Hasnain Kazim, Jahrgang 1974, ist ein deutscher Journalist. Seit 2006 ist er für SPIEGEL ONLINE und den SPIEGEL tätig, war Südasien- und Türkei-Korrespondent. Inzwischen arbeitet er für jenes Nachrichtenmagazin in Wien. Hasnain Kazim hat eine indisch-pakistanische Abstammung, ist aber in Deutschland, in Oldenburg um genau zu sein, geboren und hier aufgewachsen. Er studierte Politikwissenschaft, war zeitweise Mitglied in der FDP, für welche er 1998 bei den Landtagswahlen in Niedersachsen auch kandidierte. Man könnte also sagen, Hasnain Kazim müsste doch ein exzellent integriertes Migrantenkind sein, wenn man so will ein Immigrant der zweiten Generation. Wie Hugo Müller-Vogg auf „Tichys Einblick“ diese Tage berichtete, postete nun just dieser Hasnain Kazim in den letzten Monaten auf Twitter folgendes:
1. „AfD-Vize Gauland sagt: ‚Heute sind wir tolerant, morgen fremd im eigenen Land.‘ Meine Antwort: Gewöhn dich dran, Alter!“
2. „Gewöhn dich dran. Wir sind hier, werden immer mehr und beanspruchen Deutschland für uns. Ob du willst oder nicht.“
Kurz darauf löschte Kazim den zweiten Tweet und begründete das auf Twitter so:
3. „Gelöscht, weil ihr mich vollmüllt. Was den Inhalt angeht: ich stehe zu jedem Wort.“
Außerdem schrieb er der CSU nun kürzlich einen deftigen Brief, weil diese sich für einen Vorrang für Zuwanderer aus unserem christlich-abendländischen Kulturkreis einsetzt.
„Gewöhn dich dran. Wir sind hier, werden immer mehr und beanspruchen Deutschland für uns. Ob du willst oder nicht.“ Bei diesen Worten wird der Ein oder Andere vielleicht ahnen, was da die nächsten Jahre und Jahrzehnte auf uns zukommt. Denn der Ton wird nochmals ein anderer werden, wenn die Mehrheitsverhältnisse sich zunehmend verändern. Das ist überall auf der Erde so, wo Muslime respektive Immigranten aus dem islamischen Kulturkreis die Mehrheit stellen oder auch nur in die Nähe davon kommen. Wer über ein wenig Phantasie verfügt, wird sich ausmalen können, wie das in wenigen Jahrzehnten auch in Deutschland klingen wird.
Doch wo kommen solche Ansprüche her? Haben Sie jemals von einem Australier, Kanadier, Peruaner oder einem Koreaner auch nur annähernd Ähnliches vernommen? Nun weiß ich gar nicht, ob Hasnain Kazim ein Muslim ist, aber es fällt schon auf, dass man solche Dinge besonders oft aus dem Mund von Menschen hört, die direkt oder indirekt als Einwandererkinder über die Eltern, Großeltern aus dem islamischen Kulturkreis entstammen. Vielleicht könnte es ja mit dem islamischen Welt- und Menschenbild zusammenhängen.
Um zu verstehen, wo diese extreme, ja schon impertinente Anspruchshaltung herkommt, welche offensichtlich sogar vor relativ gebildeten Leuten nicht haltmacht, denen man ja ein gewisses Maß an Selbstreflexion und Selbstrelativierung eigentlich zutrauen sollte, kann es in der Tat hilfreich sein, wenn man die zu Grunde liegende Weltanschauung des Islam etwas genauer unter die Lupe nimmt. Nach diesem Weltbild gehört die Erde Allah. Sie ist sein von ihm geschaffenes Eigentum, er also ihr Eigentümer. Und Allah hat den Menschen als Verwalter über seine Schöpfung eingesetzt.
„Wir haben die Treuhänderschaft den Himmeln, der Erde und den Bergen angeboten, aber sie weigerten sich, sie auf sich zu nehmen, und schreckten davor zurück. Der Mensch aber nahm sie auf sich. Er ist frevelhaft und töricht.“ - Sure 33,72
Der Mensch ist also nach islamischer Vorstellung der Treuhänder Allahs. Daraus resultiert aber die Pflicht, seine Schöpfung nicht nach eigenen sich selbst in Freiheit gegebenen Gesetzen im Sinne der Menschen zu verwalten, denn diese sind ja nichts anderes als Knechte Allahs, deren Daseinssinn in der vollständigen Unterwerfung unter dessen Willen und der Anbetung dieses enorm mächtigen Wesens besteht, mithin der Anbetung der Macht selbst. Nein, der Mensch hat im Islam vielmehr die Pflicht, die Erde im Sinne Allahs treuhänderisch zu verwalten, was dann wiederum gut für ihn sein soll, weil er dann nach seinem Tode dafür entsprechend fürstlich belohnt wird, auf lange Sicht also einen super Deal macht. Mohammed war, bevor er Prophet, Anführer der Räuberbande, weltliches und geistliches Oberhaupt, höchster Richter und oberster Feldherr wurde, Kaufmann und Händler, was in vielen Formulierungen des Korans immer wieder durchschlägt.
