Nach 2001 hat Israel eine große Zahl von Südlibanesen eingebürgert  

Mai 5, 2017 – 9 Iyyar 5777
Israel als Rettung für südlibanesische Christen

Von Oliver Vrankovic

Jonathan Elkhoury ist ein griechisch-orthodoxer Christ und Sprecher des Christlichen Rekrutierungsforums. Geboren und aufgewachsen ist der heute 24-Jährige in Marjeyoun, einem christlichen Dorf im Süden des Libanon.

Jonathans Vater war Befehlshaber in der Südlibanesischen Armee, einer christlichen Miliz im Libanesischen Bürgerkrieg, deren Hauptfeinde die PLO und die schiitische Amal-Miliz waren. Im Zuge der Militäroperation Litani der israelischen Armee gegen die PLO formierte sich 1978 ein Bündnis zwischen Israel und der Südlibanesischen Armee. Nach dem Libanonkrieg 1982 kontrollierte die SLA mit israelischer Unterstützung bis 2000 den Südlibanon. Zu ihrem erbitterten Feind wurde die immer stärker werdende Hisbollah und als Israel 2000 unter Ehud Barak den Abzug aus dem Libanon beschloss, schwor Hassan Nasrallah alle Kollaborateure ausfindig zu machen und zu bestrafen.

Trotzdem befahl der israelische Premier Barak einige Wochen später den Abzug ohne sich mit der Südlibanesischen Armee abzusprechen. Deren Angehörige, so erzählt Jonathan, seien völlig überrascht gewesen. Befehlshaber der SLA, die der Hisbollah in die Hände fielen, wurden verschleppt oder von Häuserdächern geworfen. Jonathans Vater und viele andere führende Milizionäre flohen nach Israel, um ihr Leben zu retten. Jonathans Mutter entschloss sich mit ihren Söhnen im Libanon zu bleiben, was sich als verhängnisvoll erweisen sollte. Die Hisbollah übernahm die Kontrolle über ihr Dorf, hielt eine Militärparade ab und begann mit Razzien auf der Suche nach Soldaten der SLA. Jonathan floh mit seiner Mutter und seinem Bruder ein Jahr später über Zypern nach Israel. Die zur Ausreise aus dem Libanon notwendigen Papiere für den vorgeblichen Urlaub in Kalifornien via Zypern besorgte Jonathans Großvater, der als Sorgeberechtigter der Kinder galt. Für die Papiere musste er Jonathans Vater bei den misstrauischen Behörden als Schläger verleumden.

Unter Ariel Scharon, der Ehud Barak 2001 als Premierminister ablöste, erlangten die Angehörigen der Südlibanesischen Armee und ihre Familien die israelische Staatsbürgerschaft. Jonathan verbrachte die ersten Monate in Israel in einem Auffanglager in Naharia, wo er mit anderen Kindern aus Familien der SLA unterrichtet wurde. Dann zog seine Familie nach Haifa und weil sich arabische Schulen weigerten ihn aufzunehmen, ging er auf eine staatliche hebräische Schule. Nachdem er die Schule beendet hatte, leistete Jonathan freiwillig Nationaldienst (Ersatzdienst) im staatlichen Rambam-Krankenhaus in Haifa. Danach begann er Politikwissenschaft und Kommunikation zu studieren. Da sich seine Eltern mit der Sprache und der Bürokratie im Land sehr schwergetan hätten, habe er schon in jungen Jahren sehr viel Verantwortung übernehmen müssen, erklärt Jonathan. Nach seiner Identität gefragt antwortet Jonathan: Griechisch-orthodoxer Christ und patriotischer Israeli libanesischer Abstammung und Familienangehöriger der Südlibanesischen Armee.

Wer ihn als Araber bezeichnet, wird von ihm entschieden darauf hingewiesen, dass seine christlichen Wurzeln im Libanon bis weit vor die arabische Eroberung zurückreichen. Er erklärt nicht ohne Stolz, dass sein Familienname Elkhoury „Priester“ bedeute und seine Familie in der 14. Generation von griechisch-orthodoxen Priestern abstamme. Er habe nichts gegen Araber, versichert Jonathan, aber er sei eben keiner. Auf der anderen Seite haben viele israelische Araber ein Problem mit Jonathan, den sie als Familienangehörigen der Südlibanesischen Armee für einen Verräter halten. Seine Ambition am College zum Vorsitzenden des Studentenausschuss gewählt zu werden scheiterte daher am Widerstand der arabischen Studenten.

