Februar 2, 2017 – 6 Shevat 5777
BtJ – ein Verein für die Zukunft

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Der Bund traditioneller Juden im Porträt  

Von Rabbiner Elischa Portnoy

Der regionale Schabbaton für Bayern, der vom Bund der traditionellen Juden in Deutschland (BtJ) veranstaltet wurde, fand im Januar im Würzburger Gemeindehaus „Schalom Europa“ statt.
Und auch diese Veranstaltung des BtJ war ein absoluter Erfolg. Alles hat gepasst: interessante Gastredner, spannende Vorträge, sehr gute Organisation und nicht zuletzt – sehr leckeres Essen, das keine Wünsche offen ließ. Am Rande des Schabbaton wurden kleine Festbroschüren verteilt: „5 Jahre BtJ – Jüdische Vision für Deutschland“, die auf eine Erfolgsstory blicken ließ.

Was ist der „BtJ“?
Der Bund traditioneller Juden in Deutschland e. V. wurde ins Leben gerufen, um Gemeinden, die das authentische, traditionelle Judentum in Deutschland vertreten, eine Stimme zu geben und sie in ihrer Arbeit zu stärken und in allen Belangen zu unterstützen. Der BtJ wurde von Vorstandsmitgliedern jüdischer Gemeinden, Rabbinern, sowie Mitgliedern des Young Leadership Circles Anfang 2012 gegründet.

Auch wenn der Bund der traditionellen Juden erst fünf Jahre alt ist, so ist seine Entwicklung beachtlich: zurzeit gehören dem BtJ 26 jüdische Gemeinden in Deutschland mit mehr als 30.000 Mitgliedern an!
Die Gründer dieses Vereins unter dem Vorsitz von Herrn Michael Grünberg (Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Osnabrück) haben gut verstanden, dass die Gemeinden in Deutschland nur dann eine Zukunft haben, wenn unsere Tradition, die auf der Thora und jüdischen Werten basiert, weitergegeben und gelebt wird.

Ein weiteres wichtiges Anliegen der BtJ ist es unsere Jugend für unsere Tradition zu begeistern und in die Gemeinden zu bringen. Auch das ist eine wichtige Voraussetzung, um jüdischen Gemeinden in diesem Lande die Hoffnung auf einen Fortbestand zu geben. Um diese Ziele zu erreichen, werden vom Verein mehrere Projekte entwickelt.

Regionale Schabbatonim mit Anziehungskraft
Das bekannteste Projekt der BtJ sind zweifelsohne die regionalen und überregionalen Schabbatonim. Wie die Idee von den regionalen Schabbatonim funktioniert, lässt sich sehr gut am Beispiel des schon erwähnten Schabbaton in Würzburg zeigen: die Veranstaltung wird in einer Gemeinde eines Landesverbandes organisiert. Auch die Teilnehmer (meistens Studenten, vorwiegend aus dem gleichen Bundesland) kennen sich bereits gut aus vielen Machanot der ZWST und anderen Organisationen. In diesem Fall waren es Teilnehmer vor allem aus Würzburg, München, Nürnberg und anderen bayerischen Gemeinden.

Es werden spannende Themen fürs Wochenende ausgewählt, die die jungen Menschen ansprechen, und interessante Redner eingeladen. Das Thema in Würzburg lautete „Zwischenmenschliche Beziehungen in Judentum, Film und Psychologie“. Auch die Redner waren buchstäblich speziell: Frau Lisa Aiken, bekannte Psychologin und Beziehungsberaterin aus den USA und der bekannte israelische Drehbuchautor und Schauspieler Emmanuel Cohn. Diskussionsthemen wie „Secrets to Effective Communication”, oder auch „Sexualität und Romantik im religiösen israelischen Kino” haben selbstverständlich für großen Andrang und spannende Diskussionen gesorgt.

Außer heimische Schabbat-Atmosphäre und spannenden Kursen gibt es auch ein spannendes Abendprogramm. Diesmal ging es nach Schabbat-Ausgang zum 3D-Minigolf, wo die Teilnehmer sehr viel Spaß hatten. Es gab so viele kleine Höhepunkte bei diesem Schabbaton, dass er nach Ansicht von fast allen Teilnehmern in Zukunft nur schwer zu toppen sein wird.

Angebot auch für die Familien
Der BtJ hat außerdem ein Problem erkannt, das nicht sehr auffällig, jedoch ziemlich bemerkenswert ist: es wird sehr wenig für die junge traditionelle Familien gemacht. Es gibt viele Organisationen in Deutschland, die im „Kiruw Rechokim“ (Beibringen der jüdischen Tradition für die säkularen Juden) tätig sind. Jedoch konzertieren fast alle ihre Bemühungen auf der Beschäftigung mit jungen Juden und Studenten.