„Diejenigen aber, die das diesseitige Leben um den Preis des Jenseits verkaufen, sollen um Allahs willen kämpfen. Und wenn einer um Allahs willen kämpft, und er wird getötet – oder er siegt –, werden wir ihm (im Jenseits) gewaltigen Lohn geben.“ - Sure 4,74.
Hier und an vielen anderen Stellen wird immer wieder das kapitalistische Denken deutlich: Investiere dein Kapital, hier dein gesamtes Leben, langfristig und du wirst eine Wahnsinnsrendite erhalten, die beste, die man überhaupt machen kann: Du wirst ewig im Paradies frohlocken mit Ess-, Trink- und Sexflatrate. In Sure 51,56 heißt es dann unmissverständlich:
„Und ich habe die Dschinn (übersinnliche, mit Verstand begabte Feuerwesen, jf) und Menschen nur dazu geschaffen, dass sie mir dienen.“
Der Mensch ist hier also vollkommen auf die unterwürfige Bestimmung eines Knechts Allahs zurückgeworfen. „Islam“ heißt übersetzt auch das Sich-Ergeben oder die Unterwerfung. Wer also sein ganzes Leben nach den von Allah über Mohammed genau vorgegebenen Regeln ausrichtet und die Erde in diesem Sinne gut verwaltet, der wird anschließend reichlich belohnt und somit das Geschäft seines Lebens machen.
Aus muslimischer Sicht tun Europäer, die sich Allah nicht (vollständig) unterwerfen genau das aber nicht. Sie sind also schlechte Treuhänder des Eigentums Allahs. Sie erfüllen seinen Auftrag nicht und dürfen daher jederzeit auch mit Gewalt abgesetzt werden. Dies ist quasi sogar ein moralisches Gebot, die bösen „ungläubigen“ Europäer zu enteignen und ihnen ihr Land, das ja in Wirklichkeit gar nicht das ihre ist, sondern das von Allah, wegzunehmen, weil sie ja nicht richtig damit umgehen. Wer sich Allah nicht bedingungslos unterwirft, hat überhaupt keinen Anspruch, irgendetwas zu verwalten. Einen Anspruch darauf haben ausschließlich Muslime.
„Ihr (Gläubigen = Muslime) seid die beste Gemeinschaft, die unter den Menschen entstanden ist. Ihr gebietet, was recht ist, verbietet, was verwerflich ist, und glaubt an Allah.“ - Sure 3,110
Die Möglichkeit des Selbstirrtums, die große sokratische Weisheit – Ich weiß, dass ich nichts weiß – fehlt hier vollständig. Ein Irrtum oder ein Selbstzweifel sind in dem gesamten Konstrukt nicht vorgesehen. Und das, obschon der Begründer des Islam mehr als tausend Jahre nach Sokrates lebte. Was für ein geistiger Rückschritt!
Der Islam verkündet also sowohl in Bezug auf ein spekulatives Jenseits (Transzendenz, Welt 2) als auch in Bezug auf das tatsächlich beobachtbare Diesseits (Immanenz, Welt 1) absolute Wahrheiten, für die es weder empirisch noch logisch irgendwelche Belege gibt. Und er begründet die Gesetze für Welt 1 mit angeblichen Weisungen aus der rein spekulativ angenommenen Welt 2. Noch schlimmer aber: Er postuliert, dass all seine Aussagen von jeglichem Irrtum frei sind. Damit aber ist ein rationales, offenes Gespräch auf Augenhöhe gar nicht mehr möglich. Und zugleich wird behauptet, dass die Umma, die Gemeinschaft der Muslime die beste Gemeinschaft sei, die je unter den Menschen entstanden ist, woraus dann wiederum der Anspruch abgeleitet wird, allen anderen zu gebieten, mithin ein Herrschaftsanspruch.
