Oktober 5, 2015 – 22 Tishri 5776
Jitzak Schamir zum 100. Geburtstag

Von Kevin Zdiara

In der langen Liste israelischer Regierungschefs ist wohl niemand so umstritten wie der siebte Premierminister des jüdischen Staates, Jitzak Schamir. In den Augen der Weltöffentlichkeit gilt er als ehemaliger Terrorist, kompromissloser Falke und ideenloser Regierungslenker. Doch mit fast sieben Jahren an der Regierungsspitze Israels, zählt er nach David Ben-Gurion und Benjamin Netanjahu zu den Premierministern mit der längsten Amtszeit. Es war wohl vor allem eine Eigenschaft, die ihn in den Augen der Israelis zu einem vertrauenswürdigen Politiker gemacht hat: Seine unbedingte Loyalität gegenüber dem jüdischen Volk und Israel.

Schamir kam am 22. Oktober 1915 als Jitzak Jasernietzki im weißrussischen Ruschany zur Welt. Seine Jugend war geprägt vom Leben im Schtetl, aber durch den Einfluss seines zionistischen Vaters Schlomo begeisterte er sich bereits früh für die Idee eines jüdischen Staates in ganz Palästina und wurde Mitglied der revisionistisch-zionistischen Jugendorganisation Beitar. Als Zwanzigjähriger erfüllte er sich seinen Traum und wanderte nach Palästina aus. Diese Entscheidung rettet ihm das Leben. Seine Mutter und zwei Schwestern wurden im Holocaust ermordet. Sein Vater Schlomo Jasernietzki gelang zwar die Flucht aus demTodeszug, er wurde später jedoch von polnischen Freunden in seinem Heimatdorf, bei denen er Schutz gesucht hatte, kaltblütig ermordet. Diese Erfahrung verstärkte in Schamir das Gefühl, dass Juden sich niemals ausschließlich auf nicht-jüdische Freunde verlassen sollten.

Im britischen Mandatsgebiet arbeitete Schamir tagsüber als Buchhalter und abends als jüdischer Unabhängigkeitskämpfer. Er wurde Mitglied der revisionistischen Irgun Zvei Leumi („Nationale Militärorganisation“), die für einen jüdischen Staat westlich und östlich des Jordans eintrat und dieses Ziel mit militärischen Mitteln durchsetzen wollte. Doch nachdem die Irgun ab Ende 1940 ihre Angriffe gegen die britische Mandatsmacht wegen des Zweiten Weltkriegs eingestellt hatte, spalteten sich einige Dissidenten um Avraham Stern ab, zu der auch Schamir gehörte. Daraus gingen die Lechi („Freiheitskämpfer für Israel“) hervor, die den Befreiungskampf als revolutionäre Tat feierten und zu keinen Kompromissen mit der britischen Mandatsmacht bereit waren. (...)

Soziale Netzwerke