Wie das Programm „Demokratie leben“ iranischen Demokratie-Feinden zu Steuergeldern verhilft 

April 6, 2018 – 21 Nisan 5778
Die Iran-Connection in Deutschland

Von Susanne Baumstark

Ausgangspunkt dieser Recherche ist der aktuelle Beitrag in „Bild“, die noch einmal den „Fall des iranischen Todesrichters Ayatollah Mahmud Hashemi Schahrudi“ aufs Tapet bringt. Dieser war jahrelang für Folter, Amputationsstrafen und Hinrichtungen – auch Minderjähriger – verantwortlich. Im Dezember ließ er sich in einer Privatklinik in Hannover behandeln. Gegen seinen Aufenthalt in Deutschland gab es mehrere Anzeigen. Selbst der Klinik-Chef fragte sich, „warum Menschen, denen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen werden, ein Einreisevisum von der Bundesrepublik Deutschland erteilt wird“. Allerdings: „Bevor ein Haftbefehl erlassen werden konnte, verließ der Todesrichter das Land, flog ab Flughafen Hamburg zurück nach Teheran.“

Bei Nachfragen zur Rolle von Bundesaußenminister Sigmar Gabriel wegen seiner „freundschaftlichen“ Verbindungen zum iranischen Regime gibt sich die Bundesregierung „schmallippig“. Nachforschungen der „Bild“: Die Privatklinik leitet der Iraner Dr. Madjid Samii. Samii begleitete Gabriel im Juli 2015 und Oktober 2016, als dieser die Mullah-Diktatur besuchte. Und weiter: Am Krankenbett des „Todesrichters“ saß auch Ayatollah Reza Ramezani, Leiter des Islamischen Zentrums Hamburg (IZH) und Stellvertreter des iranischen Führers Ayatollah Khameneis in Europa sowie hochrangige Figur bei der IGS. Das Kürzel IGS steht für den Dachverband der schiitischen Gemeinden, gegründet auf Initiative des IZH. Er pflegt Nähe zur Führung in Teheran und wird vom Verfassungsschutz wegen extremistischer Beeinflussung beobachtet.

Die „Bild“ wunderte sich bereits Ende Januar, dass der IGS bis Ende 2019 mit 283.150 Euro Steuergeld aus dem EU-Fonds für Innere Sicherheit gefördert werden soll – und zwar ausgerechnet zur „Extremismus-Prävention“ und „Deradikalisierung“. Laut einer Antwort der Bundesregierung vom Januar enthält die iranische Verfassung „nach wie vor den Auftrag, das iranische Modell eines Gottesstaates weltweit zu exportieren“. Auch das IZH sei an diesen Auftrag gebunden. Dessen Funktionäre unterstützen etwa den israelfeindlichen „Quds-Tag“ in Berlin. „Das IZH ist nach der Bewertung der Sicherheitsbehörden neben der Botschaft die wichtigste Vertretung der Islamischen Republik Iran in Deutschland und eines ihrer wichtigsten Propagandazentren in Europa“, so die Bundesregierung. Ausdrücklich erklärt in der iranischen Verfassung sei die Islamisierung anderer Nationen nach iranischem Vorbild. „Die Inhalte der Verfassung der Islamischen Republik Iran sind mit den Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland schlechthin unvereinbar.“

Kofinanzierung aus dem Bundesprogramm „Demokratie leben!“
Genaueres zur „Extremismus-Prävention“ des IGS: „Im Rahmen der Förderung des Projektes ‚Extrem engagiert! Kompetenzprogramm junger Muslime‘ durch den EU-Fonds für Innere Sicherheit erhält die IGS eine Kofinanzierung aus dem Bundesprogramm ‚Demokratie leben!'. Im Haushaltsjahr 2017 erhielt die IGS – vorbehaltlich der noch zu erfolgenden Verwendungsnachweisprüfung – 6.579,78 Euro. Im Haushaltsjahr 2018 sind 41.931,49 Euro zur Kofinanzierung vorgesehen“, für 2019 dann 45.872,72 Euro. Das hochgelobte und vielzitierte Vorzeigeprojekt „Demokratie leben!“ finanziert u.a. also mit steigender Tendenz einen Verband, dessen Prinzipien in Anlehnung an die iranische Führung mit der hiesigen demokratischen Grundordnung gar nicht vereinbar sind.

