Das Gesetzesvorhaben des amtierenden Justizministers Heiko Maas ist entbehrlich, weil Beleidigung, Verleumdung und Volksverhetzung bereits Straftatbestände sind.  

Juni 1, 2017 – 7 Sivan 5777
Die Privatisierung des staatlichen Gewaltmonopols

Von Jaklin Chatschadorian

Wir beobachten in der Debattenkultur der Bundesrepublik seit geraumer Zeit eine negative Entwicklung, welche mit dem sog. „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“ (in seiner jetzigen Fassung) einen Höhepunkt erreicht und das Grundgerüst unserer Werte- und Rechtsordnung zu verschieben droht.

Die freie Meinungsäußerung ist für eine freiheitlich-demokratische Staatsordnung konstituierend. Als unmittelbarster Ausdruck der menschlichen, individuellen Persönlichkeit des Einzelnen in einer Gesellschaft gehört das Recht einen Gedankengang offen auszusprechen zu den nobelsten Menschenrechten unserer Zivilisation.

Gerade im Bereich der Äußerung von Werturteilen besteht Grundrechtsschutz von vornherein – unabhängig davon, ob die Äußerung rational oder emotional, begründet oder grundlos ist und ob sie von anderen für nützlich oder schädlich, wertvoll oder wertlos gehalten wird.

Gleichwohl ist das Grundrecht der Meinungsfreiheit nicht schrankenlos gewährleistet. Zum Beispiel sind Beleidigungen, Verleumdungen und Volksverhetzung im Strafgesetzbuch bereits als Straftatbestand normiert. Zudem gibt es zivilrechtliche Wege, um unzulässigen Inhalten Einhalt gebieten zu können. Wozu also das sog. Netzwerkdurchsetzungsgesetz?

Das entbehrliche Gesetzesvorhaben des amtierenden Justizministers Heiko Maas ist das Ergebnis des Zusammenwirkens verschiedener Faktoren, die eines Rechtsstaates unwürdig sind.

Es will zwar dem sog. „Hatespeech“ (Zu Deutsch: Hassrede) in bester Absicht entgegentreten, bedient sich allem voran aber einer verfassungswidrigen Methode: der Privatisierung des staatlichen Gewaltmonopols durch die Auslagerung strafrechtlicher Prüfungen auf Unternehmen.

Damit riskiert es eine willkürliche, unzureichende, ungleichmäßige, rein subjektive Beschränkung eines hohen Rechtsgutes durch private Unternehmen und Stiftungen. Diese wiederum könnten sich der Unterstützung von Subunternehmen bedienen und wir wären im Extremfall beim Hilfsarbeiter, der entscheidet, wer etwas sagen darf und wer nicht.

Genau das ist aber die Verpflichtung des Staates, welche er nur in die vertrauensvolle, entsprechend ausgebildete, politisch neutrale Hand seiner eigenen Kräfte geben darf.
Die Entscheidung beruht letztlich darauf, dass Strafverfolgungsbehörden und Gerichte grundsätzlich überfordert sind. Die Anzahl der registrierten Straftaten in Deutschland ist im Jahr 2016 im Vergleich zu den Vorjahren gestiegen: Ein Trend, der sich bereits seit mehreren Jahren verzeichnen lässt, seit der sog. Flüchtlingskrise aber an Geschwindigkeit zugenommen hat. (…)

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