Paul Cassirer war der Kunst in vielfältiger Weise eng verbunden. Suchte er in den ersten Jahren in der Malerei und schriftstellerischen Tätigkeiten seine persönlichen Ausdrucksmöglichkeiten, so fand er bald seinen Platz weniger als Kunst Schaffender, sondern als Kunst Organisierender. Nach Wanderjahren in München, Paris und Brüssel war der Ort seines nachhaltigen Wirkens Berlin, die Stadt mit deren Geschichte sowie deren Kunst- und Kulturentwicklung er eng verbunden war.
Seine Idee war es, eine eigenes „multikulturelles Forum“ zu schaffen, damit sich die deutsche Reichshauptstadt Berlin zu einer europäischen Kulturstadt wie Paris entwickelt. Er machte den französischen Impressionismus in Deutschland populär, förderte moderne, bis dahin noch nicht anerkannte deutsche Künstler, vor allem Impressionisten. 1898 gründete er mit seinem Vetter Bruno Cassirer im Tiergartenviertel das Unternehmen „Bruno und Paul Cassirer. Kunst- und Verlagsanstalt“. In der „Berliner Sezession“ arbeitete er von Beginn an mit, zunächst als Geschäftsführer, später als Vorsitzender. Im Ersten Weltkrieg meldete er sich begeistert als Freiwilliger, kehrte jedoch 1916 als Pazifist zurück.
Nach dem Krieg änderten sich die Kunstströmungen sowie das Publikum. Paul Cassirer, der seinen Vorstellungen treu blieb, konnte mit diesen neuen Richtungen nichts anfangen. Er tat sich bereits mit dem Expressionismus und den Brücke-Künstlern schwer. Gegen Ende des Ersten Weltkrieges war der assimilierte Jude Paul Cassirer antisemitischen Angriffen ausgesetzt. Seine zweite Ehe mit der Schauspielerin Tilla Durieux war zunehmend zerrüttet. Mehrfache Selbstmorddrohungen bzw. -versuche, hinderten Tilla Durieux wohl daran, schon eher die Scheidung einzureichen. Als am 5. Januar 1926 die Scheidungspapiere unterschrieben werden sollten, verletzte sich Paul Cassirer durch einen Schuss schwer. Zwei Tage später verstarb er an diesen Verletzungen im Berliner Elisabeth-Krankenhaus.
Paul Cassirers Wanderjahre
Paul Cassirer stammte aus einer großbürgerlichen, assimilierten jüdischen Familie, die ihre Wurzeln in Oberschlesien hatte. Er selbst wurde am 21. Februar 1871 in Breslau geboren, auch wenn vielfach Görlitz als sein Geburtsort genannt wird. Bereits 1872 zog die Familie nach Görlitz, wo er aufwuchs und das Gymnasium besuchte. Ab 1886 ist die weit verzweigte Familie Cassirer in Berlin nachgewiesen. Dr. Hugo Cassirer, einer der beiden älteren Brüder Pauls, und sein Vater Louis gründeten das Unternehmen „Dr. Hugo Cassirer & Co. Kabelwerke“ in Berlin-Charlottenburg. Paul Cassirer zog 1893 nach München. Er soll aber, entgegen oftmals anders lautender Mitteilungen, weder als Jura-Student noch als Student der Kunstgeschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität eingeschrieben gewesen sein. Im August 1894 veröffentlichte die Zeitschrift „Blätter für die Kunst“ Cassirers Text „Nachtstück“. Im selben Jahr erschien sein Drama „Fritz Rainer, der Maler“. 1895 wird Cassirers Roman „Josef Geiger“ unter dem Pseudonym „Paul Cahrs“ veröffentlicht. In beiden Werken taucht er in die Münchner Atmosphäre ein, beide haben autobiografische Züge. Die Hauptfiguren tragen sich mit bohrenden Selbstzweifeln, die auch Cassirer selbst nie ganz ablegen wird. Vor den dichterischen Versuchen, beschäftigte er sich unter dem Einfluss August Gauls mit dem Aktzeichnen.
Max Liebermann urteilte jedenfalls, dass er „dabei mindestens so viel geleistet hat wie Maler von Beruf, ...“ (aus: „Paul Cassirer und sein Kreis“, S. 41). In seiner Münchner Zeit kam er mit einer Reihe von Künstlern zusammen, die vor allem französische Kunstströmungen diskutierten. Im Januar 1895 zog er nach Berlin, befand sich allerdings bis Sommer zu Kuraufenthalten in Meran, München, Spa und Brüssel. Im Juli 1895 heiratete er Lucie Oberwarth. Aus dieser Ehe, die 1904 bereits wieder geschieden wurde, gehen die Tochter Aimée Susanne und Sohn Peter hervor. 1896/97 war Paul für längere Zeit in München und Paris, wo er mit dem französischen Impressionismus in Berührung kam und die damals bedeutenden Kunsthändler Paul Durand-Ruel und Bernheim Jeune kennenlernte. Mit beiden arbeitete er später eng zusammen. (...)
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