November 9, 2018 – 1 Kislev 5779
Die totgeschwiegenen Flüchtlinge

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Am 30. November wird der seit 1948 zu hunderttausenden aus moslemischen Ländern vertriebenen Juden gedacht  

Von Dr. Elvira Grözinger

Der Staat Israel ist in diesem Jahr bereits 70 Jahre alt geworden, aber der Konflikt mit den Nachbarn dauert nach wie vor an. Wenig bekannt ist, dass in Israel fast eine Million jüdischer Flüchtlinge aus den arabischen Ländern und ihre Nachkommen leben, während der arabische Propaganda-Begriff „Nakba“ – als das von den „Zionisten“ verursachte Leid der arabischen Bevölkerung, die seit der Gründung des jüdischen Staates als arme Flüchtlinge fern der Heimat in Lagern darben müssen – allgegenwärtig ist.

Um an das jüdische Gegenstück zum „Nakba“-Narrativ zu erinnern, wurde 2014 ein Gesetz in Israel verabschiedet, wonach alljährlich am 30. November der aus den moslemischen Ländern vertriebenen Juden gedacht wird. Im Bewusstsein der Weltgemeinschaft spielt aber diese Vertreibung so gut wie keine Rolle. Während die UNO von 726.000 arabischen Flüchtlingen seit 1948 ausgeht, stehen dem 850.000 Juden aus den moslemischen Ländern von Maghreb bis zum Iran gegenüber, die seit 1948 aus ihren Heimatländern flüchten mussten und bis heute ohne jegliche Entschädigung seitens irgendwelcher Staaten leben, nachdem die Mehrheit von ihnen in Israel eine neue Heimat fand und sich in die Gesellschaft integriert hat.

Der vererbte Flüchtlingsstatus bringt Geld
Der Nahostkonflikt wird durch den „Nakba“-Mythos genährt und ist für die Flüchtlinge aus dem britischen Mandatsgebiet Palästina auch noch nach 70 Jahren eine sehr lukrative Umschreibung dessen, was während des arabischen Angriffskriegs auf das soeben entstandene Israel geschah. Die Palästinaflüchtlinge sind die einzigen auf der Welt, die nunmehr in der vierten Generation als solche von der Weltgemeinschaft alimentiert werden.

Sie zählen inzwischen 5 Millionen (!) und bekommen von den UNO-Mitgliedsstaaten – darunter Deutschland – viel Geld für ihre Propaganda und Waffen, womit sie die korrupten „Regierungen“ in Ramallah und Gaza-Stadt sowie ihre mit Hass gegen Juden in den UN-Schulen verbreiteten Schulbücher, Terror, Geldgeschenke an die Familien der Selbstmordattentäter usw. finanzieren. Dabei fordern diese Millionen Dauerflüchtlinge ein Rückkehrrecht in ein hochentwickeltes Land, obwohl sie selbst in ihren Gebieten nach wir vor keine funktionierende Infrastruktur aufzubauen imstande waren. Dass die arabischen Brüder sie als Faustpfand gegen Israel in Lagern auf Kosten der Weltgemeinschaft gehalten haben, wird von der UN und EU ignoriert, und auch die UNRWA sieht keinen Grund das Curriculum zu ändern.

Die Arafat-Witwe lebt als Millionärin in Paris
Der nicht aus „Palästina“, sondern aus Ägypten stammende Terrorist Jassir Arafat (ehemaliger Vorsitzender der PLO und selbsternannter Freiheitskämpfer) hat nach seinem Tod 2004 seiner Witwe Suha Millionen vererbt – sie lebt seither komfortabel in Paris – von unseren Steuern. Es ist nicht einzusehen, warum die Weltgemeinschaft ihr Geld an Menschen verschleudert, die es nicht verdienen, niemals arbeiten müssen und deren Infrastruktur vom Ausland am Leben erhalten wird, während sie selbst stattdessen Unfrieden und Konflikte schüren.

Der Gedenktag an die Vertreibung der Juden hat nun einer zu Unrecht von der Welt vergessenen Bevölkerungsgruppe endlich Gerechtigkeit widerfahren lassen. Da Israel ein Schmelztiegel verschiedener Ethnien ist, hat inzwischen auch die orientalisch-mediterrane Kultur unübersehbar Einzug gehalten und die europäische befindet sich auf dem Rückzug.

