Die Filmwelt trauert um die amerikanisch-jüdische „Star Wars“- Ikone Carrie Fisher  

Januar 6, 2017 – 8 Tevet 5777
Prinzessin Leias letzte Schlacht

Von Jerome Lombard

2016 war kein gutes Jahr für Hollywood und alle Freunde des Kinos: Am 27. Dezember ist die Schauspielerin und Publizistin Carrie Fisher mit gerade einmal 60 Jahren an den Folgen eines Herzinfarkts gestorben. Nur einen Tag später, am 28. Dezember, starb auch Debbie Reynolds, Carries Mutter und schauspielerisches Vorbild. Reynolds starb im Alter von 84 Jahren ebenfalls an einem schweren Herzanfall. Die beiden Frauen wohnten in derselben Straße. Sie hatten nicht immer eine einfach Mutter-Tochter-Beziehung, doch standen sie sich zeitlebens sehr nahe. „Das letzte, was sie an diesem Morgen gesagt hat, war, dass sie sehr traurig über den Verlust von Carrie sei und dass sie gerne wieder bei ihr sein würde“, sagte Todd Fisher, Carries Bruder, der vor dem gemeinsamen Haus versammelten Presse am Todestag seiner Mutter. „Fünfzehn Minuten später erlitt sie eine Herzattacke“. Reynolds verstarb kurz nach ihrer Einlieferung in das Cedars Sinai-Krankenhaus in Beverly Hills. Carrie Fisher erlitt während eines Flugs von London nach Los Angeles einen Herzanfall und verstarb Berichten zufolge wenige Tage später. In Carrie Fishers Heimatstadt Beverly Hills wurde beider in einer gemeinsamen Gedenkzeremonie gedacht. Auf dem Walk of Fame in Los Angeles kamen trauernde Fans zusammen. An Reynolds im Gehwegpflaster eingelassenen Stern legten sie Blumen nieder. Und auch an dem von Fisher wurden Kerzen angezündet. Der war allerdings selbstgebastelt und aus Pappe. Einen offiziellen Stern am Hollywoodboulevard hatte Fisher bis jetzt noch nicht.

Mit 19 Jahren kam der Durchbruch
Mit Reynolds und Fisher verliert die Filmwelt zwei wahre Schauspiellegenden und das wohl berühmteste Mutter-Tochter-Duo. Reynolds begann ihre schauspielerische Karriere mit 16 Jahren, als sie den Gebrüdern Warner während eines Schönheitswettbewerbs aufgefallen war. Ihren ersten großen Leinwanderfolg hatte sie zusammen mit Gene Kelly in dem Musical „Singin‘ in the Rain“. 1964 wurde sie für ihre Rolle in dem TV-Musical „The Unsinkable Molly Brown“ für den Academy Award nominiert. Die Schauspielerei war Carrie Fisher damit bereits in die Wiege gelegt. Mit solch einem erfolgreichen Hollywoodstar als Mutter konnte Carrie Fisher gar nicht anders, als ebenfalls ein Filmsternchen zu werden.

So sollte es dann auch kommen. Ihre ersten schauspielerischen Schritte machte Carrie Fisher in der Fernsehserie „Shampoo“ an der Seite von Warren Beatty und Julie Christie. Weltberühmt wurde sie dann mit ihrer Rolle als furchtlose intergalaktische Sternenkriegerin Prinzessin Leia in George Lukas‘ Sciencefiction Saga „Star Wars“. Ab den späten 1970er Jahren schrieb sie zusammen mit den Blockbustern vom „Krieg der Sterne“ Filmgeschichte. Von dem einen auf den anderen Tag wurde Fisher bekannt und zur kulturellen Ikone einer ganzen Generation – mit gerade einmal 19 Jahren.

