den Abzug gewinnen konnte.

Die Hoffnung auf Frieden, von der diese gewaltsame militärische Räumungsaktion geleitet war, erfüllte sich nicht. Im Gegenteil: Mit allen Mitteln versucht die vom Iran finanzierte Hamas Gaza militärisch aufzurüsten um Israel anzugreifen, wobei sie auch nicht davor zurückschreckt, ihre eigene Zivilbevölkerung in Gefahr zu bringen und Kinder als Schutzschilde zu missbrauchen. Nur der starken Raketenabwehrtechnik Eiserne Kuppel ist es zu verdanken, dass es zu keinen größeren Schäden und Verlusten an Menschenleben in Israel kommt. Statt sich auf den Aufbau des Landes und Ausbau der Infrastruktur zu konzentrieren gräbt die Hamas Tunnel mit dem Ziel Israel zu vernichten: Das Existenzrecht Israels erkennt die Hamas nicht an. Ein Partner für nachbarschaftlichen Frieden und in entsprechenden Verhandlungen kann und will sie deshalb auch nicht sein.

Die Israelis wissen, wie gefährlich ein Rückzug aus Judäa und Samaria wäre
Es verwundert also nicht, dass in Israel nur sehr vereinzelte Stimmen einen kompletten Rückzug aus Judäa und Samaria fordern. Streitpunkt ist lediglich an einigen Punkten der Grenzverlauf. Ein Friedenshindernis sollten die Siedlungen nicht darstellen, denn so wie in einem jüdischen Staat über 20 Prozent arabische Einwohner leben, könnten Juden Bewohner eines künftigen palästinensischen Staates werden, wenn denn ein entsprechender Friedensschluss tatsächlich gewünscht wäre. Dass hierfür der Wille fehlt, zeigt allerdings die Weigerung der Mehrheit der arabischen Welt, das Existenzrecht eines jüdischen Staats überhaupt anzuerkennen. Dafür wurde ein Teil des „Westjordanlandes“ zusammen mit Gaza zum „Palästinensischen Autonomiegebiet“ in Selbstverwaltung, das fortan als eigenständiger Staat angesehen wurde. Am 8. Februar 2005 vereinbarten der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon und Machmud Abbas entsprechend eine Waffenruhe – gehalten hat sie nicht. Die „Palästinenser“ erheben nach wie vor Anspruch auf das gesamte Gebiet Israels.

2000 zog sich Israel aus dem Südlibanon zurück
Nicht nur im Süden und Osten, sondern auch im Norden hatte Israel erhebliche Sicherheitsprobleme. 1978 und 1982 führten die israelischen Streitkräfte Militäraktionen im Libanon durch, um gegen islamistische Kämpfer vorzugehen, die die Sicherheit der Bevölkerung im Norden Israels massiv gefährdeten. 1985 wurde im Südlibanon eine etwa 1.100 Quadratkilometer große Pufferzone eingerichtet, um der unmittelbaren Gefahr des Raketenbeschusses durch die vom Iran gesteuerten Hisbollah-Kämpfer zu begegnen. Das Gebiet wurde von israelischen Soldaten zusammen mit der Südlibanesischen Armee (SLA), einer Streitkraft, die etwa 2.500 christliche pro-israelische Soldaten umfasste, kontrolliert. Etwa 950 israelische Soldaten fielen in dem zermürbenden Krieg gegen den Libanon, sodass der israelische Ministerpräsident Ehud Barak sein Wahlversprechen wahr machte und am 24. Mai 2000 die letzten Truppen aus dem Libanon zurückzog. Damit überließ er allerdings auch die Milizen der SLA ihrem Schicksal, die teilweise Asyl in Israel bekamen, teilweise aber auch jede Unterstützung ablehnten, um im Libanon nicht dem Vorwurf der Kollaboration ausgesetzt zu sein. Nach wie vor stellt die Hisbollah, die sich derzeit auch in Syrien ein Standbein verschafft, eine der größten Herausforderungen für Israel dar, denn oberster Befehlshaber der Truppe ist der iranische geistliche Revolutionsführer Chamenei. 

Wäre es Israel 1967 nicht gelungen, die Golanhöhen zu erobern würde es jetzt wahrscheinlich nicht mehr existieren. Nun kann das kleine Land dieses Jahr seinen 70. Geburtstag feiern: Leider noch immer nicht in Frieden – trotz der zahlreichen Landzugeständnisse.

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