Der omanische Sultan empfing den israelischen Ministerpräsidenten 

November 9, 2018 – 1 Kislev 5779
Zeitenwende am Golf: Netanjahu im Oman

Von Laila Mirzo

Im scheinbar festgefahrenen Nahostkonflikt öffnen sich hinter den Kulissen Türen, die lange als verschlossen gegolten haben. Man redet miteinander und reicht sich sogar die Hand.

So geschehen am 25. Oktober: Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu reiste als erster Ministerpräsident seit 1996 in den Oman. Der Einladung des Sultans nach Maskat waren auch der Direktor des Außenministeriums, Vertreter des Verteidigungsministeriums, unter ihnen Yossi Cohen, Chef des Mossad, und der nationale Sicherheitsberater Meir Ben-Shabbat gefolgt. Auch Netanjahus Ehefrau Sara begleitete die israelische Delegation bei ihrem vorab nicht angekündigten Besuch.

Gezeichnet von seiner Krebserkrankung, aber voller Zuversicht, hieß Sultan Qabus ibn Said seine Gäste in seinem Palast willkommen, die offiziellen Bilder des omanischen Nachrichtensenders zeigten eine freundliche und entspannte Begegnung der Vertreter beider Länder, die zwar keine diplomatischen Beziehungen pflegen, sich aber um eine Partnerschaft bemühen. Programmpunkte des anfangs geheimgehaltenen Treffens waren „regionale Fragen“ wie Handelsbeziehungen oder sicherheitspolitische Aspekte.

Mit seiner Einladung handelte sich der Oman diplomatische Schelte aus vielen arabischen Ländern ein, die Israel das Existenzrecht noch immer absprechen. Denn offizielle Beziehungen zu Israel pflegen bislang nur Jordanien und Ägypten, die einen Friedensvertrag mit Israel abgeschlossen haben und den jüdischen Staat auch formal anerkennen. Die Front der arabischen Länder, die mit militärischer und finanzieller Unterstützung des Iran die Ausradierung Israels von der Landkarte anstreben, bröckelt jedoch. Spätestens seit der Aussage des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman im US-Magazin „The Atlantic“, „die Israelis hätten ein Recht auf ein friedliches Leben in ihrem eigenen Land“, stehen die Zeichen auf der Arabischen Halbinsel auf Entspannung. Saudi-Arabien hat u.a. seinen Luftraum für ein Passagierflugzeug mit dem Ziel Israel geöffnet.

Der Oman ging bezüglich Israel schon lange einen Sonderweg
Der Oman unter Sultan Qabus hat die Isolationspolitik seiner Kollegen in der Arabischen Liga gegen Israel nie mitgetragen. Schon 1993 stand das Sultanat am Golf dem Oslo-Friedensprozesses zustimmend gegenüber. In den Folgejahren besuchten die israelischen Premierminister Jitzhak Rabin und Schimon Peres Sultan Qabus, ein Gegenbesuch des omanischen Außenministers in Israel folgte im Jahr 1995. Im Oman eröffnete daraufhin eine israelische Handelsvertretung, ebenso installierte der Oman eine Vertretung in Israel. Zwar herrschte nach der zweiten Intifada zeitweise eine diplomatische Eiszeit zwischen den Ländern, jetzt aber setzt der Oman aktiv Zeichen für eine Normalisierung der Beziehungen.

Der Oman gilt in der Region als diplomatischer Vermittler, seine Öffnung gegenüber Israel könnte einen Dominoeffekt in Richtung politischer Normalisierung auslösen.
Aber auch abseits der politischen Ebene stehen die Zeichen auf Entspannung. In Abu Dhabi gewann der Israeli Sagi Muki beim Judo-Grand-Slam die Goldmedaille und konnte neben dem sportlichen Sieg eine Weltpremiere feiern: Erstmals in der Geschichte der Vereinten Arabischen Emirate wurde die israelische Hymne gespielt.

Nachdem es in den vergangenen Jahren immer wieder zum Boykott nationaler Symbole israelischer Athleten kam oder die Sportler nicht einmal als israelisches Team, sondern als „Vertreter“ der Internationalen Judo-Föderation (IJF) vorgestellt wurden, ist diese Geste erstmals ein Zeichen auch für politisches „Fairplay“. Größe zeigte hierbei der Präsident der Emirate-Judoka, Mohammad Bin Thaloub Al-Darei, indem er bei der Siegerehrung beim israelischen Athleten nicht nur den obligatorischen Handschlag vollzog, sondern Sagi Muki sogar freundschaftlich und anerkennend auf die Schultern klopfte.

