Der „Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“ erinnert an das schrecklichste Todeslager der Nazis  

Januar 11, 2019 – 5 Shevat 5779
Zur Befreiung von Auschwitz am 27. Januar 1945

Von Tina Adcock

Auschwitz, ein Wort, ein Synonym, eine Metapher des Todes und das wohl dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte. Am 27. Januar 2019 jährt sich der Tag der Befreiung zum 74. Mal, und doch wird es einem nie leichter ums Herz, denn Freude und Leid liegen an diesem Datum nah beieinander. Freude – ob der Befreiung der Lagerinsassen und Überlebenden durch die Rote Armee, Leid – bei dem Gedanken an all die Menschen, die ihr Leben verloren – Männer, Frauen und Kinder – deren einziges Verbrechen war Juden, Sinti und Roma, Homosexuelle, Kommunisten, Kriegsgefangene uvm. zu sein, was nicht mit dem nationalsozialistischen Regime „vereinbar“ war.

Die ersten Häftlinge kamen aus Sachsenhausen
Rudolf Höß erreichte am 30. April 1940 ein ehrgeiziges Zeil, nämlich im Alter von 39 Jahren zum Kommandanten eines der ersten deutschen Konzentrationslager im Osten zu werden. Jedoch gab es noch keinen Lagerkomplex im eigentlichen Sinne, sondern nur verwahrloste ehemals polnische Kasernen. Ehemalige Häftlinge sollten sich an ihn als einen Mann erinnern, der ruhig und beherrscht war, ein Mensch, an dem man täglich vorbeigeht, ohne etwas Spezielles wahrzunehmen. Dies steht im Gegensatz zu dem Bild, das man im Kopf hat, wenn man an eine Person denkt, die eine der größten Mordindustrien der Menschheit leitete. Hannah Arendt würde wohl auch in ihm die „Banalität des Bösen“ erkennen. Die ersten Gefangenen kamen im Juni 1940 im Lager an, und waren nicht etwa Polen, sondern 30, als kriminell eingestufte Gefangene aus dem Konzentrationslager Sachsenhausen. Ihre Aufgabe bestand darin den eigentlichen Lagerkomplex zu errichten.

Neben den Gefangenen gab es, wie in den meisten anderen Lagern, Kapos, deren Aufgabe es war die anderen Häftlinge zu bewachen und zu organisieren. Diese waren ebenfalls Gefangene, jedoch waren sie meist deutscher Herkunft, definitiv nicht jüdisch und sie unterstanden den Wachmannschaften der SS. Für ihre Dienste bekamen sie bestimmte Sonderbehandlungen, wie besseres Essen und sogar Bordell-Besuche, in dem ebenfalls Insassinnen arbeiten mussten. Einer der berüchtigten und grausamsten Kapos von Auschwitz war Ernst Krankemann. Er war mit der zweiten Welle von deutschen Kriminellen am 29. August 1940 aus Sachsenhausen gekommen. Ein ehemaliger Häftling berichtete, dass Krankemann gern auf der Walze saß, mit dem die Häftlinge den Appellplatz ebneten. Da die Walze so schwer war, mussten 20-25 Männer sie ziehen. Währenddessen schlug der Kapo mit einer Peitsche auf sie ein und rief „Schneller, ihr Hunde“. Als am Abend einer von ihnen zusammenbrach und nicht mehr aufstehen konnte, zwang Krankemann die Häftlinge die riesige Walze über den am Boden liegenden Häftling zu rollen. Die SS-Männer waren bei solchen Aktionen keine gleichgültigen Zuschauer, sondern ermunterten vielmehr zu solchen Taten.

