Die wirren Baumaßnahmen der EU aus der Perspektive Jerusalems  

Von Marcel Serr

Die EU finanziert Bau- und Infrastrukturprojekte für Beduinen in Teilen des Westjordanlandes, die unter israelischer Verwaltung stehen, ohne dieses Vorgehen mit Jerusalem abzustimmen. Aus Israels Perspektive handelt Brüssel damit nicht nur gegen geltendes Recht, sondern gefährdet die Sicherheit des jüdischen Staates. Jüngste Abrissmaßnahmen seitens Israels stellen die ohnehin schon angeschlagenen Beziehungen zur EU vor eine neue Belastungsprobe.

Das ABC des Westjordanlandes
Den rechtlichen Hintergrund dieser Problematik bildet das Interims-Abkommen (1995) zwischen Israel und den „Palästinensern“ (oft auch Oslo II genannt). Die Parteien kamen darin überein, das Westjordanland temporär (bis zum Abschluss eines finalen Friedensabkommens) in A-, B- und C-Gebiete aufzuteilen.

A-Gebiete umfassen heute etwa 18 Prozent des Westjordanlandes und unterliegen der vollen Kontrolle der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA).

B-Gebiete (22 Prozent) unterliegen der zivilen Kontrolle der PA, Israel ist für die Sicherheit zuständig.

C-Gebiete (60 Prozent) unterliegen der vollen Verantwortung Israels.

Die A-Gebiete umfassen die palästinensischen Städte wie Ramallah, Bethlehem, Nablus und Jericho; zusammen mit den B-Zonen leben dort schätzungsweise 2,8 Millionen Araber. In den C-Gebieten,die die israelischen Siedlungen beinhalten, leben geschätzte 350.000-400.000 Israelis und 150.000 Araber.

EU-Baumaßnahmen
Das primäre Objekt der europäischen Wohltätigkeit sind in diesem Fall die Beduinen vom Stamm der Jahalin, die entlang des Highway 1 zwischen Jerusalem und dem Toten Meer siedeln. Diese Gegend ist besonders vorteilhaft, da die Beduinen die Wasserleitung von Israels Trinkwasserversorger Mekorot, die entlang der Autobahn verläuft, ebenso anzapfen können, wie die Elektrizität der Straßenbeleuchtung. Seit Jahrzehnten hat Jerusalem Schwierigkeiten die Halbnomaden in das moderne Staatswesen einzugliedern. Israel plant für die Beduinen den Bau einer neuen Stadt im Norden Jerichos. Dessen ungeachtet fördert die PA den Bau permanenter Wohnstrukturen entlang der Ost-West-Verkehrsader ohne Koordination mit Israel, dessen Zustimmung zu sämtlichen Bautätigkeiten im C-Gebiet erforderlich ist.

Möglich wird dies jedoch nur durch die Unterstützung der EU. Brüssel finanziert die Anschaffung und Errichtung von hunderten vorgefertigte Wohncontainern, die sukzessive die Zelte und Wellblechhüten der Beduinen ersetzen. Zwischen 2006 und 2012 verdoppelten sich derartige Bauten ohne israelische Genehmigung entlang des Highway 1 von 202 auf 412. Bis März 2014 stieg deren Anzahl noch einmal um fast 100 Prozent auf 774. Nach Angaben der israelischen Nichtregierungsorganisation Regavim finanzierte die EU den Bau von 168 illegalen Wohnstrukturen und 222 Infrastrukturbauten allein im Bereich um die israelische Siedlung Maale Adumim. In aller Regel handelt es sich dabei um Nacht-und-Nebel-Aktionen: In der Nacht liefern LKWs die in Einzelteile zerlegten Bauten an, die dann am frühen Morgen in aller Eile errichtet werden.

100 Millionen mal eben aus europäischen Steuergeldern
Ein Blick in entsprechende EU-Dokumente offenbart die politischen Hintergründe: Im September 2012 ließ die Kommission verlauten, dass sie 100 Millionen Euro in Projekte für die arabische Bevölkerung im C-Gebiet investieren werde. 7 Millionen Euro sind der „Landerschließung und grundlegenden Infrastrukturen in Zone C“ gewidmet. Die EU-Mittel sollen dazu dienen, „die zuständigen palästinensischen Behörden dabei zu unterstützen, neue Infrastrukturen zu planen und aufzubauen und der Bevölkerung die Möglichkeit zu geben, ihr Land wiederzuerlangen und neu zu bebauen.“

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