Meine Meinung als bisexuelle Jüdin zum Auftritt von „Hatari“ in Israel 

Von Anastasia Iosseliani

Zuallererst: Ich bin bisexuelle Jüdin und seit ich mich mit dreizehn Jahren geoutet habe, lebe ich meine Bisexualität offen aus, denn damals habe ich mich gleichzeitig gegenüber allen relevanten Menschen in meinem Leben, wie meinem Vater, meinem Rabbi, meiner Gynäkologin etc. geoutet.

Und ich wurde akzeptiert so wie ich bin und das ist auch gut so, um den ehemaligen Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit, zu zitieren. Aber nicht alle Menschen, die nicht heterosexuell sind, haben das Glück in einer aufgeklärten Gesellschaft zu leben. Viele Menschen, die homo-, bi- oder transsexuell sind, werden noch immer Opfer von Hassverbrechen, in vielen Staaten dieser Welt werden nicht-heterosexuelle Menschen marginalisiert und homosexuelle Handlungen sind illegal. In vielen islamischen Staaten steht auf homosexuelle Handlungen sogar die Todesstrafe! Darunter sind Staaten wie der Iran, Saudi-Arabien und andere Länder wie das Sultanat Brunei, das mit der Neueinführung der Todesstrafe für Homosexuelle gemäß der islamischen Scharia weltweite Aufmerksamkeit bekam.

Und nun erdreistet sich eine BDSM-Band aus Island, nämlich „Hatari“ (zu deutsch: „Hasser“), die den „Eurovision Song Contest“ nur zu Profilierungszwecken heimgesucht haben, der einzigen Demokratie, dem einzigen Staat im Nahen Osten, in dem auch die Menschen- und Bürgerrechte von nicht-heterosexuellen Menschen respektiert und geschützt werden, durch ihren Auftritt in Tel Aviv den Mittelfinger zu zeigen, in dem man mit dem „Palästina“-Banner posiert. Dies ist eine Provokation sondergleichen, vor allem wenn man bedenkt, wie in den „Palästinensischen Autonomiegebieten“ und in den Nachbarstaaten Israels mit Menschen umgegangen wird, die nicht heterosexuell sind.

Diese Provokation von „Hatari“ war nicht nur eine Ohrfeige gegenüber Menschen wie meiner Wenigkeit, sondern dazu auch absolut billig. Denn riskiert haben „Hatari“ damit nichts. Im Gegensatz zu den Nachbarstaaten ist Israel ein Rechtsstaat, der Menschen nicht aufgrund eines solch bizarren Agitationsversuches verfolgt.

Homophile Codes

Zu allem Übel sind die Mitglieder von „Hatari“ heterosexuell, ganz im Gegensatz zum Gewinner des ESC 2019, dem bisexuellen niederländischen Sänger Duncan Laurence. Das heißt, der Auftritt von „Hatari“ war schlicht und ergreifend eine Provokation um der Provokation willen, bei der sie mit homophilen Codes spielten, sich in Lack und Leder kleideten und mit dem Banner von „Palästina“ posierten, um sich als Rebellen in Szene zu setzen. Denn sonst würde sich kaum jemand für eine Band aus Island interessieren, deren Lead-Sänger pausenlos, auf Isländisch „Hass wird Siegen“ grölt wie ein besoffener Pauschalurlauber auf den Balearen.

Mit ihrem Auftritt haben „Hatari“ demzufolge nicht nur Menschen wie mich gedemütigt, sie haben nicht-heterosexuellen Menschen einen Bärendienst erwiesen! Anstatt sich zum Beispiel für nicht-heterosexuelle Flüchtlinge einzusetzen, die vor Homophobie und dergleichen vor ihren Familien aus ihren Heimatländern fliehen müssen, haben „Hatari“ einfach ignorant das Banner von „Palästina“, einer Entität, die berühmt-berüchtigt für Homophobie ist, hochgehalten.

Die ganze Inszenierung ist so bizarr, dass man meinen könnte in einem Film von Wes Anderson zu sein. Doch leider gibt es hier kein lustiges oder tragik-komisches Happy End. Denn „Hatari“ ist nur die Spitze des Eisbergs. Wegen antisemitischer Ressentiments und zu Profilierungszwecken solidarisieren sich viele „hippe“ Künstler mit der Entität „Palästina“. Ein anderes abstoßendes Beispiel ist die schottische Band „Young Fathers“, die BDS, den antisemitischen Boykott von Israel, unterstützt. Diese selbstgerechte Boykott-Aktion aus Solidarität mit den vermeintlich Elenden der Welt lässt mich fast schreien, denn letztlich werden damit Homo-Hasser, Antisemiten und andere Widerlinge unterstützt, während tatsächliche Minderheiten wie Juden oder homo- und bisexuelle Menschen geopfert werden – aufgrund tiefsitzender, antisemitischer Ressentiments und falsch verstandener Toleranz gegenüber Menschen anderer Herkunft.

Rassismus der niedrigen Erwartungen

Der in Großbritannien lebende Moderator und Schriftsteller Maajid Nawaz nannte diese falsch verstandene Toleranz einen „Rassismus der niedrigen Erwartungen“, der schlussendlich Staaten und Gesellschaften schadet, die von diesem betroffen sind, weil man diese Menschen in einem Zustand der Regression belässt und so jeglichen Fortschritt verhindert. Dies ist eine gefährliche Entwicklung, die dazu führt, dass diese Gesellschaften sich nur noch mehr radikalisieren und so auch zur Gefahr für sich selber werden, und nicht nur für die schon zuvor unterdrückten Minderheiten.

Komplett zu lesen in der Druck- oder Onlineausgabe der Zeitung. Sie können die Zeitung „Jüdische Rundschau“ hier für 39 Euro im Papierform abonnieren oder hier ein Onlinezugang zu den 12 Ausgaben für 33 Euro kaufen.


Sie können auch diesen Artikel komplett lesen, wenn Sie die aktuelle Ausgabe der "Jüdischen Rundschau" hier online mit der Lieferung direkt an Sie per Post bestellen oder jetzt online für 3 Euro statt 3,70 Euro am Kiosk kaufen.

Brief an die Redaktion schreiben

Soziale Netzwerke