Das Hebron-Massaker von 1929: Die Bundeszentrale für politische Bildung verdreht durch bewusst falsche Begrifflichkeiten die Geschichte und Verantwortlichkeiten  

November 9, 2018 – 1 Kislev 5779
Ein Pogrom ist kein „Konflikt“

Von Karl Pfeifer

Ganz krass und unverschämt treiben es die Neonazis und ihre Nachbeter, die von einem Konflikt zwischen Juden und Nationalsozialisten nach 1933 schreiben. Nicht so krass, aber doch von der gleichen „Logik“ geleitet, beschreibt Dr. Maximilian Felsch, die Ereignisse von 1929. 
Man muss schon sehr zynisch oder verkommen sein, um die Abschlachtung von nicht-zionistischen orthodoxen Juden in Hebron und in Safed einfach als Teil eines arabischen Aufstandes gegen die jüdische Einwanderung und gegen die Briten zu bezeichnen.

Zumal ja Gudrun Krämers Buch „Geschichte Palästinas“, das in der Bibliografie erwähnt wird, genau beschreibt wie „vorranging nicht Zionisten, sondern Angehörige des alten Yishuv, überwiegend orthodoxe Juden“ angegriffen wurden. Tom Segev hat in seinem Buch „Es war einmal ein Palästina“ ein ganzes Kapitel der Abschlachtung von Juden in Hebron gewidmet.

Dies blendet Felsch einfach aus:


„Arabischer Widerstand gegen Einwanderung und Teilungsplan 
Ab 1929 kam es zu größeren arabischen Aufständen sowohl gegen die jüdische Einwanderung als auch gegen Repräsentanten der britischen Mandatsmacht. Vordergründig ging es um die Kontrolle über die heiligen Stätten in Jerusalem, gleichzeitig kristallisierten sich im Kontext der Gewaltausbrüche erstmals zwei verfeindete Nationalbewegungen heraus. Historisch kann das Jahr 1929 daher als der Beginn des israelisch-arabischen Konflikts betrachtet werden. Großbritannien war nicht in der Lage, diesen Konflikt zu befrieden und geriet stattdessen immer mehr zwischen die Fronten. Als im Zuge einer arabischen Revolte 1936 ein friedliches Zusammenleben beider Bevölkerungsgruppen zunehmend unmöglich schien, erarbeitete London einen Teilungsplan für Palästina.“
(Informationen zur politischen Bildung Nr. 336/2018 S. 15)


Schauen wir uns an, wie die von der britischen Regierung ernannte Shaw-Kommission in ihren Schlussfolgerungen über das „Wesen des Ausbruchs“ berichtete:

1. Der Ausbruch der Unruhen in Jerusalem am 23. August [1929 KP] war von Anfang an ein Angriff von Arabern auf Juden, für den es keine Entschuldigung in etwas früher von Juden begangenen Morden festgestellt wurde.
2. Der Ausbruch war nicht planmäßig veranstaltet worden. Die Unruhen ereigneten sich nicht gleichzeitig in allen Teilen Palästinas, sondern sie breiteten sich von der Hauptstadt aus durch eine Reihe von Tagen bis in sehr entfernt liegende Bevölkerungszentren und in einige ländliche Distrikte aus.
3. Sie nahmen zum größten Teil die Form eines böswilligen Angriffs von Arabern auf Juden an, der von zügelloser Zerstörung jüdischen Eigentums begleitet war. Eine allgemeine Niedermetzelung der jüdischen Gemeinde in Hebron mit knapper Not vermieden. In einigen Fällen griffen Juden Araber an und zerstörten arabisches Eigentum. Diese Angriffe, obwohl unentschuldbar, waren in den meisten Fällen Vergeltung für Gewaltakte, die bereits von Arabern in der Nachbarschaft der Orte, in denen die jüdischen Angriffe sich ereigneten, begangen worden waren.
4. Der Ausbruch war weder eine Revolte gegen die britische Autorität in Palästina, noch ist er als solche beabsichtigt gewesen.“

Das bestätigt ausführlich auch Gudrun Krämer im oben erwähnten Buch.

Tatsächlich, und auch das wird von Felsch verschwiegen, gab es nicht nur eine jüdische Einwanderung in das britische Mandatsgebiet Palästina-Erez Israel, sondern auch eine starke arabische Einwanderung. Laut einem Bericht an die UNO-Generalversammlung gab es 1922 im Land 557.641 Araber, diese Zahl ist bis 1946 auf 1.221.846 gestiegen. Das starke Wachstum der arabischen Bevölkerung – mehr als doppelt so viele Einwohner in weniger als einem Vierteljahrhundert – war nicht nur ein Ergebnis der besseren medizinischen Versorgung, sondern auch der arabischen Masseneinwanderung.

Der bis heute verehrte Scheich Izz al-Din al-Kassam war ein fanatischer Prediger, nach dem sowohl Raketen, mit denen man die Juden im Süden Israels terrorisiert, als auch eine Terrortruppe der Hamas benannt sind. Er kam 1920 mit 38 Jahren aus Syrien nach Palästina. Bis heute wird er als „palästinensischer“ Nationalheld verehrt.
Während die „Nakba“ von Felsch erwähnt wird, verliert er kein Wort über die Vertreibung bzw. die Flucht von hunderttausenden Juden aus arabischen Staaten.

Interessant ist die Bemerkung, die auf der letzten Seite der Broschüre zu finden ist:

„Diese Veröffentlichung stellt keine Meinungsäußerung der Bundeszentrale für politische Bildung dar. Für die inhaltlichen Aussagen tragen die Autorinnen und Autoren die Verantwortung.“ 

Dafür jedoch, dass ausgerechnet Dr. Maximilian Felsch, der an der Haigazian-Universität in Beirut Politikwissenschaft lehrt, ausgewählt wurde, um über „Die Beziehungen zwischen Israelis und Palästinensern“ einen neunseitigen Artikel zu schreiben, ist allein die Bundeszentrale für politische Bildung, also eine Bundesbehörde verantwortlich.
Man kann sich also nicht auf diese Broschüre einer deutschen Bundesbehörde verlassen.

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