Jonathan bezeichnet sich als israelischen Patrioten und wenn man so wolle, dürfe man ihn als Zionisten bezeichnen, sagt er. Israel sei eine Demokratie und ein Rechtsstaat, der alle seine Bürger gleich behandle, erklärt Jonathan und betont darüber hinaus, dass er sich von der israelischen Mehrheitsgesellschaft immer sehr warm aufgenommen fühlte. In Nahariya hätten die jüdischen Bewohner der Stadt den Kindern freiwillig Hebräisch beigebracht und sie auf Ausflüge mitgenommen.

Da er sehr offen mit seiner Geschichte und seiner Einstellung umging, wurde Jonathan als Repräsentant der Familienangehörigen der Südlibanesischen Armee zum gefragten Gesprächspartner. Obwohl seine Muttersprache Arabisch ist, weiß Jonathan sich sowohl auf Hebräisch als auch auf Englisch eloquent auszudrücken.

Kritik an Ehud Barak
Jonathan betont immer wieder, dass er nicht in politischen Lagern denke. Die Anliegen der Familien der SLA auf Vorträgen und in den Medien zu vertreten, stehe über Parteipolitik. Wenn die Sprache indes auf Ehud Barak kommt, der sich z. Zt. als Regierungskritiker inszeniert, um sein politisches Comeback vorzubereiten, ringt Jonathan mit der Fassung:
Jonathan erreichte unlängst große Medienaufmerksamkeit, als er sich mit einem kurzen Video an Ehud Barak wandte, um ihn an sein Versagen zu erinnern den israelischen Rückzug aus dem Südlibanon mit der SLA abzustimmen und an sein Zögern die Tore nach Israel für die SLA-Leute zu öffnen. Barak, so Jonathan in seinem Video, das viele tausend Male geteilt wurde, sei der Letzte, der sich als moralische Instanz aufspielen dürfe.

Wie viele libanesische Israelis in den Libanon zurückkehren würden, wenn sie eine glaubhafte Amnestie bekämen, weiß Jonathan nicht. Jeder habe da seine persönlichen Erwägungen und für ihn selber wäre es kein Thema. Jonathan bezeichnet Israel als seine Heimat. Und weil Israel seine Heimat sei, singe er die Hymne und stehe zur Fahne des jüdischen Staates. Die Fahne mit dem Davidstern stehe für ihn für Demokratie, Liberalität und Rechtsstaatlichkeit. Als Christ fühle er sich in Israel in keiner Weise eingeschränkt, sagt Jonathan. Er führt als Beispiel für die Freiheit der Christen die Kirchenglocken an, die zu jedem Gebet in der Kirche geläutet werden. In Israel, so sagt er, könne er sein Kreuz sorglos offen tragen. Israel, so betont Jonathan, sei das einzige Land im Nahen Osten, dessen christliche Bevölkerung wachse.

Als wir uns im Fattoush-Restaurant in Haifa unterhalten, erzählt Jonathan, wie er vor einigen Jahren vom „Christlichen Rekrutierungsforum“ hörte und sich auf den Weg zu Gabriel Naddaf machte. Das Christliche Rekrutierungsforum wurde im Oktober 2012 gegründet, um mit der Lüge der arabisch-christlichen Identität zu brechen. Gabriel Naddaf wurde zum spirituellen Oberhaupt und rief die israelischen Christen im Dezember 2012 in einer weit beachteten Rede dazu auf mit der arabischen Identitätslüge zu brechen, ihr jüdisches Erbe anzunehmen und dem Staat Israel zu dienen.

Er habe sich immer gefragt, warum sich die Christen in Israel als Teil der arabischen Minderheit sehen würden, erklärt Jonathan. Er habe deren Assoziierung mit den Arabern und deren Widerstand gegen Israel nie nachvollziehen können. Es gebe für Christen keinen Grund die „palästinensische“ Sache zu unterstützen, sagt Jonathan. Die ganze Idee mit den „Palästinensern“, die in den 60er Jahren aufkam, sei eine muslimische Idee gewesen. Um einen Masseneffekt zu erreichen, sei den Christen die „palästinensische“ Identitätskonstruktion mit aufgezwungen worden. 2014 war Jonathan Mitinitiator von Demonstrationen gegen Hamas und IS in Haifa. (…)

Komplett zu lesen in der Druck- oder Onlineausgabe der Zeitung. Sie können die Zeitung „Jüdische Rundschau“ hier für 39 Euro im Papierform abonnieren oder hier ein Onlinezugang zu den 12 Ausgaben für 33 Euro kaufen.


Sie können auch diesen Artikel komplett lesen, wenn Sie die aktuelle Ausgabe der "Jüdischen Rundschau" hier online mit der Lieferung direkt an Sie per Post bestellen oder jetzt online für 3 Euro statt 3,70 Euro am Kiosk kaufen.

Brief an die Redaktion schreiben

Soziale Netzwerke