Charlotte Krüger erzählt die Geschichte ihres Großvaters, der für die Nazis die größte Geldfälscheraktion durchführte  

Juli 3, 2015 – 16 Tammuz 5775
Kein Schindler, eher ein Schwindler

Von L. Joseph Heid

Am 6. September 1939 skizzierte Propagandaminister Joseph Goebbels in seinem Tagebuch einen „grotesken Plan“: Ziel des Plans war es, die Wirtschaft des Kriegsgegners England durch eine Schwemme von Falschgeld in den Ruin zu treiben. Das war ein verwegener Versuch, den Krieg gegen England gewinnen zu können, Hitlers Blütenkrieg gegen England. Es sollten Blüten, Pfund-Noten, über Großbritannien abgeworfen sowie durch jüdische Falschgeldkuriere in Umlauf gebracht werden, um die britische Währung zu schwächen, um zugleich einen Konsumrausch und dann eine Währungskrise auszulösen. Doch Goebbels kamen sogleich Bedenken: „Aber wenn die Engländer uns gegenüber dasselbe täten!“, gab er zu Papier, um dennoch das Vorhaben weiterverfolgen zu lassen. Des hinkenden Doktors Sorgen erwiesen sich als unbegründet, wenngleich in Großbritannien ein ähnlicher Angriff diskutiert, dann aber verworfen worden war – statt Blüten warfen die Briten Bomben über deutschen Städte ab.

Es sollte die größte Geldfälschungsaktion der Geschichte werden und Bernhard Krüger war ihr Manager. Insgesamt wurden gefälschte englische Pfundnoten mit Nennwert in Höhe von 132 Millionen Pfund gedruckt, um die Volkswirtschaften der Alliierten zu destabilisieren. Das entsprach 15 Prozent des britischen Bargeldumlaufs. Einen Höhepunkt erreichte die Produktion im Sommer 1943 mit monatlich etwa 650.000 Banknoten.
Die Geschichte des „Unternehmen Bernhard“ erzählt der österreichisch-deutschen Spielfilms „Die Fälscher“, den über eine Million Menschen weltweit gesehen haben und der 2008 einen Oscar gewonnen hat.
Zeit seines Lebens ist Krüger stolz auf diese Aufgabe gewesen und beinahe wäre das Unternehmen auch gelungen. Die deutsche Luftwaffe hatte jedoch nicht genügend Flugzeuge, um den Währungsangriff auszuführen. Die Pfundnoten zirkulierten trotzdem in vielen Ländern Europas, denn die Nazis entlohnten damit ihre Geheimagenten im Ausland, die in ihrem Doppelspiel zu betrogenen Betrügern wurden, und bezahlten Rohstoffe in neutralen Ländern. Ironischerweise finanzierten außerdem 1945 Mitglieder des jüdischen Widerstands damit Flüchtlingstransporte nach Palästina und kauften Waffen für die jüdische Untergrundarmee. Die gefälschten Banknoten konnte nicht einmal die Bank of England von echten unterscheiden. Wer heute eine falsche Note aus der damaligen Produktion als echt verkauft, macht ein gutes Geschäft. Damals wie heute. (…)

Charlotte Krüger:

Mein Großvater,der Fälscher. Eine Spurensuche in der NS-Zeit
Deutsche Verlagsanstalt,München 2015,
352 Seiten
19,99 €

Komplett zu lesen in der Druck- oder Onlineausgabe der Zeitung. Sie können die Zeitung „Jüdische Rundschau“ hier für 39 Euro im Papierform abonnieren oder hier ein Onlinezugang zu den 12 Ausgaben für 33 Euro kaufen.


Sie können auch diesen Artikel komplett lesen, wenn Sie die aktuelle Ausgabe der "Jüdischen Rundschau" jetzt online für 3 Euro statt 3,70 Euro am Kiosk kaufen.

Brief an die Redaktion schreiben

Soziale Netzwerke