Ein Auschwitz-Befreier trainiert noch mit 91 Jahren deutsche Fechter  

März 5, 2015 – 14 Adar 5775
Opfer zweier Diktaturen

Wie ist es Ihnen gelungen, nach so schweren Verwundungen wieder zum Sport zurückzukehren?

Ich war sehr schwach, musste meine Kräfte tropfenweise sammeln. Sehr vorsichtig habe ich mit dem Trainieren angefangen. Aber neben körperlichen Kriegswunden gab es noch eine, die bis heute schmerzt. 1938 wurde mein Vater, Alexander Dushman, unter falschen Beschuldigungen verhaftet. Er leitete den medizinischen Dienst der Zentralsporthochschule in Moskau. Er war einer der ersten Teilnehmer des Bürgerkrieges, der mit dem Rotbannerorden ausgezeichnet wurde. Ich vergötterte ihn und war sehr stolz auf ihn. Und dann die Verhaftung, Gerichtsprozess, Straflager in der Nähe von Workuta… Das ganze Leben unsere Familie geriet durcheinander. Alle haben uns gemieden, auch ehemalige Freunde meines Vaters. Die Nachbarn hatten Angst, uns zu grüßen. Nur die Familie meines Freundes Nikolaj Oserov (sein Vater war ein führender Solist beim Bolschoi-Theater) unterstützte uns.

Während des Kriegs haben die Kämpfe mich zeitweise von Vaters Schicksal abgelenkt. Aber nach dem Krieg konnte ich an nichts anderes mehr denken. Als ich 1946 aus der Armee entlassen wurde, fuhr ich gleich nach Workuta. Da arbeitete in einem Krankenhaus meine Mutter. Sie zog nach dem Krieg um, weil sie in der Nähe ihres Mannes sein wollte. Man hat uns einen Besuch gestattet. Als mein Vater mit dem Wächter kam, und ich statt meines Helden einen physisch und psychisch
zerbrochenen Mann sah, bin ich in Ohnmacht gefallen.

Das Gespräch führte Issai Spitzer

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