Schicksalsgeschichte im Comicformat  

April 7, 2016 – 28 Adar II 5776
Magneto – ein jüdischer Superheld

Von Monty Aviel Ott

(…) Dieses „nie wieder“ bezeichnet allerdings nicht das deutsche pazifistische „nie wieder Krieg“, sondern den Kategorischen Imperativ der Frankfurter Schule, den Leitsatz des Staates Israel und das 614. Gebot des Rabbiners Emil Fackenheim „Nie wieder Auschwitz“. Prof. X und Magneto kennen sich bereits seit langer Zeit und lernten ihre Kräfte als Freunde kennen, in einer Zeit, in der es äußerst schlecht um Magneto bestellt war. Dieser hatte die Hölle auf Erden durchlebt: Auschwitz.

In der persönlichen Erfahrung der kontinuierlichen Diskriminierung, sukzessive zunehmenden Entrechtung und anschließenden systematischen Ermordung der europäischen Juden bildete sich Magnetos Weltsicht. Damals hieß er noch Max Eisenhardt und war ein deutscher Jude. Während seine ganze Familie in dem Vernichtungslager ermordet wurde, konnte Max als „Magnus“ mit einem Sinti-Mädchen namens Magda in ein osteuropäisches Dorf fliehen. Und auch hier wird ein Strang aus der Realität aufgenommen. Denn in diversen osteuropäischen Dörfern kam es nach dem Krieg zu Pogromen gegen die aus den Lagern zurückkehrenden Juden. Als Max und Magda in dem Dorf die Tochter Anya bekamen, zeigten sich auch bei ihr Magnetkräfte. Die Dorfbewohner bemerkten es und lynchten das Kind, ehe sie versuchten auch Eisenhardt zu ermorden.

In der Bedrohung blieb ihm nichts übrig als das halbe Dorf zu zerstören. Dies ängstigte Magda allerdings so sehr, dass sie ihn verließ. Die letzte Zuflucht hieß vorerst Israel. Der neugegründete Judenstaat war Eisenhardts Zuflucht, der nun mit der Tarnidentität als sinto-polnischer Flüchtling „Erik Lehnsherr“ lebte. Hier traf er dann auf Prof. X und die beiden wurden beste Freunde. Ihre Freundschaft zerbrach an ihrer unterschiedlichen Perspektive auf die Menschheit: während Xaver an eine Form friedlicher Koexistenz zwischen Menschen und Mutanten glaubte, verabscheute das Schoahopfer Eisenhardt die Menschheit als „Barbarenrasse“.

Magnetos Verfolgungserfahrung begründet einen Rassismus, der sich in einem Überlegenheitsgedanken der mutierten „Homo Superior“ gegenüber der Menschheit als minderwertige „Homo Sapiens“ äußert. Zwar bekämpft Magneto auf der einen Seite X-Men und die Avengers (ebenfalls ein Superheldenteam), doch sobald Superschurken mit Nazi-Ideologie auf den Plan treten, verbündet er sich mit den Helden gegen den gemeinsamen Gegner. Magneto unterscheidet sich nicht nur wegen seines Pragmatismus von anderen Superschurken, sondern auch dadurch, dass er nie aus niederen Motiven handelt. Sein Haupantrieb bleiben die Alpträume aus Auschwitz, die ihn sein Leben lang verfolgen.

Er wird oft als ein verbitterter einsamer Mann dargestellt, den nicht nur das Hier und Jetzt enttäuscht, sondern auch seine Vergangenheit immer wieder einholt. Sein Lebensmut keimt nur noch dadurch auf, dass er Selbstjustiz und blutige Rache an den Häschern der Mutanten (Militärs, Wissenschaftler und Terroristen) übt. Der Comicautor Chris Claremont war in den frühen 1980ern hauptsächlich für die Storyline verantwortlich, in welcher Magneto zum Schoahüberlebenden Max Eisenhardt wird.

Claremont erklärte: „Dies erlaubte es mir, ihn zu einer tragischen Figur umzuwandeln, der sein Volk retten wollte. Ich hatte etwa 200 Comics Zeit, um zu untersuchen, ob er sich rehabilitieren konnte wie Menachem Begin, der von den Briten 1945 als Terrorist gejagt wurde und 1978 den Nobelpreis gewann.“ Stan Lee, selber Jude, hatte seine eigene Interpretation von Magneto: „Ich habe Magneto nie für einen Schurken gehalten. Er wollte nur die Heuchler und Rassisten angreifen, sein eigenes Volk beschützen, und sich an der Gesellschaft rächen, die ihn verraten hatte. Magneto war natürlich eine Gefahr, aber ich hielt ihn nie für einen Schurken.“ (…)

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