Astrologie in der Thora  

August 5, 2016 – 1 Av 5776
Was die Sterne für uns bedeuten

Von Rabbiner Elischa Portnoy

Wenn man einen Menschen, der zum ersten Mal einen jüdischen Religionsunterricht besucht, fragen würde, wie das Judentum zur Astrologie steht, würde sich dieser Mensch wohl sicher sein, dass die Astrologie im Judentum keinen Platz habe. – Und zu seinem Erstaunen würde er erfahren, dass Astrologie in der jüdischen Religion fest verankert ist und auch ein wichtiger Teil der Kabbala ist.

Schon in der Thora finden wir Hinweise darauf, dass die Planeten das Leben beeinflussen können. So lesen wir im Wochenabschnitt „Lech Lecha“, wie der G’tt Avraham (damals noch Avram) viele Nachkommen verspricht: „Und Er führte ihn hinaus und sprach: Siehe doch gen Himmel und zähle die Sterne, wenn du sie zählen kannst! Und Er sprach zu ihm: So soll dein Same werden!“.

Der große Kommentator Raschi bringt dazu einen Midrasch aus dem Talmud: „Verlasse deine Astrologie! Nach den Sternen konnte Avram keine Kinder haben –jedoch wird Avraham einen Sohn bekommen. Für Saraj ist es unmöglich zu gebären – jedoch wird Sarah doch gebären. Ich ändere eure Namen und euer Mazal wird sich ändern“.

Im Talmud selber (Traktat Schabbat) finden wir noch mehr Einzelheiten zu diesem Gespräch: G’tt sagte zu Avraham: „Dein Stern Jupiter befindet sich zur Zeit im Westen, deshalb kannst du keinen Sohn bekommen. Ich bewege Jupiter nach Osten und du bekommst einen Sohn“.

Weiteres Beispiel: wenn wir über den Auszug der Juden aus Ägypten im Buch „Schemot“ lesen, finden wir noch einen Hinweis auf die Bedeutung der Sterne: als Mosche Rabejnu Pharao zu überreden versucht, das jüdische Volk gehen zu lassen, sagt Pharao den folgenden Satz: „…Der Herr sei ebenso mit euch, wie ich euch samt euren Kindern ziehen lasse! Sehet da, ihr habt Böses (Raa) im Sinn!“.

Wiederum bringt Raschi einen Midrasch: „Es gibt einen Stern, der „Raa“ (Böse) heißt. Pharao sagte ihnen (Mosche und Aharon): Durch Astrologie sehe ich, dass dieser Stern aufsteigen wird, wenn ihr in der Wüste sein werdet. Und das bedeutet Blut und Mord“. Im Kommentar „Tora Schelejma“ wird erwähnt, dass Raschi hiermit den Mars meint, der tatsächlich als bedrohlicher Planet betrachtet wird.
Interessanterweise ist der Mars für das Sternzeichen Widder verantwortlich. Und der Auszug aus Ägypten fand im Monat Nisan statt, dessen Sternzeichen…Widder ist!

Ist die Zukunftsdeutung im Judentum erlaubt?
Eigentlich nicht. Im 5.Buch Moses finden wir folgenden Satz: „Du aber sollst dich gänzlich halten an den Herrn, deinen G’tt“. Daraus lernen unsere Weisen, dass man G’tt vertrauen muss und nicht versuchen soll herauszufinden, was alles in der Zukunft auf einen zukommen wird. Also, man muss einfach das machen, was G’tt von dem Menschen erwartet und was kommt, soll kommen.
Und so wird es auch im Kodex „Schulchan Aruch“ festgehalten: „Es ist verboten sich an Astrologen, Zauberer und Wahrsager zu wenden, um sie über die Zukunft auszufragen.”
Jedoch schreibt dazu der bedeutende aschkenasische Posek Rav Mosche Iserlis: „Wenn man die Meinung eines kompetenten Astrologen gehört hat, soll man diese Meinung berücksichtigen und entsprechend dieser Meinung handeln.“
Daran sehen wir, dass unsere Weisen die Astrologie ziemlich ernstgenommen haben! (…)

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