Gedanken zur Debatte um islamische Fest- und Feiertage in Deutschland  

November 3, 2017 – 14 Heshvan 5778
Warum eigentlich Feiertage nur für Christen und Muslime?

Von Anastasia Iosseliani

Seit der scheidende deutsche Innenminister Thomas de Maizière die Debatte um islamische Fest- und Feiertage neu angestoßen hat, scheint es in den Kommentarspalten vieler Medien überzukochen.

Trotzdem kann ich nicht anders, als auch hier meinen Senf dazuzugeben. Dazu fühle ich mich befugt, weil ich weder Deutsche noch Christin noch Muslima bin, und deshalb wahrscheinlich eher zu einer objektiven Meinung fähig bin. Auch wenn gewisse Menschen mich schon als „islamophobe Fotze“ betitelt haben, weil ich das Opferfest/Eid-e-Ghorban nicht feiern will, weil für uns Juden Isaak, und nicht Ismael der Nachfolger von Abraham ist.

Wie gesagt bin ich weder Christin noch Muslima und schon gar keine Deutsche, und auf mich wirkt diese ganze Debatte bizarr.

Zuallererst: Ja, auch Muslime, wie auch wir Juden, Bahai, Buddhisten, Agnostiker und Atheisten gehören zu Europa. Warum es dann quasi „nur“ christliche und islamische Fest- und Feiertage braucht, will mir nicht in den Kopf. Auf der einen Seite irgendwelche Nationalkonservativen, die sich in ihrer kollektiven Wahnvorstellung schon zu den neuen Kreuzrittern stilisiert haben, und auf der anderen Seite Naivlinge, welche in Muslimen nur Opfer von Diskriminierung sehen, und einige Muslime selbst, welche nur aufgrund dessen, dass nicht alle „Ja und Amen“ schreien, schon Rassismus und Islamophobie wittern.

Für mich persönlich ist das folgende Argument für islamische Feiertage mehr als gewöhnungsbedürftig: Muslime würden sich mit islamischen Feiertagen endlich respektierter fühlen und somit weniger Anlass haben in die Radikalität abzudriften. Heißt das im Gegenzug, dass der Islam so gefährlich ist, dass Muslime ohne islamische Feiertage Attentate begehen würden? Warum gibt es dann noch Attentate und Terrorgruppen auf der Sinai-Halbinsel?

Summa summarum: In meinen Augen ist diese Debatte ein Nebenkriegsschauplatz, denn die Welt hat sich in den letzten hundert Jahren nun einmal verändert und ein Deutscher, ein Europäer ist nicht mehr unbedingt nur Protestant oder Katholik oder ein geduldeter Jude, sondern Deutschland und Europa sind allgemein heterogener geworden. Darum wären eigentlich mehr Laizität von Seiten des Staates und mehr Bewusstsein für das Individuum angebracht.

Dass sich zum Beispiel Arbeitgeber bewusster werden, warum es einem säkularen iranischstämmigen Bürger wichtig ist am 21. März (Nouruz, persisches Neujahr) freizuhaben. Dass ich, als Jüdin, nicht jeden Herbst zwei Wochen lang meinem Chef nachdackeln muss, um am Jom Kippur frei zu bekommen. Stattdessen wird eine Debatte über positive Diskriminierung geführt, welche andere Minderheiten, die weder islamisch noch christlich sind, benachteiligen würde.

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