Und das war viel zu früh viel zu viel Ruhm und Rampenlicht, wie sie später in ihren autobiographischen Büchern erklärte. Mit ihrer Drogen-und Alkoholabhängigkeit sowie ihrer jahrelangen bipolaren Persönlichkeitsstörung ging Fisher offen um. Denn auch das war Carrie Fisher: Eine starke, selbstbewusste Frau, die als Schauspielerin seit jungen Jahren im Licht der Öffentlichkeit stand und dennoch ihre innersten Probleme und persönlichsten Sorgen offen thematisierte. Die literarische Verarbeitung dergleichen war für sie keineswegs ein Zeichen von eigener Schwäche. Ganz im Gegenteil: Fisher hat ihre Suchtmittelabhängigkeit und ihre Depressionen, die sie auf ihren frühen und unerwarteten Karrieredurchbruch im Teenageralter zurückführte, nie verschwiegen. In ihrem 2008 erschienen autobiographischen Essay „Wishful Drinking“ schreibt Fisher in der ihr eigenen humorvollen und bissigen Ausdrucksweise: „Ich habe daran gedacht, einen Bipolar Pride Day ins Leben zu rufen. Sie wissen schon, mit Festwagen und Paraden und all dem! Auf die Festwagen packen wir die Depressiven, dann müssen sie nicht mal ihre Betten verlassen – wir rollen ihre Betten einfach aus den Häusern, dann können sie einfach damit fortfahren, trübselig in die Gegend zu starren. Ich fühle mich sehr gesund damit, wie verrückt ich bin.“ Carrie Fisher hat nicht nur für mehr Ehrlichkeit und Menschlichkeit im Showbusiness plädiert, sondern wollte mit ihrem Beispiel auch anderen Menschen in ähnlichen Problemsituationen Mut machen, ihnen wieder Hoffnung geben.

Die jüdische Sternenkriegerin
Carrie Fisher wurde 1956 als Tochter von Debbie Reynolds und dem jüdischen Sänger und Schauspieler Eddie Fisher im kalifornischen Beverly Hills geboren. Ihre Großeltern väterlicherseits waren jüdische Einwanderer aus Russland. Zu ihrem Vater hatte Carrie jedoch nur wenig Kontakt. Er hatte die Familie früh verlassen und sich von Reynolds scheiden lassen, um eine zuvor heimliche Affäre mit Elizabeth Taylor öffentlich zu machen. Nur das Judentum hatte der Vater Carrie indirekt mit auf den Lebensweg gegeben. Obwohl Carrie von ihrer Mutter protestantisch erzogen wurde und sich später selber als Agnostikerin bezeichnete, hatte ihr Judentum stets eine Rolle in ihrem Leben gespielt. In einem 2008 veröffentlichten Interview mit dem Magazin „The Jewish News Weekly of Northern California“ erklärte sie, dass sie sich gut daran erinnere, dass sie als Kind mit ihrem Vater häufig die Synagoge besucht und religiöse Lieder gesungen habe. Dies habe einen großen Einfluss auf sie ausgeübt. Mit ihrer aus einer Liaison mit dem Sänger Paul Simon entstandenen Tochter besuchte sie in Los Angeles regelmäßig den Gottesdienst am Freitagabend und veranstaltete Schabbat-Dinner mit orthodoxen Freunden. „Es steckt so viel Liebe darin, die Kerzen am Schabbat anzuzünden und zu sagen, wofür man in dieser Woche besonders dankbar war. Ich finde das wunderschön“, sagte Fisher und fügte mit Blick auf ihre heute 24-jährige Tochter Billie hinzu: „Sie hat heute mehr Zugang zum Judentum als zu irgendeiner anderen Religion.“

Fishers Lebensgeschichte ist eine Geschichte von steilen Erfolgen in der Glamourwelt von Hollywood, aber auch von den Schattenseiten des schauspielerischen Ruhms. Ihr engagierter, leidenschaftlicher Kampf für mehr Bewusstsein gegenüber psychischen Krankheiten, wird anderen auch in Zukunft ein Beispiel geben können. In diesem Sinne hat sie das jüdische Prinzip von „Tikkun Olam“, verstanden als Aufruf, die Welt durch eigene Taten zu heilen und ein Stück besser zu machen, verkörpert.

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