Wie Jesus im Verlauf der Geschichte immer wieder sein Judentum abgesprochen wurde.  

Januar 11, 2018 – 24 Tevet 5778
Jesus war weder „Arier“ noch Muslim

Von Gerd Buurmann

Im christlichen Abendland gehört es zur unseligen Tradition, Jesus sein Judentum abzusprechen. Für viele Christen war und ist es einfach unerträglich, dass Jesus Jude war. Pünktlich zu Weihnachten übernimmt der „Spiegel“ die Aufgabe, Jesus sein Judentum abzusprechen, zumindest auf dem Titelblatt.

Auf der Weihnachtsausgabe 2017 präsentiert der Spiegel zweimal Jesus. Ein Jesus trägt Turban. Darunter steht: „Jesus, der Muslim.“ Der andere Jesus trägt sein Haar offen. Darunter steht: „Jesus, Gottes Sohn.“ Das ganze Titelbild steht unter dem Motto: „Was Christentum und Islam verbindet und trennt.“ Dass Jesus Jude war, wird auf der Titelseite nicht erwähnt.

Ich nutze daher diese Weihnachtszeit, um noch ein paar andere Männer zu präsentieren, die Probleme damit hatten, dass Jesus Jude war. Katholik und Nazi-Propagandist Joseph Goebbels zum Beispiel schrieb im Jahr 1923, nachdem er zwar in Germanistik promoviert hatte, aber dennoch arbeitslos war:

„Christus ist hart und unerbittlich. Er peitscht die jüdischen Händler aus dem Tempel heraus (…) Wir modernen Deutschen sind so etwas wie Christussozialisten. Christus ist das Genie der Liebe, als solches der diametralste Gegenpol zum Judentum, das die Inkarnation des Hasses darstellt. Der Jude bildet eine Unrasse unter den Rassen der Erde. (…) Christus ist der erste Judengegner von Format (…) Der Jude ist die menschgewordene Lüge. In Christus hat er zum ersten Mal vor der Geschichte die ewige Wahrheit ans Kreuz geschlagen (…) Christus kann gar kein Jude gewesen sein. Das brauche ich erst gar nicht wissenschaftlich zu beweisen, das ist so.“

Der nationalsozialistische Chefideologe Alfred Rosenberg wiederum schrieb:

„Die große Persönlichkeit Jesu Christi, wie immer sie auch gestaltet gewesen sein mag, wurde gleich nach ihrem Hinscheiden mit allem Wust des vorderasiatischen, des jüdischen und afrikanischen Lebens beladen und verschmolzen (…) In Kleinasien übten die Römer ein straffes Regiment aus und trieben unerbittlich ihre Steuern ein; in der unterdrückten Bevölkerung entstand folglich die Hoffnung auf einen Sklavenführer und Befreier: das war die Legende vom Chrestos. Von Kleinasien gelangte dieser Chrestosmythus nach Palästina, wurde lebhaft aufgegriffen, mit dem jüdischen Messiasgedanken verbunden, und schließlich auf die Persönlichkeit Jesu übertragen. Diesem wurden neben seinen eigenen Predigten die Worte und Lehren der vorderasiatischen Propheten in den Mund gelegt und zwar in der Form einer paradoxen Überbietung altarischer Forderungen, wie zum Beispiel des Neun-Gebote-Systems, das schon vorher von den Juden in ihren zehn Verboten für sie selbst zurechtgestutzt worden war (…) Abgeschafft werden muss danach ein für allemal das sogenannte Alte Testament als Religionsbuch. Damit entfällt der misslungene Versuch der letzten anderthalb Jahrtausende, uns geistig zu Juden zu machen, ein Versuch, dem wir unter anderem auch unsere furchtbare materielle Judenherrschaft zu danken hatten (…) Jesus erscheint uns heute als selbstbewusster Herr im besten und höchsten Sinne des Wortes. Sein Leben ist es, das für germanische Menschen Bedeutung besitzt, nicht sein qualvolles Sterben. Der gewaltige Prediger und der Zürnende im Tempel, der Mann, der mitriss und dem ‚sie alle’ folgten, nicht das Opferlamm der jüdischen Prophetie, nicht der Gekreuzigte ist heute das bildende Ideal.“

Das wäre doch mal ein Titel für den Spiegel: „Jesus, der Germane.“

Oder noch besser: „Jesus, der Arier. Was Christentum und Arier verbindet und trennt.“

Der „Spiegel“ kann ja dann ausgiebig Adolf Hitler zitieren:

„Jesus war sicher kein Jude (…) Die christliche Religion ist nur für die Arier geschaffen, für die anderen Menschen ist sie widersinnig (…) Ich kann mir Christus nicht anders vorstellen als blond und mit blauen Augen, den Teufel aber nur in der jüdischen Fratze (…) Das Christentum war alles zerstörender Bolschewismus. Dabei hat der Gäliläer, den man später Christus nannte, etwas ganz anderes gewollt. Er war ein Volksführer, der gegen das Judentum Stellung nahm. Galiläa war sicher eine Kolonie, in welcher die Römer gallische Legionäre angesiedelt haben, und Jesus war bestimmt kein Jude. Die Juden nannten ihn ja auch einen Hurensohn, den Sohn einer Hure und eines römischen Soldaten.“

Doch zurück zu Alfred Rosenberg. Er schrieb weiter:

„Schon fast alle Maler Europas haben das Gesicht und die Gestalt Jesu aller jüdischen Rassenmerkmale entkleidet. So verzerrt durch die Lamm-Gottes-Lehren sie auch ihren Heiland malen mussten, bei allen Großen des nordischen Abendlandes ist Jesus schlank, hoch, blond, steilstirnig, schmalköpfig. Auch die großen Künstler des Südens haben für einen krummnasigen, plattfüßigen Heiland kein Verständnis gehabt.“

Der katholische Theologe Karl Borromäus Adam erklärte:

„Der arische Jesus begegnet bereits in Hitlers ersten Reden von 1921, häufig in der Passions- und Adventszeit, oft am Ende seiner Reden, verbunden mit dem Appell eines aktiven Kampfes gegen das Judentum. Hitlers arischer Jesus reduziert sich oft auf den Geißel schwingenden, die Händler aus dem Tempel treibenden Jesus des Johannesevangeliums. Mit ihm hatte sich Hitler zeitweise, öffentlich eine Nilpferdpeitsche schwingend, identifiziert.“

All diese Interpretationen sind nicht mehr oder weniger albern als der Versuch, aus Jesus einen Moslem zu machen, obwohl der Islam erst mehrere Jahrhunderte nach Jesus in Erscheinung trat. Albern ist auch die Entscheidung des „Spiegel“, darüber eine Titelgeschichte zu machen. Es ist halt Weihnachten.

Komplett zu lesen in der Druck- oder Onlineausgabe der Zeitung. Sie können die Zeitung „Jüdische Rundschau“ hier für 39 Euro im Papierform abonnieren oder hier ein Onlinezugang zu den 12 Ausgaben für 33 Euro kaufen.


Sie können auch diesen Artikel komplett lesen, wenn Sie die aktuelle Ausgabe der "Jüdischen Rundschau" hier online mit der Lieferung direkt an Sie per Post bestellen oder jetzt online für 3 Euro statt 3,70 Euro am Kiosk kaufen.

Brief an die Redaktion schreiben

Soziale Netzwerke