Die Bundesregierung begründet das so: „Im Rahmen der Entscheidungsprozesse über Projektanträge werden alle entscheidungserheblichen Umstände berücksichtigt. Hierzu gehören auch mögliche sicherheitsrelevante Aspekte. Die Bundesregierung weist jedoch darauf hin, dass die Sicherheitsbehörden nach Maßgabe ihres gesetzlichen Auftrags keine inhaltliche Bewertung von Projekten vornehmen. Das in Rede stehende Projekt beruht auf der erstmaligen und daher grundsätzlich auch zu begrüßenden Zusammenarbeit von Verbänden, die im Einzelfall unter den Aspekten des Verfassungsschutzes durchaus unterschiedlich zu bewerten sind, und die Förderung bezogen auf die IGS erfolgte auch in Kenntnis der Tatsache, dass es sich bei dieser Organisation um einen Dachverband von höchst heterogener Zusammensetzung handelt.“

Zum Antrag für das Projekt „Extrem engagiert! Kompetenzprogramm junger Muslime“, das muslimische Jugendliche durch „qualitative Workshops“ und „Multiplikatoren-Schulungen“ in die Präventionsarbeit einbinden will, heißt es weiter in der Antwort der Bundesregierung auf Seite 7 in Form eines Rätsels: „Die IGS hat, vertreten durch Herrn U. S. (stellv. Vorstandsvorsitzender der IGS) am 6. Februar 2017 den Projektantrag eingereicht.“ Das Kürzel „U. S.“ steht mutmaßlich für den kurzen, also praktischerweise eigentlich unnötig abgekürzten Namen Ussam, Said. Zufälligerweise ist ein Herr selbigen Namens als Ansprechpartner zum Projekt „Flucht und Asyl“ (2016) des Jugendmigrationsdienstes beim Caritasverband Trier gelistet.

Organisator der deutschen Geschäftsreisen in den Iran
Auf Seite 8 der Antwort darf man über weitere Namenskürzel rätseln: „Folgende Personen und Organisationen sind im Projekt involviert: Projekt- und Finanzverantwortliche: Herr U. S., Herr D. N. Weitere Ansprechpartnerin: Frau F. M.“ Während die abgekürzte Dame weiter ausholende Rechercheleistung erforderte, wird man über Herrn D. N. schnell fündig. Er ist vermutlich Dawood Nazirizadeh. Über ihn findet sich dieser Beitrag von Kazem Moussavi, der in Deutschland im Exil lebt und im Januar auch einen Artikel für die Welt schrieb: „Mitglied der SPD, der IGS und FES (Friedrich-Ebert-Stiftung), ein Unternehmensberater aus Wiesbaden, ist nach dem Deal zum Organisator der deutschen Geschäftsreisen in den Iran geworden.

Er hat die Iran-Reise des hessischen grünen Wirtschaftsministers Tarek Al-Wazir mit einer Delegation aus 40 Unternehmern im September 2016 organisiert und begleitet. Nazirizadeh reiste auch im Oktober 2016 mit dem Ex-Wirtschaftsminister und der 120-köpfigen deutschen Wirtschaftsdelegation nach Teheran.“ Nazirizadeh sei Dreh- und Angelpunkt für IGS-Aktivitäten, auch in der Deutschen Islam-Konferenz. „Er ist dessen Verbindungsmann zur Politik, den Parteistiftungen und der Presse. Nazirizadeh hält schiitisch motivierte Vorträge und lehrt gezieltes Coaching für Jugendliche.“ In London sei er im islamischen Zentrum aktiv gewesen, das als Sammelpunkt für Islamisten gilt. (…)

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