Der Jude Albert Ballin war der größte Reeder der Welt und wollte mit dem Kaiserreich sterben.  

April 2, 2015 – 13 Nisan 5775
„Er war die HAPAG und die HAPAG war er“

Von Claudia Trache

Er war ein Visionär, mit einem Gespür für wirtschaftliche Entwicklungen. Aus der jüdischen Unterschicht Hamburgs stammend arbeitete sich Albert Ballin mit Geschick und dem Glück des Tüchtigen nach oben. Als Generaldirektor der HAPAG (Hamburg-Amerikanische Packetfahrt-Actien-Gesellschaft) entwickelte er die Hamburger Reederei bis zum Ersten Weltkrieg zur größten Reederei der Welt. Er erfand die moderne Kreuzfahrt. Das Auswanderungsgeschäft entwickelte er weiter, führte auf den Schiffen Zwischendecks ein, ließ Auswanderungshallen bauen, um die hygienischen Bedingungen aber auch die Sicherheit der Passagiere zu verbessern. Sein Unternehmen besaß als eines der ersten eine Presseabteilung („Literarisches Büro“), womit er geschickt die Öffentlichkeit mit Informationen versorgte. Er bewunderte Kaiser Wilhelm II., verkehrte mit ihm einige Jahre auch privat.
(…)
Von nun an setzte er alles daran das Unternehmen voran zubringen. Dafür arbeitete er bis zu 16 Stunden am Tag, an sieben Tagen in der Woche. Routineabläufe waren ihm zuwider. Er bevorzugte oft unkonventionelle Methoden. „Ein enger Mitarbeiter Ballins, Erich Murken, schreibt: „Ballin war ein vorwiegend synthetischer Kopf. Die psychologische Analyse war in ihm stärker entwickelt als die rechnerische Analyse. Er war mehr ein Meister verwickelter Situationen als komplizierter Berechnungen und Statistiken.“
Er entwickelte das Auswanderungsgeschäft in vielerlei Weise weiter. Bis 1917 entstanden auf der „Veddel“ (Hamburger Hafenbezirk) mehr als 30 Pavillons für bis zu 55.000 wartende Menschen, die von 180 Hapag-Angestellten, darunter 23 Dolmetschern betreut wurden. Für die damalige Zeit hatte diese Anlage Vorbildcharakter. Die sanitären Verhältnisse wurden verbessert. Vier festangestellte Ärzte überwachten den Gesundheitszustand der Auswanderer. Damit zog Ballin Konsequenzen aus der Cholera-Epidemie von 1892 und verringerte die Gefahr, dass erkrankte Passagiere von Amerika auf seine Kosten zurückgeschickt wurden. Auch wenn Ballin nicht als besonders religiös bekannt war und nur selten die Synagoge besuchte, so zeigte er sich beim Ausbau seiner Auswandererstadt diesbezüglich sehr sensibel.

Komplett zu lesen in der Druck- oder Onlineausgabe der Zeitung. Sie können die Zeitung „Jüdische Rundschau“ hier für 39 Euro im Papierform abonnieren oder hier ein Onlinezugang zu den 12 Ausgaben für 33 Euro kaufen.


Sie können auch diesen Artikel komplett lesen, wenn Sie die aktuelle Ausgabe der "Jüdischen Rundschau" jetzt online für 3 Euro statt 3,70 Euro am Kiosk kaufen.

Brief an die Redaktion schreiben

Soziale Netzwerke