Ist die Robert-Bosch-Stiftung vor BDS eingeknickt?  

April 11, 2016 – 3 Nisan 5776
Verrat unter Freunden

Von Armin H. Flesch und Christian Ignatzi

Die Robert-Bosch-Stiftung und der Jüdische Nationalfonds KKL wollten kooperieren. Zum Auftakt traf sich eine hochkarätig besetzte Gesprächsrunde in Stuttgart. Drei Monate später herrscht allseits beharrliches Schweigen. Was ist geschehen?

Am Anfang lief alles perfekt. In Deutschland und Israel feierte man den fünfzigsten Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen, und in Berlin lernten sich zwei Leute kennen, die es gut meinten: Sarah Singer, frischgewählte Präsidentin des Jüdischen Nationalfonds KKL in Deutschland, und Dr. Joachim Rogall, Geschäftsführer der Robert-Bosch-Stiftung. Die älteste Umweltorganisation der Welt mit unschätzbarem Erfahrungspotenzial in Sachen Wiederaufforstung von Wüstengebieten und eine der finanzstärksten deutschen Stiftungen, zu deren Schwerpunkten Völkerverständigung, Wissenschaft und Gesundheit zählen – das sollte ein Traumpaar der Entwicklungshilfe werden!
Wen wundert’s, wenn Joachim Rogall kurze Zeit später freudig bekennt: „Das war Liebe auf den ersten Blick.“

Der Rahmen für Rogalls Liebeserklärung könnte festlicher kaum sein. Am 3. Dezember 2015 trifft man sich in der holzvertäfelten Halle der Villa Bosch in Stuttgart. Zur „Verlobungsfeier“ unter dem Motto „Nachhaltigkeit und Innovation“ haben die Frischverliebten eine kleine, aber feine Runde wohlmeinender Gäste eingeladen. Der baden-württembergische Wirtschafts- und Finanzminister Nils Schmid gehört ebenso dazu wie Christian Lange, parlamentarischer Staatssekretär im Bundesjustizministerium, und der israelische Gesandte in Berlin, Avi Nir-Feldklein. Vertreter von Firmen und Organisationen arrondieren die 35-köpfige Versammlung, die vom ehemaligen bayerischen Umweltminister Werner Schnappauf moderiert wird.

Ein konkretes Projekt der beiden Organisationen gibt es zwar zu diesem Zeitpunkt noch nicht, aber viele gute Ideen werden im Laufe des Abends geäußert. Die meisten arabischen Staaten haben mit denselben klimatischen Problemen zu kämpfen wie Israel; ihre Bevölkerungen würden nach Ansicht des KKL von dessen Wissen enorm profitieren. Weil die politische Lage ein direktes Engagement des KKL beispielsweise in Jordanien aber unmöglich macht, könnte die Bosch-Stiftung hier Türen öffnen. Schliesslich läuft alles auf Afrika hinaus: In Ruanda und Kenia ist der KKL bereits erfolgreich aktiv, eine Unterstützung aus Deutschland wäre hochwillkommen. Mit der klaren Absicht, den guten Worten Taten folgen zu lassen, geht man spätabends auseinander.

Wer zweifelt jetzt noch daran, dass es bald zu einer verbindlichen Vereinbarung kommen und aus der Verlobung eine Ehe werden wird? So könnte der Abend in Stuttgart am Ende zu dem führen, was Avi Nir-Feldklein sich zu Beginn erhofft hatte: „Die Welt ein kleines Stück besser zu machen.“ Doch dann kommt alles ganz anders...

Durch die Berichterstattung werden auch Kreise auf den Abend aufmerksam, die aus gutem Grund nicht zu seinen Gästen gehört hatten: die antiisraelische BDS-Bewegung und ihr schwäbischer Wurmfortsatz, das sogenannte „Palästina-Komitee Stuttgart“, kurz „PaKo“. Beide Organisationen verstehen sich als selbsternanntes Sprachrohr der Armen und Unterdrückten, sofern sie nur unter dem Joch des imperialistischen Zionismus darben.

In der Wahl ihrer Mittel und Argumente sind „BDS“ und „PaKo“ nicht zimperlich. Der Staat Israel wird grundsätzlich als Apartheidsstaat verunglimpft, obwohl alle israelischen Araber das volle Wahlrecht besitzen, in der 120-köpfigen Knesset 13 arabische Abgeordnete sitzen und der Vorsitzende der arabischen Ta’al-Partei zum stellvertretenden Parlamentssprecher gewählt wurde.

Weil man einen solchen „Monster-Staat“ natürlich bekämpfen muss, wo immer es geht, betreibt die BDS-Bewegung seit über zehn Jahren einen internationalen „Kauft nicht bei Juden“-Boykott gegen israelische Waren. Nur nennt sie es anders: „Boykott, Desinvestition, Sanktionen (BDS) gegen Israel bis zum Ende von Apartheid und Besatzung in Palästina.“ Dazu als Signet eine halbierte Blutorange, aus der Blut tropft: Das Blut der Kinder Palästinas. Was wie absurdes Theater klingt und als Delegitimations-Kampagne gegen Israel für jedermann leicht zu durchschauen sein sollte, ist tatsächlich ein höchst erfolgreiches Propagandaunternehmen.

Falschbehauptungen schafften es regelmäßig bis in die Medien und tragen damit unmittelbar zur Meinungsbildung bei. Offenkundige Lügen werden halb zurückgenommen und durch neue Lügen kaschiert oder in die Zuckerwatte vermeintlicher Menschenrechtsrhetorik verpackt. Protestbriefe sind oft von ausufernder Länge und reihen eine derart unüberschaubare Vielzahl angeblicher und von Laien schwer überprüfbarer „Verbrechen“ auf, dass der Leser das ganze entweder genervt beiseite schiebt oder gläubig-empört unterschreibt. So auch im Fall der Robert-Bosch-Stiftung.

Unter der Überschrift: „Palästinenser, Afrikaner und die Gegner von Kolonialismus lehnen Apartheid ab,“ mahnen die „PaKo-Aktivisten“ den „sehr geehrten Herrn Professor Rogall, die Damen und Herren vom Vorstand der Robert-Bosch-Stiftung und den sehr geehrten Herrn Minister Schmid,“, sie mögen doch „den guten Namen der Robert-Bosch-Stiftung“ nicht „durch die Zusammenarbeit mit dem JNF“ beschädigen. (…)

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