April 5, 2019 – 29 Adar II 5779
Die amerikanische Contra-Israel-Lobby

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Wer bezahlt eigentlich die US-Abgeordnete Ilhan Omar, die immer wieder durch antisemitische Ausfälle auf sich aufmerksam macht? Eine Spurensuche. 

Von Stefan Frank (Mena Watch)

Nachdem Ilhan Omar, eine der neugewählten demokratischen Abgeordneten des US-Repräsentantenhauses, auf Twitter der überparteilichen Pro-Israel-Organisation AIPAC implizit unfaire Beeinflussung oder gar Bestechung des Kongresses vorgeworfen hatte, hat Florian Markl auf „Mena Watch“ die Scheinheiligkeit Omars ins Blickfeld gerückt: Omar gehe es nicht etwa darum, dass Lobbygruppen im Allgemeinen zu viel Einfluss ausübten, denn sie habe ja auch kein Problem damit, ihre eigene politische Karriere mit Zigtausenden an Dollars durch Lobbyisten bezahlen zu lassen.

Mittlerweile sind weitere Einzelheiten über die Lobbyisten ans Licht gekommen, die Ilhan Omars Wahlkampf finanziert haben. „Omars antisemitischer Tweet über ‚jüdisches Geld’ bewog uns dazu, ihre eigenen Geldgeber zu untersuchen“, schreiben Morton A. Klein und Liz Berney in einem Beitrag für die Website der jüdisch-amerikanischen Wochenzeitschrift „Algemeiner“. Die Liste der Mäzene, die Omar unterstützen, sei ein „Who’s Who der Anti-Israel-Propagandisten, Israel-Hasser sowie Anti-Israel-PACs“, so der Befund. PAC ist die Abkürzung für „Political Action Comittee“ – so heißen in den USA Lobbygruppen, die Politiker im Wahlkampf mit Geld unterstützen, weil sie sich davon die Stärkung eines bestimmten politischen Anliegens im Kongress erhoffen. Zu Omars Geldgebern gehören den Recherchen zufolge:

- Der Berkeley-Professor und BDS-Führer Hatem Bazian, Gründer der Anti-Israel-Organisationen „Students for Justice in Palestine“ (SJP) und „American Muslims for Palestine“ (AMP). Die Organisationen stehen an der Spitze der BDS-Kampagne an amerikanischen Universitäten. Sie rufen zu einem akademischen Boykott gegen Israel auf und schikanieren jüdische Studenten, die sich zu Israel bekennen. Mit Agitpropveranstaltungen wie „Checkpoints“ auf dem Universitätsgelände, durch das Stören von pro-israelischen Veranstaltungen und durch tätliche Übergriffe auf jüdische Studenten schaffen sie ein Klima der Angst und sind mitverantwortlich für die wachsende Zahl antisemischer Vorfälle an amerikanischen Universitäten. Bazian selbst ruft zu einer „Intifada“ auf und verbreitet auf Twitter antisemitische Memes. „Bazians Agenda ist die Zerstörung Israels“, so Klein und Berney.

- Hussam Ayloush, der kalifornische Direktor der islamistischen Organisation CAIR, der in einem Tweet dazu aufrief, Israel „auszulöschen“, spendete Ilhan Omar 1.200 US-Dollar.

- James Zogby, der Präsident des antiisraelischen Arab-American Institute (AAI) lehnt „Normalisierung“ zwischen Israelis und Arabern ab und beschuldigt Israel, einen „Holocaust“ an den „Palästinensern“ zu verüben. Auch er gehört zu Omars Geldgebern.

- Die von dem Multimilliardär George Soros finanzierte Organisation MoveOn.org, die Lobbyarbeit geleistet hat, um ein Anti-BDS-Gesetz zu stoppen und selbst auf ihrer Website eine Pro-BDS-Petition verbreitet, gab Omar 5.000 Dollar.

Werbefilm für Ilhan Omar

Schon während ihres Wahlkampfes hatte Omar Schlagzeilen mit umstrittenen Geldzuwendungen gemacht. So berichtete die Tageszeitung „Star Tribune“ aus Minneapolis über Vorwürfe, wonach die Produktion eines Dokumentarfilms über Ilhan Omar („Time for Ilhan“), der auf Festivals in Minneapolis gezeigt wurde, mit 11.852 Dollar aus Steuermitteln subventioniert wurde. Mehrmals wurde dieser Film in dem mit Steuermitteln geförderten Museum Walker Art Center in Minneapolis gezeigt.

Das alles war offenbar nicht gesetzeswidrig, aber zumindest unmoralisch. Einen Verstoß gegen die Regeln des Repräsentantenhauses von Minnesota, dem Omar vor ihrer Wahl in den US-Kongress angehörte, musste Omar selbst einräumen: Nach ihrer Wahl ins Parlament im Jahr 2016 hatte sie mehrmals Vortragshonorare akademischer Einrichtungen angenommen, die selbst als Lobbyisten Einfluss auf die Gesetzgebung des Bundesstaates nehmen. Sie habe nicht gewusst, dass die Regeln für gewählte Abgeordnete für sie gelten, sagte sie der „Star Tribune“. Zudem steht Omar im Verdacht, Wahlkampfspenden für private Reisen u.a. nach Estland ausgegeben zu haben.

„Lobby“ sind nur die Anderen

Omar misst also auf heuchlerische Art mit zweierlei Maß. Der Fall hat aber darüber hinaus eine allgemeine Bedeutung. Als Omar mit dem Finger auf die Pro-Israel-Lobby zeigte, die angeblich den Kongress beeinflusse, da war ihr natürlich klar, dass jeder Mensch, der einen Computer mit Internetzugang besitzt, mit wenigen Klicks in Erfahrung bringen kann, von welchen Lobbygruppen und Privatunternehmen Ilhan Omar Geld erhält. Dass sie sich gar nicht ertappt und als Heuchlerin überführt fühlt, muss daran liegen, dass sie sich keines Unrechts bewusst ist: In ihrem Weltbild erhält sie selbst Geldzuwendungen von den Guten, ihre Gegner aber von den Bösen, und nur Letztere sind für sie überhaupt eine „Lobby“. Dazu zählt sie „AIPAC, die NRA [Verband der amerikanischen Waffenbesitzer] oder die Mineralölindustrie“. Die Klaviatur, auf der Omar spielt, brauchte sie nicht zu erfinden; es sind Vorstellungen, die die Berichterstattung der Presse seit Jahrzehnten in den Köpfen festgesetzt hat: Wer sich für Israel einsetzt, ist Teil einer – illegitimen – „Lobby“. Wer Hass auf Israel schürt, ist kein Lobbyist, sondern ein „Menschenrechtler“. Was Omar noch hinzugefügt hat, ist die Vorstellung, dass die Pro-Israel-Bewegung ihren Einfluss dem Geld verdanke.

In Wahrheit ist es andersherum: Es ist die Industrie von Anti-Israel-NGOs, die allein durch Geld aufrechterhalten wird: Geld von westeuropäischen Staaten und Kirchen oder vom „New Israel Fund“, der wiederum von George Soros finanziert wird. Die „Israel-Lobby“ hingegen ist eine Massenbewegung: AIPAC hat über 100.000 Mitglieder, B’nai B’rith mehr als 500.000, „Christians United for Israel“ über vier Millionen. Dass sie von der Öffentlichkeit so stark wahrgenommen werden, verdanken diese Organisationen dem persönlichen Engagement ihrer Mitglieder, nicht der Bestechung von Abgeordneten. Es sind demokratische Volksbewegungen – was man von Omars Unterstützern nicht sagen kann.

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