Über diese „Vergessenen jüdischen Flüchtlinge“ informiert nun auch anschaulich eine Wanderausstellung, die von der Botschaft des Staates Israel organisiert wurde. Bereits Anfang des 21. Jahrhunderts entstanden Projekte, die sich der Thematik widmeten, so der international preisgekrönte Film „The Forgotten Refugees“, in dem über die Flucht der Juden aus Ägypten, dem Jemen, Libyen, dem Irak und Marokko, über ihre Erlebnisse sowie ihre dramatische Rettung berichtet wird. Bevor es zu ihrer Vertreibung kam, wurden die Juden in den arabischen Ländern seit Jahrhunderten verfolgt und ausgegrenzt, der hier gern geglaubten und vielbeschworenen muslimischen Toleranz widersprechend.

Die Misrachim sind keine Sephardim
Die „Misrachim“ (Orientalen) werden oft fälschlicherweise zusammen mit den „Sephardim“ (den aus der iberischen Halbinsel vertriebenen) Juden in einen Topf geworfen. Sie haben aber eine unterschiedliche Geschichte, sprechen die judäo-arabischen Dialekte ihrer Herkunftsländer, und im Iran judäo-persische, lebten dort zum Teil seit biblischen Zeiten, während die seit 1492 in den muslimischen Staaten wie in einigen europäischen Städten – Amsterdam oder Hamburg – niedergelassenen Sepharden in Ladino oder Spaniolisch, judäo-spanisch, kommunizieren – auch, wenn sie aus der Türkei kommen. Seit Langem schon haben sich Persönlichkeiten aus diesen Bevölkerungsgruppen in der israelischen Politik engagiert, das Bewusstsein für ihre Belange geschärft, Musiker und Sänger eine Musik mit orientalischen, griechischen oder spanischen Klängen popularisiert und die von dort stammenden namhaften Schriftsteller literarische Zeugnisse der früheren jüdischen Gemeinden von Marokko bis Irak publiziert. Ich nenne hier nur einige Namen wie die aus dem Irak stammenden Eli Amir, Mona Jahia, Sami Michael, die über Bagdad erzählten, oder Dorit Rabinyan, die Geschichten aus dem Leben der persischen Juden publizierte. Über das Leben der Juden im ägyptischen Alexandrien schrieb der in den USA lebende Andre Aciman, und über die Juden von Istanbul Mario Levi.

Das Goldene Zeitalter von Andalusien war gar nicht so golden
Juden lebten unter den Muslimen niemals sorg- und gefahrlos, wiewohl sie sich durch Bildung auszeichneten und nützlich waren. Im angeblich so Goldenen Zeitalter der andalusischen Koexistenz waren sie nur als tributzahlende Dhimma und niemals als gleichberechtigt anerkannt. 1033 gab es das Pogrom in Fes (Marokko), 1066 fand das erste Pogrom auf europäischem Boden in Granada statt, mit rund 4.000 Opfern. Der berühmte jüdische Gelehrte Maimonides musste im 12. Jahrhundert nach der Invasion der Almohaden vor der Verfolgung aus Cordoba fliehen und starb in Ägypten. 1676 wurden Juden im Jemen in die Wüste getrieben und verdursteten. Die Zahl dieser über Jahrhunderte wiederholten Judenverfolgungen und Morde in allen arabischen Ländern ist lang, und auch noch im 19. und 20. Jahrhundert, lange vor der Entstehung des Staates Israel, haben die Muslime Juden verfolgt, so auch osmanische Janitscharen oder arabische Nachbarn in Jaffa, weshalb die Juden 1909, zum Auszug gezwungen, Tel-Aviv gegründet hatten.

Diese wenigen ausgewählten Beispiele zeigen, dass die Vertreibung von 1948 nicht überraschend kam: Die Pogrome im Gebiet von Palästina 1929, der Farhoud in Bagdad 1941 (780 Tote), 1945 in Benghazi und 1948 Tripolis (Libyen), 1945 Aleppo und 1947 in ganz Syrien, im Jemen 1947 usw. Auch nach 1948 hat jeder weitere arabisch-israelische Krieg zum Exodus der dort noch verbliebenen Juden geführt. So wurden im Rahmen der Rettungsaktion „Fliegender Teppich“ zwischen 1949 und 2016 bis auf ca. 40 Bleibewillige alle Juden aus dem Jemen nach Israel ausgeflogen.

Der Krieg 1967 beendete die Geschichte der Juden in Ägypten, wo jetzt vielleicht noch 20 von ihnen leben. Heute, mit der Ausnahme der Türkei mit ca. 17.000 und des Irans mit ca. 9.000 Juden, leben in den anderen muslimischen Staaten zusammen noch ca. 3.500 Juden, davon ca. 2.000 in Marokko. Dass die gültige Charta der Hamas mit einem Hadith-Zitat die Ermordung der Juden fordert, ist also Tradition. Es ist an der Zeit, dass die Welt diese Fakten endlich zur Kenntnis nimmt und nicht länger die Araber Palästinas als die einzigen Opfer wahrnimmt.

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