Block 11
Nicht nur die Lagerinsassen, auch die Gebäude im Lagerkomplex selbst hatten jeweils ihre eigene Aufgabe. So war der sogenannte Block 11 berüchtigt für Folter und Mord. Eine vor allem im Winter angewendete Foltermethode war die, den Kopf eines Häftlings direkt über einen der Koksöfen zu halten, um ihn zu einer Aussage zu zwingen. Ein Überlebender berichtet: „Das Gesicht war dann völlig verbrannt … Dieser Mensch war völlig verbrannt, er hatte ausgebrannte Augen und er konnte nicht sterben … Die Angehörigen der Politischen Abteilung brauchten ihn noch, sie kamen deshalb täglich […]“ Um das Lager herum siedelten sich Firmen an, die teilweise auch heute noch bestehen, so zum Beispiel I. G. Farben und Siemens. Sie nutzten die Häftlinge als Arbeiter für ihre Fabriken. Ebenfalls war I. G. Farben in derjenigen Beteiligungsgesellschaft involviert, die das Schädlingsbekämpfungsmittel Zyklon B herstellte, mit dem Juden in den Gaskammern vergast wurden. Die Firma wusste nachweislich von der Nutzung. Fluchtversuche waren in Auschwitz eine Seltenheit. Im Jahr 1940 versuchten es zwei Häftlinge, 1941 stieg die Zahl dann auf 17 an und dann auf 173 im Jahr 1942, 295 in 1943, 312 in 1944. Die Strategie zur Eindämmung dieser Versuche lag in brutaler Vergeltung. Die Verwandten des Geflüchteten wurden in den Keller von Block 11 gesperrt, in dem man sie verhungern ließ. Im Jahr 1941 wurde mittels eines Erlasses, Hunderte von Kilometern entfernt, beschlossen, Häftlinge gezielt durch Vergasung zu töten. Diese schreckliche Aktion hatte seine Wurzeln in einem Führererlass aus dem Jahre 1939, in dem es Ärzten erlaubt wurde, geisteskranke und körperbehinderte Menschen zu töten. Dies geschah von Oktober 1939 - Mai 1940 mittels Gaskammern auf Rädern.

Mobile Gaskammern
Das Euthanasieprogram wurde schlussendlich im Jahr 1941 auf bestimmte Konzentrationslager ausgeweitet – am 28. Juli sollte es Auschwitz erreichen. In den Aufzeichnungen von Rudolf Höß ist über die sogenannten mobilen Gaskammern folgendes zu finden: „Bei dem Besuch von Kulmhof sah ich auch die dortige Vernichtungsanlage mit den Lastwagen, die zur Tötung durch die Motorenabgase hergerichtet waren. Der dortige Kommandoführer bezeichnete aber die Art als sehr unzuverlässig, da das Gas sehr unregelmäßig sich bilde und oft zur Tötung gar nicht ausreiche.“ Aus diesem Grund wurde der gefürchtete Block 11 zur ersten Gaskammer von Auschwitz umgebaut und man begann Zyklon B, das Insektenvertilgungsmittel einzusetzen. Mit dem einfachen Einschütten der Kristalle des Mittels vereinfachte es den Mordvorgang. Höß schrieb, dass er „erleichtert“ gewesen wäre somit kein Blutbad anrichten zu müssen, er sollte sich täuschen. Die Schreie der Todgeweihten aus den Gaskammern machten den SS-Männern zu schaffen und so wurden Methoden, wie das Laufenlassen von Motorrädern eingeführt, um die Schreie zu übertönen – was aber nie zur Gänze funktionierte. (…)

Komplett zu lesen in der Druck- oder Onlineausgabe der Zeitung. Sie können die Zeitung „Jüdische Rundschau“ hier für 39 Euro im Papierform abonnieren oder hier ein Onlinezugang zu den 12 Ausgaben für 33 Euro kaufen.


Sie können auch diesen Artikel komplett lesen, wenn Sie die aktuelle Ausgabe der "Jüdischen Rundschau" hier online mit der Lieferung direkt an Sie per Post bestellen oder jetzt online für 3 Euro statt 3,70 Euro am Kiosk kaufen.

Brief an die Redaktion schreiben

Soziale Netzwerke