Der Vorsitzende der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Reinhold Robbe, über Solidarität in der Krise, Nachwuchsarbeit, die deutschen Medien und anstehende Jubiläen 

Juli 2, 2014 – 4 Tammuz 5774
«Wir gründen auch Hochschulgruppen»

Herr Robbe, die Entführung der drei israe- lischen Jugendlichen Eyal Yifrach (19) aus Elad, Gilad Sha‘er (16) aus Talmon und Naf- tali Frenkel (16) aus Nof Ayalon schockt nicht nur Israel, sondern auch viele Menschen in Deutschland. Was gibt es in Ihren Augen für Möglichkeiten, für die Jungen und ihre Fami- lien aktiv zu werden?

Die Entführung der unschuldigen und wehrlosen Schüler ist an Niedertracht nicht zu überbieten. Eltern in aller Welt können jetzt am besten die Ängste und schlimmen Qualen der Familien nachempfinden. Jeder kann zu- nächst einmal deutlich nach außen Solidarität zeigen mit den entführten Schülern und deren Angehörigen. Dieser moralische Beistand ist wichtig für die Betroffenen und für die Men- schen in Israel. «Bring-back-our-Boys» ist zum Beispiel solch eine ausgezeichnete Ak- tion, die jeder mittragen kann. Gerade wir in Deutschland sollten bei dieser Gelegenheit wieder einmal zeigen, dass wir mit den Israelis ein einzigartiges Verhältnis pflegen. Das sollte gerade jetzt bewiesen werden. Unabhängig da- von unterstützt die Bundesregierung mit den Sicherheitsinstitutionen alle politischen und diplomatischen Möglichkeiten, um die Schü- ler gesund zu ihren Eltern zurückzubringen.

Aus dem 2005 von der israelischen Armee und den Siedlern geräumten Gaza-Streifen kommt es wieder zu vermehrtem Raketenbe- schuss auf Israel. Sehen Sie dahinter gezielte Provokationen, um die Situation eskalieren zu lassen?

Es ist erwiesen, dass die radikale Hamas die Angriffe auf israelische Städte und Dörfer zu verantworten hat. Unterstützt wird sie dabei insbesondere von Syrien und dem Iran. Und natürlich steckt dahinter auch eine Strategie, nämlich Angst und Schrecken in der israe- lischen Zivilbevölkerung zu verbreiten und Friedensprozesse zu stören. Die Terroristen haben nun mal kein Interesse an friedlichen Entwicklungen.

Nicht nur um Israel herum, sondern fast im ganzen Mittleren Osten – und nicht nur dort – ist die politische und strategische Lage recht unübersichtlich geworden. Neue Bündnisse entstehen, alte verlieren an Bedeutung. Ha- ben Sie den Eindruck, dass sich die Bindungen zwischen Deutschland und Israel lockern?

Wenn wir uns die Gesamtsituation betrachten, dann gehört Deutschland zu den Staaten, die neben den USA die intensivsten Bezie- hungen zu Israel pflegen. Daran ändern auch die von Ihnen beschriebenen Verwerfungen durch Kriege und Konflikte nichts. Nur mit Israel haben wir ein «einzigartiges Verhältnis»; diese Tatsache wird im Prinzip auch von keinem relevanten deutschen Politiker in Frage gestellt. Trotzdem zeigen die Verwerfungen insbesondere in Syrien und im Irak, aber auch die zunehmende Destabilisierung in Ägypten und Jordanien ihre negative Wirkung in der deutschen Gesellschaft. Deshalb ist es Aufgabe der politisch Verantwortlichen bei uns, die wahren Ursachen und Hintergründe dieser Konflikte deutlich zu machen und gleichzeitig zu erklären, weshalb Israels Sicherheit Teil der deutschen Staatsräson ist.

Wie objektiv berichten Ihrer Meinung nach die deutschen Medien über Israel?

Es geht nach meiner Auffassung nicht um die Frage, wie objektiv deutsche Medien berichten. Von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, berichten die seriösen Medien
durchweg ausgewogen. Was ich beklage, ist eine Abnahme von journalistischer Qualität, wenn es um Israel und um die Lage im Na- hen Osten geht. Nicht selten übernehmen die deutschen Medien recht oberflächliche Agen- tur-Nachrichten. Nur die großen Zeitungen und Fernsehsender leisten sich eigene Korre- spondenten vor Ort, die auch ausführlich und häufig über Israel berichten. Leider lesen nicht alle die «Welt», die «Süddeutsche» oder die «Frankfurter Allgemeine Zeitung». Skanda- lös finde ich vielmehr das Verhalten der öffent- lich-rechtlichen Sender, die anspruchsvollen Dokumentationen und Berichte über Israel erst sehr spät, nicht selten nach Mitternacht ausstrahlen. Ich frage mich, wie das mit dem Informations- und Bildungsauftrag von ARD und ZDF zu vereinbaren ist.

Die DIG wird in zwei Jahren «50 Jahre alt», seit vier Jahren wird Sie von Ihnen geführt. Was hat Sie persönlich motiviert, diesen gewiss nicht einfachen Job – zusätzlich zu Ihren po- litischen Aufgaben und Verpflichtungen – zu übernehmen?

Das Gespräch führte Axel Fritsche

Weitere Informationen zur DIG: www.deutsch-israelische-gesellschaft.de

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