Die israelische Band „The Angelcy“ wird auch in Europa immer beliebter.  

April 7, 2016 – 28 Adar II 5776
Voller Wärme mit einem Hauch Weltschmerz

Von Laura Külper

Als ich das erste Mal einen Song der israelischen Band „The Angelcy“ höre, sitze ich um 21 Uhr noch allein auf der Arbeit in unseren Agenturräumen. Ich hatte bei Youtube einen Kanal rausgesucht, auf dem verschiedene israelische Künstler vertreten waren, um mich von der Stille abzulenken, die um diese Uhrzeit in Bürogebäuden herrscht. Doch dann kommt dieses Lied und innerhalb von Sekunden habe ich ultimative Gänsehaut am gesamten Körper. Anders lässt sich diese Stimmung kaum beschreiben, je mehr ich von The Angelcy höre, desto mehr Gänsehaut breitet sich aus.

Es ist schwierig zu beschreiben, was den Klang der Gruppe so einzigartig macht. Vielleicht ist es die außergewöhnliche Stimme von Rotem Bar Or, Sänger und Texter der Band, vielleicht sind es die filigranen Arrangements aus Kontrabass, Klarinette, Gitarre, Geige, Keyboard und Percussions, aber am meisten berühren mich die Texte: Es sind tiefgreifende und kritische Themen, poetische Zeilen und immer ein Hauch Melancholie über den eingängigen Melodien. Keine Fahrstuhlmusik, keine Musik, die einen überfällt oder gute Laune aufzwingt. Es ist Musik, die nachdenklich macht und irgendwo tief im Innern Saiten zum Klingen bringt, die man selbst nicht klar definieren kann. Es geht ans Herz und durch diese Verletzlichkeit ergibt sich eine ganz neue Beziehung zur Musik.

Die sechsköpfige Band aus Israel gründete sich 2010 und konnte sowohl Kritiker als auch Publikum schnell als Live-Band begeistern. Nach der ersten Israel-Tour 2011 folgte die erste große Aufmerksamkeitswelle, die die Band rasch bekannt werden lässt. Der Song „Dreamer“ wurde auf einem der wichtigsten israelischen Sender gespielt, online sorgt das Lied „My Baby Boy“ mit seiner militärkritischen Aussage für Furore. Es folgen selbstorganisierte Touren nach Europa – das sind Abenteuer, über die ich gern mehr wissen will. Über die Berliner Agentur „Carrycoal“ bekommen wir die Gelegenheit, beim Berliner Konzert dabei zu sein und in einem persönlichen Interview den Frontsänger und Texter Rotem Bar Or ein paar Fragen zu stellen.

JR: Ihr wart bereits in Europa auf Tour, mir wurde erzählt, die hättet ihr komplett selbst organisiert?

R.B.O.: Uri (Anm. d. Red.: Uri Marom, Klarinettist der Band) hat sie organisiert! Wir haben dafür eine fiktive Booking-Agentur erfunden, „URINATION“ nannte sie sich. Wir buchten die billigsten Flüge und Zimmer, der Slogan war: „Billiger wird‘s nicht!“.

Uri Marom: Mit einem Zwinkern und einem blitzenden Goldzahnlächeln, verstehst du?

R.B.O.: Genau. Anfangs haben wir über Couchsurfing Plätze gefunden. Uri ist ein sehr überzeugender Typ mit einem sehr überzeugenden Lächeln, er hat wirklich beeindruckende Touren zusammengestellt.

JR: Gab es auch komische Momente?

R.B.O.: Wow, so viele Dinge. Wir haben in einem fahrenden Zug in Litauen gespielt, das war großartig, aber auch komisch. Wir hatten auch sehr seltsame Appartments mit sehr seltsamen Gastgebern, die nicht wirklich nett waren. Mittlerweile schlafen wir in Billig-Hotels – ich denke, das ist ein bisschen besser. Wir sind bourgeois geworden, fürchte ich. (lacht)

Rotem Bar Or wirkt entspannt, während er zwischen Soundcheck und Showbeginn mit mir Backstage auf einem Sofa sitzt. Ein ruhiger, nachdenklicher Typ, der sich Zeit nimmt und genau über meine Fragen nachdenkt, bevor er antwortet. Man merkt ihm die leichte Anspannung vor der Show an, der Touralltag kann stressig sein, vor allem nach wichtigen Veröffentlichungen.

Im November erschien „Cry on our Shoulder“ als Vorgeschmack mit 4 Stücken, darunter „My Baby Boy“ und „People of the Heavens“, die bereits live und im Vorfeld für Aufsehen gesorgt hatten. Mit „Exit Inside“ veröffentlichten The Angelcy am 22. Januar 2016 ihr Debütalbum in Europa und begaben sich wieder auf Tour. Allein in Deutschland waren vom 16. Februar bis zum 5. März 2016 12 Shows geplant, Berlin war der dritte Tourstop.

JR: Ist es euer erstes Mal in Berlin?

R.B.O.: Nein, mit der Band ist es unser drittes...nein, fünftes Konzert. Das erste Mal waren wir im „Café Burger“, dann waren wir noch im „Oberspree“ und im Sommer werden wir am 5. August im „Lido“ spielen. (…)

Komplett zu lesen in der Druck- oder Onlineausgabe der Zeitung. Sie können die Zeitung „Jüdische Rundschau“ hier für 39 Euro im Papierform abonnieren oder hier ein Onlinezugang zu den 12 Ausgaben für 33 Euro kaufen.


Sie können auch diesen Artikel komplett lesen, wenn Sie die aktuelle Ausgabe der "Jüdischen Rundschau" hier online mit der Lieferung direkt an Sie per Post bestellen oder jetzt online für 3 Euro statt 3,70 Euro am Kiosk kaufen.

Brief an die Redaktion schreiben

Soziale Netzwerke