Es gibt Phasen im Leben eines Menschen, dievon ihm so intensiv erlebt werden, dass er ihnenspäter alles, was sich davor oder danachzugetragen hat, unweigerlich unterordnet.Diese Zeit des Übergangs lässt sich oft nurim Nachhinein zeitlich bemessen; sie ist demeinzelnen aber ein lebenslang gegenwärtiger Quell einer unstillbaren Sehnsucht und vermagihn nachhaltig innerlich zu stützen: siebleibt der unverrückbare Bezugspunkt dereigenen Persönlichkeit.
Der Schweizer Schriftsteller Urs Faes hatin seiner jüngst erschienenen eindringlichberührendenRecherche über eines von 32Hachschara-Lagern in Nazi-Deutschland,die junge deutsche Juden auf die angestrebteAuswanderung nach Palästina vorbereiteten,die Stimmung einer solchen «goldenenZeit» unter denkbar schwersten Rahmenbedingungenauf kongeniale Art und Weise eingefangen.Die Hachschara-Stätte Ahrensdorferscheint dem Leser lange Zeit als eine deraus den Fugen geratenden Außenwelt nocheinigermaßen erfolgreich entrückte ländlicheIdylle, die zwar von der Sorge um die derstetig eskalierenden staatlichen Entrechtungausgesetzten Freunde und Familienmitgliederwirksam berührt, jedoch selbst nochkaum von der Obrigkeit behelligt wird und inder alle Mitglieder des fragilen, aber innerlichstarken und kämpferischen Gemeinwesensmit ganzer Kraft auf das große, realistischerWeise noch erreichbare Ziel hinarbeiten.
BesondersLissy und Ron fühlen sich von derersten Begegnung an auf rührende Art undWeise zueinander hingezogen und werdeninnerhalb des Lagers im Verlauf der Jahre zujenem exemplarischen Paar der Paare, demselbst noch der Unbeteiligte ein gutes Gelingenfür ihre in hohem Maße augenfällige, besondersinnige Beziehungwünscht.
Urs Faes, «Sommer in Brandenburg», erschienenbei Suhrkamp, 262 Seiten, € 19,90
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