Zu diesem knechtischen Dasein, dem absoluten Dogmatismus, der Kritikresistenz und dem Herrschaftsanspruch kommt aber noch ein weiteres dazu, das sogenannte Fitra-Konzept. Dieses besagt, dass ein jeder Mensch von Natur aus ein Muslim ist. In Sure 30,30 heißt es:
„Richte nun dein Antlitz auf die (einzig wahre) Religion! (Verhalte dich so) als Hanif! (Das ist) die natürliche Art, in der Allah die Menschen erschaffen hat. Die Art und Weise, in der Allah (die Menschen) geschaffen hat, kann (oder: darf?) man nicht abändern. Das ist die richtige Religion. Aber die meisten Menschen wissen nicht Bescheid.“
Der Islam setzt also sich selbst als die natürliche Ur-Religion, womit die menschliche Natur selbst islamisiert wird. Auch in einem überlieferten Prophetenspruch (Hadith) kommt das Fitra-Konzept zum Ausdruck:
„Jeder (Mensch) wird im Zustand der Fitra geboren. Alsdann machen seine Eltern aus ihm einen Juden, Christen oder Zoroastrier.“
Es sind also die widrigen soziokulturellen Einflüsse des äußeren Milieus, die einen als Muslim Geborenen dann zu einem Juden, Christen, Polytheisten, Agnostiker, Atheisten oder was auch immer machen, die ihn quasi verformen und entstellen, seine natürliche Anlage deformieren. Die Natur des Menschen wird durch eine nichtislamische Umwelt mithin verdorben. Um dieses zu verhindern, wird dann folgerichtig vorgeschrieben:
„Sie wünschen, dass ihr ungläubig werdet, wie sie ungläubig sind, und dass ihr ihnen gleich seid. Nehmet aber keinen von ihnen zum Freund, ehe sie nicht auswanderten in Allahs Weg. Und so sie den Rücken kehren, so ergreifet sie und schlagt sie tot, wo immer ihr sie findet; und nehmet keinen von ihnen zum Freund oder Helfer.“ – Sure 4,89.
Hier haben wir nun eine astreine Immunisierungsstrategie. Immer wenn ein Nicht-Muslim mit einem Muslim ein auf der Ratio, auf Fakten und empirischen Belegen beruhendes Gespräch führen möchte, muss der Muslim denken: „Achtung, er wünscht ja nur, dass ich ungläubig werde, wie er ungläubig ist. Ich muss auf der Hut sein und darf mich nicht vom rechten Weg abbringen lassen. Er will mich ja nur zum Unglauben verführen.“
Die Möglichkeit, dass er selbst irren, dass der Gesprächspartner Recht haben könnte - die sokratische Weisheit -, wird von vorneherein ausgeschlossen. Und es wird von vorneherein ein Über- und Unterordnungsverhältnis postuliert. Der Andere hat nicht den richtigen Glauben, er ist nicht in der Wahrheit, er verwaltet die von Allah zugewiesene Erde nicht richtig, also muss man sie ihm wegnehmen, weil sie ihm ja gar nicht zusteht. Man muss die Treuhänderschaft an sich nehmen, weil der Nichtmuslim nun mal nicht im Sinne des Eigentümers handelt.
Eine solche Denkweise ist meines Wissens einzigartig und kommt in solchen Aussprüchen wie des SPIEGEL-Korrespondenten sei es nun direkt und massiv oder indirekt und nur noch latent zum Ausdruck. Solche Dinge sind keine Einzelfälle. Das kann man tausend- und millionenfach immer wieder hören. Diese Menschen glauben das wirklich und sie denken auch so, weil man ihnen solches von klein auf immer wieder erzählte, es sich im Innersten ihrer Seele vollkommen festgesetzt hat und diese Vorstellung von Generation zu Generation weitergegeben wird.
Dass die tiefe Überzeugung, zu der besten Gemeinschaft der Menschheit zu gehören, dass man daher über alle anderen gebieten darf, dass aus der Unterwerfung unter ein vorgegebenes System dann wiederum ein Herrschaftsanspruch über alle anderen abgeleitet wird, dass eine solche Überzeugung durchaus ein angenehmes Gefühl zu erzeugen imstande ist, erscheint recht einleuchtend, zumal wenn einem zugleich gesagt wird, dass dies unumstößliche Wahrheiten sind, die niemals widerlegt werden können, was dann wiederum nicht nur ein Überlegenheits-, sondern auch noch ein absolutes Sicherheitsgefühl erzeugt. Entsprechend frech ist dann oftmals das Auftreten.
Diese Vorstellungen werden wir, das sollten wir uns alle bewusst machen, aus den meisten Menschen, die mit so einem Welt- und Menschenbild groß geworden sind, niemals herauskriegen, wie der Fall von Hasnain Kazim eindrucksvoll zeigt, der ja sogar in Deutschland geboren und aufgewachsen, der beruflich bestens integriert ist. Insofern muss man Hasnain Kazim im Grunde dankbar sein, dass er uns diese Art zu denken, diese Art der Selbst- und Fremdeinschätzung so eindrucksvoll vor Augen geführt hat.
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Zum Autor: Jürgen Fritz studierte Philosophie, Erziehungswissenschaft, Mathematik, Physik und Geschichte (Lehramt). Für seine philosophische Abschlussarbeit wurde er mit dem Michael-Raubal-Preis für hervorragende wissenschaftliche Leistungen ausgezeichnet. Inzwischen ist er als freier Autor tätig. 2012 erschien sein Buch „Das Kartenhaus der Erkenntnis – Warum wir Gründe brauchen und weshalb wir glauben müssen“ in zweiter Auflage.
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