Tkoa im judäischen Bergland und ein ganz besonderes Bierfestival  

August 5, 2016 – 1 Av 5776
Rekordverdächtiges Bierbrauen im Wüstensand

Von Ulrich Jakob Becker

Nirgends auf der Welt mag die Bierbrauerdichte so groß sein wie im israelischen Tkoa.
„Das heilige Dreieck”, fasst „Ami“ (Amnon) Kuttner aus Tkoa das Universum an diesem gut gelaunten, spritzigen Abend unter den leicht mitschunkelnden Sternen der judäischen Wüste zusammen: „Bier - Musik - Tkoa.“

Er ist einer der Hobbybrauer von hier, die ihre Bierkünste auf dem zweiten Tkoa-Bierfestival gut gekühlt unter die Leute bringen.

„Am Anfang wollten wir einfach bei einem Freund im Garten gegenseitig unserere Braukünste verkosten und einen schönen Abend mit Musik verbringen. Mitbrauer Noam Schock fragte bei der Kulturabteilung von Tkoa an und die Idee bekam prompt Unterstützung, eine kleine Erwähnung in der Dorfzeitung und ein öffentliches Plätzchen in Tkoa. Wir dachten, es würden vielleicht hundert Leute kommen...”

Und – Überraschung! – es kamen 400 Leute! Viel Stimmung, und alles Bier war schnell ausverkauft. Ein Nerv war getroffen und es war klar, dass das nächste Jahr nicht ohne Tkoa-Bierfestival II auskommen konnte. Das war 2015.

Ein Jahr später wurden wieder alle Erwartungen übertroffen. Diesmal waren mehr als doppelt so viele Leute gekommen, Eintrittskarten, Ordner, Armbändchen, ein großes Gelände, 14 Bierstände, bunt-kulinarische Küche aus Tkoa und den umliegenden Siedlungen, von russischen Fischspezialitäten über unausprechliche indische Spezialitäten von Köchen, die man schon vom Ende der Schlange als „out of India“ identifizieren konnte, bis hin zu original Ziegen- und Schafskäsespezialitäten hier aus den schroffen Bergen der judäischen Wüste.

Aus dem Provinzbrauerabend wurde ein regionales Ereignis einschließlich gutem israelischen Rock einer israelweit bekannten unbarmherzig ehrlichen und selbstkritischen Journalistenband, die kein Auge trocken ließ.

„Und jetzt alle Säkularen von Tkoa – sind noch welche übrig?!“, ruft der Sänger und in seinem Parallelleben als Kolumnenschreiber bekannte Dror Feuer. Er bekommt schallenden Jubel.
„Wie geht es euch hier? Sind die Religiösen lieb zu euch?“ Feuer lässt unter seinem Hawaiihemd ein altes Bnei-Akiwa-T-shirt hervorblitzen, das keusch von „platonischen Freundinnen“ (Jedidot) spricht. „Aha, und habt ihr hier auch Rassismus, Tkoa? Überall wo Menschen sind, muss doch auch Rassismus sein, oder nicht? Tkoa Aelph gegen Tkoa Beth und Gimel oder so?“, amüsiertes Gelächter, dass für die Band Beweis ist, dass all das stimmt.

Der Band werden Bierflaschen der Biermarke „APARTHEID – Biergeschmack, der dich einnimmt“ gereicht, und die können das nicht unkommentiert lassen. Lachkrämpfe.

Nein, hier nimmt sich niemand zu ernst, hier lachen Siedler über Siedler und Linke über Linke, Religiöse über Religiöse, Sfaradim über Sfaradim, Aschkenasim ueber Aschkenasim, Frauen über Frauen, Männer über Männer – und alle mit einem Glas selbstgebrauten, braunen Bier in der Hand und einem Lächeln im Gesicht.

Nein, kein protestantisches, erpresstes Lächeln, das irgendeinen Frust auf der anderen Seite in sich hineinfressen muss, sondern einfach mal ein Abend zum Gehenlassen, zum zu-Hause-lassen-der-Kinder, zum Vergessen der weiter anhaltenden Anschläge um uns herum, und der perfekte Raum für das so intensive Lebensgefühl der „Siedler“, welches so im Gegensatz steht zu all dem Hass und der Bosheit auf den Silhouetten der Bergspitzen im Hintergrund.

Ein wenig wie ein gewisses kleines gallisches Dorf, wo im Mondschein und beim Lagerfeuer ein paar unkoschere Sachen an Stangen gedreht werden, ein krächzender Saitenmusiker an einen Baum gebunden ist und man feiert und für einen Abend die römischen Legionen draußen vor den Mauern römische Legionen sein lässt. (…)

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