Miri Regev bricht in Tränen aus
Zeugin dieses historischen Moments war auch die israelische Sportministerin Miri Regev, die später die Stimmung in einem Post auf Facebook mit den Worten „Wir haben Geschichte geschrieben! Das Volk Israel lebe!“ beschrieb. Unter Tränen der Freude, hatte sie die Hatikva bei der Siegerehrung gesungen.

Die Likud-Politikerin konnte darüber hinaus einen weiteren sportpolitischen Erfolg verbuchen: Regev holte zwei internationale Judo-Wettkämpfe für die Jahre 2019 und 2020 nach Israel.
Der Sportministerin wurde auch auf diplomatischer Ebene Ehre erwiesen. Die israelische Politikerin wurde zu einem offiziellen Besuch der größten Moschee der Vereinigten Arabischen Staaten eingeladen. In der Scheich-Zaid-Moschee hat sie sich als erste hochrangige Vertreterin Israels in das Gästebuch eingetragen und in Hebräisch eine „Botschaft der Brüderlichkeit und der Hoffnung auf Frieden unter den Nationen“ hinterlassen.

Das Engagement und die Leidenschaft vieler Menschen auf politischer und diplomatischer Ebene, aber auch in Sport und Kultur, tragen dazu bei das wahre Gesicht Israels in die Welt hinauszutragen und die Akzeptanz gegenüber dem jüdischen Staat zu fördern.

Nach dem Besuch der israelischen Delegation, wiederholte der omanische Außenminister Yousuf bin Alawi seine Sicht der Dinge einen Tag später auf einem Sicherheitsgipfel in Bahrain: „Israel ist ein Staat, der in der Region präsent ist, und wir alle verstehen das. Die Welt ist sich dessen auch bewusst und vielleicht ist es an der Zeit, dass Israel genauso behandelt wird (wie andere Staaten) und auch die gleichen Verpflichtungen erfüllt.“ Alawi ermutigte seine Kollegen, ihre Haltung gegenüber Israel zu überdenken.

Kein Flug für einen Israeli von Frankfurt nach Bangkok über Kuwait
Am Golf scheint eine Zeitenwende im Umgang mit Israel eingeläutet zu sein. Die Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrain, Saudi-Arabien und der Oman bemühen sich – mit kleinen Schritten zwar, aber doch sichtbar – um eine Normalisierung der Beziehung zu Israel. Damit entsteht ein Gegenpol zur anti-israelischen Iran-Achse der Region. Noch immer verweigern einige arabische Länder israelischen Staatsbürgern die Einreise. Dazu gehören neben Syrien auch der Libanon und Kuwait. Der Boykott gegenüber Israel und seinen Staatsbürgern geht soweit, dass Kuwait Airways einem Fluggast mit israelischem Pass die Beförderung von Frankfurt nach Bangkok, mit Zwischenstopp in Kuwait, verweigerte, als sie von seiner Staatsbürgerschaft erfuhr. Die Fluglinie berief sich dabei auf das „Einheitsgesetz zum Israel-Boykott“ aus dem Jahr 1964, dass einen Vertragsschluss mit israelischen Staatsangehörigen verbietet. Sogar Reisenden mit einem israelischen Stempel im Reisepass wird die Einreise verwehrt.

Vor diesem Hintergrund haben diese vermeintlich kleinen Gesten aus dem Oman oder Abu Dhabi eine große symbolische Bedeutung und gelten in der Geschichte Israels und seines Volkes als historische Meilensteine auf dem Weg zur weltweiten Anerkennung. Die Aufnahme weiterer Gespräche können zu offiziellen diplomatischen Beziehungen führen und es eines Tages ermöglichen, weitere Friedensverträge mit arabischen Ländern zu schließen.
Die arabischen Nachbarn würden jedenfalls von einer Partnerschaft mit Israel profitieren.

Israels Leuchtturmfunktion in der Region spricht für sich: Als demokratischer Rechtsstaat bietet das Land seinen Einwohnern Religionsfreiheit und Religionsfrieden, und garantiert allen ungeachtet der Konfession oder ethnischen Abstammung die gleichen Rechte und Chancen. Auch als Wirtschaftspartner ist Israel von großer Bedeutung. Als führender Exporteuer von Medizinprodukten, Bewässerungstechnologie und Software, sind Handelsabkommen vernünftigerweise anzustreben. Am Golf ist jedenfalls der erste Schritt dazu getan.

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