Die Hergabe des jüdischen Tempelbergs war ein unnötiges und nie gedanktes Geschenk  

Juni 2, 2016 – 25 Iyyar 5776
Mosche Dajans Großmut

Von Varda Epstein

Wir erhalten die Zeitung nur einmal pro Woche, am Freitag. Der Schabbat ist der einzige Tag, an dem wir echte Bücher und Zeitungen lesen müssen, anstatt die Nachrichten an unseren Computerbildschirmen zu verfolgen. Auf der anderen Seite ist nachrichtenlesen nicht gerade im Sinne des Schabbats und häufig habe ich das Gefühl, meinen Schabbatfrieden davor bewahren zu müssen. Ich möchte mir dieses wunderbar zeitentrückte Gefühl des Friedens nicht dadurch verderben, dass ich Artikel über Terror und Korruption, Verbrechen und Politik lese.

Hach.

Es ist so viel schöner in meiner Schabbat-Blase.

Da mein Mann aber nun einmal die Schekel für die Zeitung berappt, finde ich, dass ich sie auch lesen sollte. Neulich am Schabbat liege ich also gemütlich mit der Zeitung im Bett, als ich auf etwas stoße, das mein Blut zum Kochen bringt. Es geht um einen Aufhänger von Daniel Eisenbud über den Tempelberg.

Eisenbud erklärt, dass die Araber den Tempelberg benutzen, um zur Gewalt gegen Juden anzustiften. Die Araber, schreibt er, steigern sich in eine Wut über die „Judaisierung“ von Al-Aksa hinein, während Netanjahu sich ein Bein dafür ausreißt zu leugnen, dass diese Haltung mehr und mehr den Berg erobert.

So weit so gut. Bis hierhin stimmt noch alles.

Was mein Blut zum Kochen bringt ist, dass Eisenbud feststellt – so als wäre es eine Tatsache – dass Israel keine andere Wahl hatte, als den Tempelberg der jordanisch-muslimischen Waqf-Behörde am Ende des Sechstagekrieges zu überlassen, weil – so führt er aus – der Krieg sonst nie geendet hätte.
Außerdem, schreibt er, weiß Netanjahu, dass er den Status Quo erhalten, in anderen Worten, die Juden weiterhin vom Beten auf dem Tempelberg abhalten muss, um den Frieden zu bewahren.

NEIN, NEIN, NEIN.

Seine gesamte Prämisse ist falsch. Das ist weder, was 1967 geschah, noch werden wir Frieden erhalten, wenn wir den Status Quo beibehalten. Ich meine, arrgh. Sie erstechen uns und überfahren uns mit Autos, das ist kein Frieden.

Und bezüglich dessen, was 1967 passierte, ich meine, sei nicht albern! Wir haben den Arabern den Hintern versohlt. Wir waren die klaren Sieger. Der Krieg war eindeutig vorbei und wir haben gewonnen! Der Tempelberg war in unseren Händen. Bis MoscheDajan beschloss großmütig zu werden.

Er gab die heiligste Stätte der Juden dem Waqf! Niemand gab ihm das Recht dazu. Und als er es tat, ließ er uns wie einen Haufen Angsthasen aussehen. Angsthasen ohne Respekt für ihren Gott oder ihre Religion. Es brachte die Araber dazu, uns zu VERACHTEN. Und das ließ sie glauben, sie hätten die Oberhand und dass – würden sie weiterhin Gewalt gegen uns anwenden – sie mehr Land, mehr Dinge, mehr heilige jüdische Stätten für das Khilafa, das muslimische Kalifat erhielten.

Es war sehr nervenaufreibend, so etwas am Schabbat zu lesen, nicht nur, weil es falsch war und der Typ nicht neben mir stand, sodass ich ihn hätte anschreien können, sondern weil ich wusste, dass eine ganze Menge Leute diesen Artikel lesen würden und – noch schlimmer – glauben würden, er wäre wahr.

