Rezension zu Markus Vahlefelds neuem Buch „Mal eben kurz die Welt retten. Die Deutschen zwischen Größenwahn und Selbstverleugnung“  

August 4, 2017 – 12 Av 5777
Endet der Klimawandel wie das Waldsterben?

Von Cora Stephan

„Ich war das erste Mal in meinem Leben stolz auf dieses Land.“ Das seufzen noch heute viele in Erinnerung an die Wonnezeit des großen Willkommens im August 2015, Menschen, die sich normalerweise allein mit dem Wort „Deutschland“ schon schwer tun und niemals die deutsche Fahne schwingen oder bei der Nationalhymne mitsingen würden. Deutschland und seine Bevölkerung waren offenbar in ihren Augen endlich auf der richtigen Seite angekommen: bei den Guten.

Tatsächlich leisteten viele an der „Basis“, in den Gemeinden und Turnhallen, von den Bürgermeistern bis zu den vielen freiwilligen Helfern, Großartiges. Das, konstatiert Markus Vahlefeld, war „die Sonne, in deren moralischen Licht die Bundespolitiker badeten“ – Politiker, die jene Zustände sehenden Auges zugelassen, ja herbeigeführt hatten, die eine derart große Hilfsbereitschaft überhaupt erst nötig machten. Die kollektive Begeisterung zeigte jedoch bald ihre Kehrseite: den Ausschluss all derer, die eine Politik der offenen Grenzen nüchtern sahen und für brandgefährlich hielten. Das hinterließ zerstörte Freundschaften und spaltet das Land noch heute, obwohl die Verantwortlichen längst stillschweigend zurückrudern.

Was ist los? Sind alle, auf je verschiedene Weise, wahnsinnig geworden? Wer glaubt, schon alles über die Lage zu wissen, darf sich überraschen lassen. Markus Vahlefeld, „Achse des Guten“-Lesern als scharfsinniger Stilist vertraut, führt in seinem im Selbstverlag erschienenen Buch „Mal eben kurz die Welt retten“ die Gefühlslagen auf ihren realistischen Kern zurück.

Als erstes demontiert er die Vorstellung, die Willkommenseuphorie habe gezeigt, dass das deutsche Volk „ein besseres Volk“ geworden sei, weil es „Schlüsse aus seiner Vergangenheit“ gezogen habe, wie Bernd Ulrich von der „Zeit“ im April 2016 verkündete. Mal abgesehen davon, dass man schon eine volkhafte Kollektivschuld annehmen müsse, um sich an der Läuterungsfähigkeit des deutschen Volkes zu erfreuen – nicht die Lehren aus der Geschichte, nicht der Fortschritt zum Guten, als dessen Motor sich nun schon seit Jahrzehnten eine vor allem linksgrüne Moral geriere, die Auschwitz als eine Art Besserungsanstalt funktionalisiert, habe das Land weiblicher, offener und friedlicher gemacht. Das Bösesein ist den Deutschen aus ganz anderen Gründen abhanden gekommen: it’s the demography, stupid.

Ihnen fehlt die Grundlage für gewalttätige Eroberungslust: eine hohe Zahl testosteronstarker junger Männer. „Die Stärke der westlichen Gesellschaften“, schreibt Vahlefeld, „ist ihr demographischer Niedergang.“ Die Antibabypille hat nicht nur die Frauen vom Gebärzwang befreit, sondern auch die Gesellschaft von der Sprengkraft männlicher Aggression.

Eine alternde Gesellschaft, in der beschäftigungslos marodierende junge Männer eine schwache Minderheit sind, ist eine friedlichere. Nichts könnte also idiotischer sein, als sie sich aus anderen Ländern und Kulturen massenhaft einzuladen, weil man eine (global doch eigentlich nur wünschenswerte) Bevölkerungsabnahme vermeiden will.
Vor allem aber: „Die kulturelle Offenheit und der Frieden, die sich Europa durch niedrige Geburtenraten erkauft hat“, wird „als höhere Moral, die für alle Anwendung finden soll, missverstanden.“

Wir sind friedlich, weil wir nicht anders können. Das gilt nicht für Länder mit einem großen Anteil junger Männer, die keine Beschäftigung finden.
Statt die dramatisch wachsenden Bevölkerungen in Afrika als Ursache von Gewalt und Krieg zur Kenntnis zu nehmen und über Abhilfe nachzusinnen, hat sich der Westen auf eine „Klimakatastrophe“ kapriziert, die man für ursächlich für Fluchtbewegungen erklärt. Dabei ist es die Perspektivlosigkeit in übervölkerten Gesellschaften, die sie auslöst.

Praktischerweise aber kann man mit der dräuenden „Klimakatastrophe“ vor allem die eigene Bevölkerung kujonieren, die an der dramatischen Lage durch ihre Lebensweise (und womöglich auch noch durch die Kolonialgeschichte) schuld sei, weshalb sie Verzicht zu üben habe. „Das Zwei-Grad-Ziel, das bis zum Jahr 2100 erreicht werden soll, und in das weltweit Billionen Dollar gesteckt werden, ist die Nebelkerze, die es brauchte, um von den dramatischen Ursachen der Völkerwanderungsbewegungen ablenken zu können.“ Das erklärt zu einem nicht geringen Teil die Vehemenz, mit der „Klimaleugner“ in die ultraböse Ecke gestellt werden.

Solch Widerspruch gegen das allgemeine Eiapopeia „Wir werden uns verändern, und ich freu mich drauf“ wird deren Apologeten ärgern. Den anderen dürfte Vahlefelds Abrechnung mit dem „linken“ Denken Spaß machen: er nimmt den „linken“ Populismus auf die Hörner, der am laufenden Meter Angst schürt: vor Atomkraft, dem Waldsterben, der Klimakatastrophe. Nur den Islam haben gute „Linke“ lieb, die bei jedem Terroranschlag vor allem daran denken, dass „Rechte“ daraus Honig saugen und Muslime unter „Generalverdacht“ geraten könnten.

Überhaupt: Ganz offenbar gibt es mittlerweile eine Opferhierarchie. Opfer realer Gewalt dürfen weniger Verständnis erwarten als jene „struktureller Gewalt“. „Ein Opfer der Verhältnisse steht in der Hierarchie über einem Opfer realer Gewalt.“ Ein sich durchsetzender positiver Rassismus (den anderen, den Migranten gegenüber) erweist sich als „negativer Selbst-Rassismus“.

Das mag einer der Gründe dafür sein, dass „Hate Speech“ oder auch nur Abneigung gegen jemanden aus der Minderheit der illegal Eingewanderten als schlimmer empfunden wird, denn Gewalt eines solchen „Opfers der Verhältnisse“ gegen ein Mitglied der Mehrheitsgesellschaft. Doch „wenn die Zugehörigkeit zu einer Minderheitengruppe darüber entscheidet, ob Anliegen Gehör finden oder nicht, wird eines der konstitutiven Elemente der Demokratie ausgehöhlt: dass die Mehrheit entscheidet.“ (…)

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