Wenn aber junge Menschen, die sich von der jüdischen Tradition inspirieren lassen und nach dieser Tradition leben, heiraten, Kinder bekommen und zu „Young Professionals“ werden, dann verlieren diese Organisationen die Paare aus den Augen. Oft fehlen einfach die Mittel und das Personal, um ständigen Kontakt aufrechtzuerhalten oder gezielte Programme anzubieten.

Da leistet der BtJ mit seinen überregionalen Schabbatonim wichtige Hilfe. Besonders der jährliche „Grand Schabbaton“ in Dresden ist berühmt wie beliebt. Dort können sich junge Familien treffen, sich austauschen und einfach einen spannenden und interessanten Schabbat genießen. Für viele traditionelle Familien sind solche Schabbatonim eine schöne Abwechslung und eine echte Bereicherung.

Schidduchim werden nicht nur im Himmel gemacht: Die Single-Börse des BtJ
Wie schon erwähnt, ist es wichtig, dass neue jüdische Familien entstehen, die nach traditionellen jüdischen Werten leben und diese Werte auch ihren Kindern weitergeben.
Deshalb wurde eine „Filiale“ des BtJ, „BtJMatch“, ins Leben gerufen. Diese Organisation hat zwei Hauptbereiche in ihrer Tätigkeit: Schidduchim für jüdische Singles und „Schidduchim“ für Lernpartner.

Im Talmud steht, dass Schidduchim, das Kennenlernen von Mann und Frau, um eine Familie zu gründen, für G“tt genauso schwer ist wie die Spaltung des Roten Meeres beim Auszug der Juden aus Ägypten. Um G’tt bei dieser wichtigen Aufgabe zu helfen wurde eine Datenbank der jüdischen Singles in Deutschland erstellt. Da diese Aufgabe sehr anspruchsvoll ist, wurden sogar die Schadchanit aus Israel und Antwerpen involviert!

Außerdem hilft BtJMatch auch Personen, die den „Schidduch“ einer anderen Art brauchen, und zwar einen Lehrpartner. Ob per Telefon oder via Skype, ob auf Deutsch oder in einer anderen Sprache, ob nur jüdische Ethik oder komplizierte Themen der Halacha – für jeden versucht der Leiter des BtJMatch, Rabbiner Dray, das Passende zu finden. Die Datenbank umfasst schon mehr als 300 Personen und wird nach jeder Veranstaltung des BtJ immer größer.

Jüdische Bücher auf Deutsch
Jüdische Bücher in deutscher Sprache sind ein weiteres wichtiges Anliegen des BtJ. Gerade in letzter Zeit sind viele Bücher, sowohl für Erwachsene als auch für Kinder, die der jüdischen Tradition gewidmet sind, nur in russischer, englischer oder hebräischer Sprache erschienen.

In deutscher Sprache sind solche Bücher jedoch noch immer Mangelware. Und sogar die jüdischen Bücher, die im Zürcher Verlag „Morascha“ erscheinen, sind für jüdische Kinder in Deutschland oft nicht optimal geeignet.

Deshalb leistet auch in diesem Bereich der BtJ eine starke Hilfe: es wurden in letzter Zeit mit Hilfe des Vereins viele sehr wichtige Bücher in deutscher Sprache bzw. mit guter deutschen Übersetzung herausgegeben. Unter anderem „Siddur für Kinder“ (Teil 1 „Schacharit“ und Teil 2 „Birkon“) von Rabbiner und Rebbetzin Radbil (Osnabrück), die sehr gefragt sind und eine große Hilfe für die jüdischen Gemeinden darstellen.

Zusammenarbeit
Auch ein so starker und ideenreicher Verein wie BtJ kann natürlich nicht alleine das jüdische Leben in Deutschland aufrechterhalten und ihm die Zukunft sichern. Dafür braucht man starke Partner. Und mit solchen Partnern kooperiert der BtJ gern: Zentralrat der Juden, Morascha Germany, Jewish Experience, JCommunity, JAcademy und vielen anderen.

Man kann sich gut vorstellen, dass wenn in fünf Jahren eine neue Broschüre zum 10-jährigen Jubiläum des BtJ herausgegeben wird, es nicht mehr ein kleines Heft, sondern ein solider Almanach sein wird, der uns sicherlich wieder staunen lässt.

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