Ich wusste auf der Stelle, dass ich einen Brief an den Herausgeber schreiben musste. Was ich auch tat, sobald der Schabbat vorbei war. Auch wenn gerade eine Menge los war, weil ich das Haus nach Pesach wieder in den Normalzustand bringen musste.

Heute, an einem Mittwoch, wurde mein Brief abgedruckt. Das ist schon mal ein Schlag. Weil die Freitags-Ausgabe am meisten gelesen wird und ich wollte, dass das, was ich geschrieben habe, die größte Aufmerksamkeit erhält. Ich wollte, dass dieselben Leute, die die letzte Freitagausgabe und Eisenbuds Aufhänger gelesen haben, meine Antwort sehen würden. Ich hatte gehofft, mein Brief würde in die Freitagausgabe kommen.

Da dies nicht passiert ist, habe ich beschlossen, meinen Brief hier zu veröffentlichen. Ich finde, die Leute müssen die wahren Fakten dessen kennen, was 1967 passierte und was wir HEUTE für einen Fehler machen hinsichtlich des Tempelbergs.

Hier kommt mein Brief:

Frieden in unserer Zeit
Daniel K. Eisenbud („Der Tempelberg: Die verdrehte Trumpfkarte des radikalen Islams in seinem heiligen Krieg gegen Israel“ vom 28. April) postuliert eine falsche Schlussfolgerung: Dass wenn Israel nicht die heiligste Stätte des Judentums dem jordanischen Waqf zurückgegeben hätte, „der Krieg nie geendet hätte, und unzählige weitere muslimische Soldaten versucht hätten, das Volk Israels auszulöschen.“ Weiter schreibt Eisenbud, diese Logik „erweist sich immer noch als wahr.“
In Wahrheit haben wir Jordanien vernichtend geschlagen und es gab überhaupt keinen Grund, ihnen irgendetwas zu geben.
Wir demütigten sie mit diesem Sieg und sie waren vollkommen eingeschüchtert. Mosche Dajan zeigte diese „Geste des Friedens“, um zu beweisen, wie großzügig er doch ist.
Dajans Geste bewies seine Unwissenheit darüber, was der Tempelberg dem jüdischen Volk bedeutet. Er war hinsichtlich des Judentums nicht sachkundig. Er fehlinterpretierte das Verbot vieler Rabbis, den Berg zu besteigen, als Indiz dafür, der Platz hätte eher eine historische, denn eine religiöse Bedeutung. Er wusste nicht, dass ein Ort so heilig sein kann, dass manche es nicht einmal wagen würden, ihn zu betreten.
Weit verbreitet ist auch die Ansicht, dass Dajan fand, er könne ruhig großzügig sein, vor allem da die Moslems eine intakte Moschee auf der Stätte stehen hatten. Es war ein riesiger Fehler, eine Katastrophe. Damals und heute.
In Wahrheit bestärkte Dajan die Araber und ließ uns vor ihnen als schwach und nichtswürdig erscheinen. Sie betrachten sich selbst als die Gewinner und Besitzer der Beute. Sie sehen den Islam als regierendes Oberhaupt von Jerusalem.
Sie respektieren nur eine Demonstration von Stärke. Indem er ihnen den Berg überließ, hat Dajan – und im weiteren Sinne ganz Israel – sich schwach gezeigt, als eine Lachnummer.
Der Weg zu zeigen, wer hier der Boss ist, heißt, laut und klar zu sagen: Dies gehört uns und wir werden beten und tun, was uns gefällt auf dem Tempelberg, unserem Heiligtum, einschließlich des Rechtes, ihn nicht zu betreten oder nicht dort zu beten, wenn uns der Sinn danach steht. 
Die Lektion besteht darin, dass nur wenn wir uns durchsetzen, in unserer Zeit dort Frieden einkehren kann.

Übersetzung von Ulrike Stockmann / zuerst erschienen auf israellycool.com

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