Lob für islamische Diktatoren, Abgrenzung gegen USA und Israel 

März 8, 2019 – 1 Adar II 5779
Die Doppelmoral des deutschen Bundespräsidenten

Von Jaklin Chatschadorian

Bundespräsident Steinmeier gratulierte dem Iran zum 40-jährigen Bestehen der Herrschaft des Hasses und verteidigte seine auf große Kritik stoßende Geste als diplomatische Gepflogenheit. War der Gruß eine Verpflichtung seines Amtes, die unabhängig von seiner privaten Meinung gegenüber dem Iran zu leisten war, oder geht es um eine Schutzbehauptung unter dem Deckmantel der Diplomatie?

Wer dem amerikanischen Präsidenten die Gratulation zur Wahl verweigert, will lediglich in der Obliegenheit zum Gruß gegenüber der iranischen Theokratie gestanden haben. Vielleicht mag der Bundespräsident dem Bürger, in dessen Namen er sich unterwarf, mit Blick auf die zur Staatsräson erklärte Freundschaft zwischen Deutschland und Israel, erklären, wann der Iran die USA in seiner Bedeutung überholt hat? Bis dahin aber halten wir fest: Ein Bundespräsident, der sich in die diplomatische Etikette flüchtet, statt sich offen zu seiner Schwäche, der Islamophilie zu bekennen, kann das Mandat nicht mit der notwendigen Würde ausfüllen.

Ist Rohani besser als Achmadinedschad?

Zwar ist es richtig, dass Deutschland von Karl Carstens bis Joachim Gauck auch autoritär geführten Staaten wie dem Iran zum Nationalfeiertag gratulierte. Allerdings war diese Verwaltungspraxis 2007-2013, in der Amtszeit von Machmud Achmadinedschad aufgrund der radikalen Ansichten des Iraners ausgesetzt worden. Steinmeier hätte daran anknüpfen können. Erstaunlicherweise gilt Hassan Rohani, der amtierende Präsident des Iran im Nachkriegsdeutschland aber nicht als radikal. Er hat sich bei der deutschen Regierung, deren Politiker irgendwie alle „wegen Auschwitz“ in die Politik gegangen zu sein scheinen und aus den Lehren des Holocaust Verantwortung zu übernehmen gewillt sein wollen, als Verhandlungspartner etabliert. Seine antisemitischen Äußerungen (z.B. Israel sei ein krebsartiger Tumor, November 2018, Teheran, Konferenz islamischer Wissenschaftler) sind offenbar nicht ausreichend hassmotiviert. Auch der Umgang mit Frauen und Homosexuellen, mit Atheisten und die Christenverfolgung scheint angesichts der Bedeutung des Iran/Islam und des sog. Atomabkommens nicht störend. So ergriff der Bundespräsident bei der Verteidigung seines herzlichen Grußes selbstverständlich auch die Gelegenheit, das Atomabkommen zu verteidigen. Man dürfe nicht (wie die USA) ein Druckmittel „einfach aus der Hand geben und den Iran in weitere Isolation und Radikalisierung“ treiben. Mir stellt sich die Frage, inwieweit dieses Druckmittel bislang als solches zum Einsatz kam. Dass iranische Frauen und Israel jedenfalls noch existieren, überzeugt nicht wirklich.

Rap mit einem Islamisten

Schon als Außenminister zeigte sich Steinmeier als vorbildlicher Untertan des Islam. Er exkulpierte 2007 die Taliban mit dem Hinweis, die deutsche Geisel sei nicht ermordet, sondern an den Strapazen gestorben und gab ein Integrations-Rap mit Muhabbet, einem Deutschtürken, der den Islamismus versteht und nationalislamistische Symbole besingt. Im Frühjahr 2015, zum 100. Gedenktag des Völkermordes an den Armeniern, warnte er mit Blick auf die politische Verurteilung des Genozides im Osmanischen Reich vor der Verharmlosung des Holocausts und stellte damit zwei Völkermorde völlig unnötig in ein Konkurrenzverhältnis. Diese Instrumentalisierung des Holocausts dürfte dem Neo-Osmanen vom Bosporus ebenso gefallen haben wie seine Abwesenheit bei der Abstimmung zur Völkermord-Resolution im Jahr darauf. Zur Belohnung offenbar erhielt der Gâvur wenige Monate später eine Audienz beim Kalifen: auf einem niedrigeren Stuhl, einzig vor der türkischen Flagge, in gebückter Haltung, mit einem Lächeln.

Steinmeier ist nicht „besonnen“

Steinmeier definiert sich seit jeher als besonnener Diplomat und sein Schauspiel darf sich trotz der Anmaßung des Applauses rühmen. Anders als Bundeskanzlerin Angela Merkel, die ihre Politik eher wie ein trotziges Kind durchsetzt, indem sie den Vollzug ihrer Entscheidungen ungeachtet jeder Kritik einfach anordnet, weil sie es einfach kann und weil man sie lässt, wirkt Bundespräsident Steinmeier eher als Meister seines Faches, in dem er den Widerspruch zwischen Äußerung und Handlung zur Verhandlungskunst erklärt. Es fällt ihm leicht, seinen Wein zu Wasser zu verklären.

Die Chuzpe dazu zeigte er bereits in Israel 2017. Anders als Sigmar Gabriel besuchte er nicht offen antisemitische Organisationen wie Breaking the Silence und B´Tselem, sondern Schriftsteller wie Amos Oz und David Grossman, forderte aber in einer Rede vor der Hebräischen Universität von Jerusalem Respekt für „kritische Organisationen“. Die Verantwortung für Spannungen zwischen Israel und Deutschland wälzte er bei dieser Gelegenheit auf den Premier Benjamin Netanjahu ab und stellte sich hinter den von israelischer Seite abgelehnten Kollegen Gabriel. (…)

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